Apotheker Otto Quintus Russe ist Geschäftsführer des House of Pharma und Healthcare sowie Vorstandsmitglied der LAK Hessen. Außerdem steht er noch regelmäßig in der Apotheke.
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Gastkommentar
Impfpassfälschungen: Apotheker sind die einsamen Sheriffs
Der Druck auf Ungeimpfte steigt. Das führt zwar wohl zu steigenden Quoten bei den Erstimpfungen, aber auch zu einer Flut an mutmaßlich gefälschten Impfpässen in der Apotheke. Obwohl dort sonst immer alles gesetzlich reguliert und maximal qualitätsgesichert stattfinden muss, herrschen bei der Verifizierung der Impfnachweise Zustände wie im wilden Westen, wo die Apotheker wie die einsamen Sheriffs für Recht und Ordnung kämpfen, findet Apotheker Dr. Otto Quintus Russe. Ein Gastkommentar.
Dass das Impfen und Boostern der Weg aus der vierten Welle und der Pandemie ist, dürfte inzwischen jedem klar sein, auch wenn es nach wie vor eine beachtliche Anzahl an ungeimpften Mitbürgerinnen und Mitbürgern gibt. Durch das Ausweiten und die Kontrolle der 3G- und 2G-Regeln, die Pflicht zum Nachweis des Impfstatus mittels digitalem Impfzertifikat in einigen Bundesländern und die mögliche Einführung einer Impflicht wird der Druck auf Ungeimpfte größer, was aktuell zu steigenden Impfquoten bei Erstimpfungen, jedoch auch vermehrt zu mutmaßlich gefälschten Impfpässen in der Apotheke führt.
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Gefälschte Impfpässe
Chargenüberprüfung derzeit unbefriedigend
Wie sympathisch in diesen Zeiten der 20 Jahre alte Impfpass eines Stammkunden mit unzähligen Chargenaufklebern der verschiedensten Impfungen ist – alle von der Praxis nebenan gestempelt – , auch wenn man kurz im Wirrwarr der Etiketten und Stempel die COVID-Impfungen zum Ausstellen des digitalen Impfzertifikates suchen muss, zeigt sich beim Gegenteil. Es beschleicht einen ein anderes Gefühl bei druckfrischen Impfpässen mit lediglich zwei COVID-19-Impfungen oder irgendwelchen Impfbescheinigungen als Einlegeblätter mit abstrakten Stempeln von Impfzentren oder Ärzten von außerhalb, die zudem bereits vor Wochen oder Monaten ausgestellt worden sein sollen. Chargenaufkleber, die in den verschiedensten Versionen seit Beginn der Impfkampagne verwendet wurden, und Chargennummern, die kaum praktikabel im Apothekenalltag zu überprüfen sind. Dazu noch der apothekenübliche Vorweihnachtsansturm mit COVID-19-konformen langen Warteschlangen bis weit vor die Tür, nicht lieferfähigen Arzneimitteln und einem Apothekenteam, das in den vergangenen beiden Pandemiejahren im Auftrag der Politik bereits viele zusätzliche Aufgaben gestemmt hat und auf die wenigen Feiertage über Weihnachten hinarbeitet.
Alle Vorgänge in der Apotheke erfolgen gesetzlich reguliert und maximal qualitätsgesichert, von Plausibilitätsprüfungen über serialisierte Arzneimittelpackungen bis hin zu der übertriebenen Präqualifizierung. Nur bei den Impfpässen herrschen Zustände wie im Wilden Westen und Apothekerinnen und Apotheker kämpfen wie die einsamen Sheriffs für Recht und Ordnung. Mit Anrufen in Arztpraxen, E-Mails an Hersteller oder das Paul-Ehrlich-Institut oder den inzwischen zahllosen Postings in den sozialen Medien mit der Bitte um Verifizierung von suspekten Arzt- bzw. Impfzentrumsstempeln oder komisch wirkenden Chargenaufklebern durch Kolleginnen und Kollegen wird versucht, vom HV-Tisch aus Ordnung in das Chaos zu bringen und das für gerade mal 6 Euro pro Zertifikat.
Mit stumpfen Waffen gegen Fälschungen
Zusätzlich unterstützen die Verbände durch das Sammeln bekannter Fälschungen einen Kampf, der immer mehr an den gegen die berühmten Windmühlen erinnert. Im Gegenzug werden aber auch die Fälschungen besser. Es werden echte Chargennummern verwendet, die lediglich durch ein Impfdatum nach dem Verfallsdatum der Charge noch auffallen. Die zahlreichen Meldungen bei der Polizei haben auch schon dazu geführt, dass die Bundespolizei ein Informationssystem namens Chargenchecker betreibt und es den Polizeidienststellen zur Verfügung stellt. Mit Blick auf die vielen suspekten Impfpässe in den Apotheken und den täglichen Medienberichten zu Impfpassfälscher-Werkstätten stellt sich langsam schon die Frage, ob nicht mancher Impfdurchbruch vielleicht doch auf eine unechte Impfung zurückzuführen ist.
Selbst Studienbescheinigungen und Anwohnerparkausweise sind heute online verifizierbar, warum also werden nicht Anforderungen an Chargenetiketten und Arztstempel gestellt, die ein vernünftiges und qualitätsgesichertes Überprüfen in der Apotheke im Zweifelsfall ermöglichen?
Zusätzlich wäre zumindest die Möglichkeit der Online-Abfrage nach Impfdatum und Chargennummer auf Plausibilität ähnlich dem polizeilichen „Chargencheckers“ zu realisieren ‒ in Verbindung mit einer angemessenen Vergütung.
7 Kommentare
Leisten!
von Thomas Kerlag am 09.12.2021 um 9:57 Uhr
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Scheriffs
von Nicole Schmitt am 08.12.2021 um 21:16 Uhr
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Impfpassfälschungen: Apotheker sind die einsamen Sheriffs
von Joachim Ramge am 08.12.2021 um 19:45 Uhr
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AW: Impfpassfälschungen: Apotheker sind die
von Scarabäus am 08.12.2021 um 20:32 Uhr
Verifikation schwierig
von Christian Lutsch am 08.12.2021 um 19:02 Uhr
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AW: Verifikation schwierig
von Petra Horst am 09.12.2021 um 11:47 Uhr
es geht auch einfacher...
von Zaphodb42 am 08.12.2021 um 18:38 Uhr
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