Vektorimpfstoff von Janssen

RSV-Impfung für Erwachsene zeigt guten Schutz

Stuttgart - 28.10.2021, 07:00 Uhr

Janssens RSV-Impfstoffkandidat schützte in einer Phase-2b-Studie ab 65-Jährige verglichen mit Placebo bis zu 80 Prozent vor einer RSV-Erkankung. (Foto: IMAGO / Science Photo Library)

Janssens RSV-Impfstoffkandidat schützte in einer Phase-2b-Studie ab 65-Jährige verglichen mit Placebo bis zu 80 Prozent vor einer RSV-Erkankung. (Foto: IMAGO / Science Photo Library)


Bis zu 80 Prozent Schutz vor Atemwegserkrankungen durch Respiratorische Synzytialviren soll die RSV-Impfung von Janssen bieten. Nun soll eine Phase-3-Studie den RSV-Schutz bei ab 60-Jährigen belegen. Für den RSV-Vektorimpfstoff nutzt Janssen die gleiche Vektorplattform wie für seinen COVID-19-Impfstoff. Auf welches Antigen setzt Janssen? Die Impfung wäre die erste aktive gegen RSV, derzeit gibt es mit Palivizumab nur eine passive Impfung.

Die RSV-Welle begann in diesem Jahr früh, bereits in der 35. Kalenderwoche. Definitionsgemäß spricht man dann von einer RSV-Welle, wenn das untere Konfidenzintervall der RSV-Positivrate bei Kindern bis vier Jahren zwei Wochen in Folge über 5 Prozent liegt. Rückwirkend beginnt dann mit der ersten der beiden Wochen die RSV-Welle. Schätzungsweise erkranken in einem typischen Jahr weltweit mehr als 64 Millionen Menschen an RSV.

Nur passive Impfung mit Palivizumab

Was kann man gegen Respiratorische Synzytialviren (RSV) tun? Antivirale Arzneimittel zur Behandlung gibt es nicht. In der Prävention steht neben Hygienemaßnahmen lediglich eine passive Impfung mit Palivizumab zur Verfügung. Synaris® 50 mg/0,5 ml oder Synaris® 100 mg/1 ml ist laut der Fachinformation „indiziert zur Prävention der durch das Respiratory-Syncytial-Virus (RSV) hervorgerufenen schweren Erkrankungen der unteren Atemwege, die Krankenhausaufenthalte erforderlich machen, bei Kindern mit hohem Risiko für RSV-Erkrankungen“. Dazu zählen Kinder, die in der 35. Schwangerschaftswoche oder früher geboren wurden und zu Beginn der RSV-Saison jünger als 6 Monate sind sowie Kinder unter zwei Jahren, die innerhalb der letzten sechs Monate wegen bronchopulmonaler Dysplasie behandelt wurden oder die mit hämodynamisch signifikanten Herzfehlern geboren wurden.

Janssen forscht an aktiver Impfung

Eine aktive Immunisierung gegen RSV ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht zugelassen. Doch könnte sich das möglicherweise in naher Zukunft ändern. Janssen, ein Tochterunternehmen von Johnson & Johnson, forscht an einem RSV-Impfstoff für Erwachsene und hat Anfang Oktober Phase-2b-Daten (CYPRESS) auf der virtuellen Konferenz IDWeek 2021 veröffentlicht. An CYPRESS (randomisiert, doppelblind, placebokontrolliert) nahmen 5.782 Proband:innen an 40 Standorten in den Vereinigten Staaten teil. Sie hatten vor Beginn der RSV-Saison entweder den Janssen-RSV-Impfstoff oder Placebo erhalten und wurden danach während der RSV-Saison beobachtet. Die Auswertung der Immunogenitäts- und Sicherheitsdaten erfolgte bei etwa 200 bzw. 700 Teilnehmer:innen.

80-prozentiger Schutz vor RSV-Erkrankungen

Laut Janssen wurde der primäre Endpunkt in CYPRESS erreicht: Der RSV-Impfstoffkandidat schützte nach einmaliger Impfung ab 65-Jährige bis zu 80 Prozent vor einer symptomatischen RSV-verursachten Erkrankung der unteren Atemwege (lower respiratory tract disease, LRTD), nachgewiesen durch PCR. Die Teilnehmer:innen entwickelten humorale und zelluläre Immunantworten und zeigten 14 Tage nach Impfung einen Anstieg der neutralisierenden RSV-Antikörpertiter. Janssen beschreibt die Verträglichkeit der RSV-Impfung mit „im Allgemeinen gut“.

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Nun will Janssen auf Basis der Phase-2b-Ergebnisse die Sicherheit, Wirksamkeit und Immunogenität des RSV-Impfstoffkandidaten zum Schutz vor RSV-assoziierter LRTD in einer großen Phase-3-Studie EVERGREEN initiieren. Etwa 23.000 ältere Menschen ab 60 Jahren nehmen teil, sie erhalten entweder den Janssen-RSV-Impfstoff oder Placebo. Durchgeführt wird EVERGREEN in Nordamerika, Europa, Asien und Ländern der südlichen Hemisphäre.

Vektorimpfstoff: gleiche Plattform wie COVID-19-Impfstoff

Der prophylaktische RSV-Impfstoffkandidat nutzt die Adenovektor-Plattform (AdVac®) von Janssen, die das Unternehmen bereits bei anderen Impfstoffen anwendet – beim Ebola-Impfstoff sowie dem COVID-19-Impfstoff Janssen. Als Antigen dient beim RSV-Impfstoff das Gen von RSV, das für das Fusionsprotein des Virus codiert. Das Fusionsprotein ist neben dem Adhäsionsprotein in die Lipidhülle des Virus eingelagert, es spielt eine wesentliche Rolle im Krankheitsgeschehen. So vermehrt sich RSV in den zilientragenden Epithelzellen der Schleimhäute der Atemwege. Das Fusionsprotein verursacht dort eine Verschmelzung (Fusion, Synzytienbildung) der Epithelzellen und schädigt diese – gemeinsam mit der körpereigenen Immunreaktion – reversibel. Die dadurch entstehenden Zelltrümmer sowie Immunzellen und Schleim verlegen die Bronchien. Laut RKI erholen sich die Epithelzellen innerhalb von vier bis acht Wochen.

Im November 2020 stufte der Ausschuss für Humanarzneimittel der Europäischen Arzneimittel-Agentur den RSV-Impfstoff für Erwachsene als vorrangig zu behandelndes Arzneimittel (PRIME) ein, da vielversprechende klinische Daten vorlägen und ein ungedeckter Bedarf an RSV-Prävention bei älteren Erwachsenen bestehe.

Wer forscht noch an RSV-Impfstoffen?

Einen anderen Impfansatz, wie auch gegen COVID-19, verfolgt das Tübinger Biotech-Unternehmen Curevac. Curevac forscht an einem RSV-Impfstoff auf mRNA-Basis, allerdings befindet sich der Kandidat erst in der präklinischen Entwicklung. Ein Stück weiter, in Phase 1, ist Moderna mit seinem mRNA-Impfstoffkandidaten (mRNA-1345)  gegen RSV, erst im August erteilte die FDA mRNA-1345 Fast Track Designation, was eine beschleunigte Entwicklung erleichtern soll. Am weitesten ist wohl Pfizer bei RSV-Impfstoffen, das Unternehme startete erst im September eine Phase-3-Studie.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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