Hormonelle Verhütung im Langzyklus

Ist eine „Pillen“-Pause doch sinnvoll?

Stuttgart - 05.10.2021, 07:00 Uhr

Tatsächlich kann die Langzyklusanwendung der konventionellen Einnahme (mit hormonfreier Pause) sogar überlegen sein, wenn man an menstruellen Beschwerden wie Dysmenorrhoe oder Migräne denkt. (c / Foto: mraoraor / AdobeStock)

Tatsächlich kann die Langzyklusanwendung der konventionellen Einnahme (mit hormonfreier Pause) sogar überlegen sein, wenn man an menstruellen Beschwerden wie Dysmenorrhoe oder Migräne denkt. (c / Foto: mraoraor / AdobeStock)


Neu ist die Idee zwar nicht, orale hormonale kombinierte Kontrazeptiva (hin und wieder) ohne hormonfreies Intervall einzunehmen, die Pillen-Einnahme also nicht zu unterbrechen. Öffentlich diskutiert und erstmals auch in Leitlinien erwähnt wird dieses Einnahme-Regime jedoch erst seit wenigen Jahren. Während es bislang keine Anhaltspunkte dafür gab, dass dieser sogenannte Langzyklus Nachteile mit sich bringen könnte, enthält nun zumindest eines der für den Langzyklus zugelassenen Präparate einen Hinweis, dass sein Risiko für venöse Thromboembolien leicht erhöht sein kann, obwohl als Gestagen-Komponente Levonorgestrel enthalten ist. 

Am vergangenen Donnerstag machte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) „firmenunabhängig“ erneut mit einem Rote-Hand-Brief darauf aufmerksam, dass kombinierte hormonale Kontrazeptiva (KHK) mit den Gestagenen Levonorgestrel, Norethisteron oder Norgestimat das geringste Risiko für venöse Thromboembolien (VTE) besitzen. Folglich sollen möglichst KHK mit dem niedrigsten VTE-Risiko verordnet werden. (Zur Unterstützung wird erneut auf genehmigtes Schulungsmaterial für Patientinnen sowie eine Checkliste für die Verschreibung von KHK für Ärzte aufmerksam gemacht.) 

Neu ist die Botschaft also nicht, die DAZ berichtete zuletzt im Juli darüber. Damals gab es erstmals auch für die Gestagen-Komponenten Chlormadinon und Nomegestrol Daten zum VTE-Risiko, die allerdings noch zu bestätigen sind. Das geht auch aus der aktualisierten Übersichtstabelle zum VTE-Risiko im aktuellen Rote-Hand-Brief hervor. Vergleicht man diese Tabelle allerdings mit der im Dezember 2018 veröffentlichten Tabelle, fällt eine andere Neuerung ins Auge.

2018 war eine Metaanalyse, die für Pillen mit der Gestagen-Komponente Dienogest im Vergleich zu den levonorgestrelhaltigen Kombinationen ein erhöhtes Risiko zeigte, Anlass für einen Rote-Hand-Brief mit entsprechender Tabelle gewesen. Jetzt sind – auch wenn diese nicht der Grund für die neue Rote Hand sind – in der Tabelle erstmals Daten zu Levonorgestrel im Langzyklus enthalten. Konkret wird der Markenname „Seasonique“ genannt. 

Demnach deuten neuere Daten darauf hin, dass das VTE-Risiko für Seasonique® im Vergleich zu levonorgestrelhaltigen KHK, die in einem konventionellen 28-Tage-Zyklus angewendet werden, 1,4-fach höher sein kann (HR 1,40; 95 % KI 0,90 – 2,19). Zudem könnte das VTE-Risiko bei Frauen, die Seasonique® als erste orale Empfängnisverhütung verwenden, weiter erhöht sein, heißt es. Dazu wird auch auf die Fachinformation verwiesen (Stand 03/2021). Dort steht zusätzlich bei den Warnhinweisen unter Abschnitt 4.4.:

„Die Entscheidung, Seasonique® anzuwenden sollte nur nach einem Gespräch mit der Frau getroffen werden, bei dem sicherzustellen ist, dass sie Folgendes versteht: das Risiko für eine VTE bei Anwendung von Seasonique®, wie ihre vorliegenden individuellen Risikofaktoren dieses Risiko beeinflussen, und dass ihr Risiko für VTE in ihrem allerersten Anwendungsjahr am höchsten ist. Es gibt zudem Hinweise, dass das Risiko erhöht ist, wenn die Anwendung eines KHK nach einer Unterbrechung von 4 oder mehr Wochen wieder aufgenommen wird.“

Ist eine Pillen-Pause zumindest hinsichtlich des VTE-Risikos also doch sinnvoll?



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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