Nahrungsergänzungsmittel und Lebensmittel

Rückrufe wegen Ethylenoxid – was steckt dahinter?

Stuttgart - 15.10.2021, 12:15 Uhr

Gerade neu auf dem Markt, muss Weleda seine Bio-Nahrungsergänzungsmittel „Naturweisheit“ wieder zurückrufen. Allerdings handelt es sich dabei um ein Problem, das die gesamte Lebensmittelindustrie betrifft. (x / Foto: Weleda)

Gerade neu auf dem Markt, muss Weleda seine Bio-Nahrungsergänzungsmittel „Naturweisheit“ wieder zurückrufen. Allerdings handelt es sich dabei um ein Problem, das die gesamte Lebensmittelindustrie betrifft. (x / Foto: Weleda)


Immer mehr Lebensmittel mit Ethylenoxid belastet

Wie die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen im September meldete, sind derzeit immer mehr Lebensmittel mit Ethylenoxid belastet. Dabei geht es vor allem um Sesam und Zusatzstoffe wie Johannisbrotkernmehl (E410). Es sei nicht abzusehen, welche Produktgruppen künftig noch betroffen sein könnten, hieß es. Auch Instant-Asianudeln sollen von der Verunreinigung schon betroffen gewesen sein. Bereits seit Herbst 2020 sollen entsprechende Warnmeldungen für Lebensmittel nicht abreißen. Weiter erklärt die Verbraucherzentrale:


Inzwischen gibt es an die 700 Meldungen im europäischen Schnellwarnsystem (RASFF). Dabei beschränken sich die Meldungen nicht mehr nur auf Sesam und sesamhaltige Lebensmittel. Mittlerweile machen Zusatzstoffe, wie Johannisbrotkernmehl (E 410) oder Guarkernmehl (E412), die für die Herstellung von Speiseeis, Fertigmahlzeiten, Milchgetränke, Marmeladen und Joghurts verwendet werden, einen Großteil der Meldungen aus. Auch Nahrungsergänzungsmittel, Gewürzpulver und Pflanzenextrakte (z.B. Moringa) sind betroffen. In bio-zertifizierten Produkten ließen sich ebenfalls Rückstände des Pestizids nachweisen."

Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, 7. September 2021


Seit 22. September beklagt die Verbraucher-Organisation Foodwatch eine „hohe Dunkelziffer bei Ethylenoxid in Lebensmitteln“. Während in anderen Ländern zum Teil Hunderte Eis-Produkte zurückgerufen wurden, erfolge in Deutschland nur in einer Handvoll Fälle ein öffentlicher Rückruf, heißt es dort. 

Tagesschau.de“ berichtete im August, dass es schwierig sei, das Risiko einzuordnen. So hieß es dort: „In der EU dürfen keine Lebensmittel verkauft werden, die mehr als 50 Mikrogramm Ethylenoxid enthalten. In den USA liegt der Grenzwert bei 7000 Mikrogramm. Laut dem Bundesamt für Risikobewertung (BfR) ist die Datenlage zur Wirkung des Stoffes ‚widersprüchlich und teilweise unvollständig‘.“

Das BfR schrieb allerdings in seiner gesundheitlichen Bewertung von Ethylenoxid-Rückständen in Sesamsamen im September 2021 auch: „Ethylenoxid ist erbgutverändernd und krebserzeugend. Einen Richtwert ohne Gesundheitsrisiko gibt es somit nicht, und Rückstände des Stoffes in Lebensmitteln sind grundsätzlich unerwünscht.“ Auch für das vorwiegend gefundene Abbauprodukt 2-Chlorethanol gebe es Hinweise aus Tierstudien auf eine erbgutverändernde Wirkung, heißt es. 

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Es ist also nachvollziehbar, wenn Nahrungsergänzungsmittelhersteller derzeit (vorsorglich) ihre Produkte zurückrufen. 



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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