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Laut Gematik
Qualifizierter Zeitstempel fürs E-Rezept? Hat anscheinend niemand gefordert
Bereits vor einigen Wochen wurde von am Abrechnungsprozess Beteiligten bemängelt, dass E-Rezepte nicht mit einem qualifizierten Zeitstempel versehen sind. Das mache E-Rezepte manipulierbar, so die Kritik. In einem aktuellen Gutachten im Auftrag des Verbands der Apothekenrechenzentren stufen Anwälte das Fehlen von Zeitstempeln im gesamten Verarbeitungsprozess sogar „als besonders gravierend“ ein. Die DAZ hat bei der Gematik nachgefragt, warum es solche Zeitstempel nicht gibt, wenn sie denn so wichtig sein sollen.
Es hakt beim E-Rezept an vielen Ecken. Insbesondere die Abrechnung scheint Schwierigkeiten zu bereiten. Das Grundproblem besteht darin, dass die Funktion der TI und somit die Zuständigkeit der Gematik in der Apotheke endet. Die Aufteilung des Prozesses auf mehrere Schultern sollte die Aufgabe überschaubarer machen. Die Kehrseite ist aber, dass anscheinend niemand den Gesamtüberblick über den ganzen Prozess hat, und so wurden die Hürden bei der Abrechnung erst spät sichtbar.
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Mittlerweile hat der Bundesverband Deutscher Apothekenrechenzentren (vdarz) eine Mängelliste erstellt. Ein wesentlicher Kritikpunkt ist unter anderem, dass keine qualifizierten Zeitstempel genutzt werden. Bereits vor einigen Wochen hatten Prozessbeteiligte das gegenüber der DAZ thematisiert. So sei es etwa möglich, dass Betrüger mit einem gestohlenen HBA E-Rezepte ausstellen und diese zurückdatieren, sodass sie nicht als falsch erkannt werden. Der fehlende Zeitstempel eröffne Fälschungsmöglichkeiten, heißt es.
Warum gibt es keinen qualifizierten Zeitstempel?
Doch warum gibt es so einen Zeitstempel nicht, wenn er anscheinend so wichtig ist? Die Gematik erklärt dazu auf Nachfrage der DAZ: „Diese Anforderung wurde bislang seitens der für den Abrechnungsprozess zuständigen Organisationen nicht an die Lösung gestellt. Zwar gibt es einen Zeitdienst in der Telematikinfrastruktur (TI), jedoch keinen, der alle Anforderungen aus eIDAS an den Zeitdienst erfüllt.“ Die eIDAS -Verordnung enthält verbindliche europaweit geltende Regelungen in den Bereichen „elektronische Identifizierung“ und „elektronische Vertrauensdienste“.
IT-Experte: Qualifizierter Zeitstempel fürs E-rezept nicht geeignet
Diese Mängel können gravierende rechtliche Folgen haben, wie nun ein aktuelles Gutachten im Auftrag des vdarz zeigt. Darin stufen die Anwälte Morton Douglas und Lukas Kalkbrenner, die das Gutachten erstellt haben, das Fehlen von Zeitstempeln im gesamten Verarbeitungsprozess als besonders gravierend ein. Denn die Vertragsparteien des Rahmenvertrags für die Arzneimittellieferung setzten technisch einwandfrei bereitgestellte Daten voraus, heißt es. Auch habe das Gütesiegel gemäß dem europaweit geltenden Standard für qualifizierte Vertrauensdiensteanbieter nur den Wert „3“ und nicht den geforderten Wert „5“, stellen sie fest. Dies sei gerade mit Blick auf den Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten problematisch.
Gibt es eine Rechtsgrundlage für die Abrechnung?
Es ist daher in ihren Augen zu fragen, ob überhaupt eine Rechtsgrundlage für die Abrechnung von E-Rezepten besteht. Als zentralen Aspekt arbeiten die Rechtsanwälte eine Frage heraus: Wie ist eine ordnungsgemäße elektronische Verschreibung definiert? Es sei offen, ob die Ordnungsmäßigkeit auch die technischen Vorgaben umfasst, die von Apotheken weder geprüft noch beeinflusst werden können. Damit drohe den Apotheken, dass die Krankenkassen die Bezahlung der E-Rezepte aus formalen Gründen verweigern könnten. Der vdarz betont in diesem Zusammenhang, dass Apotheken und Rechenzentren für diese Defizite nicht verantwortlich sind. Sie könnten nur mit dem arbeiten, was die Gematik zur Verfügung stellt. Doch der vdarz befürchtet, dass insbesondere die Apotheken die Leidtragenden werden könnten.
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Einem IT-Experten zufolge ist allerdings der von den Rechenzentren geforderte qualifizierte Zeitstempel für den E-Rezept-Prozess gar nicht geeignet. Ein elektronisch qualifizierter Zeitstempel bestätige, dass ein Dokument zu einem bestimmten Zeitpunkt in der gegebenen Form vorlag, erklärt er im Gespräch mit der DAZ. Die Bestätigung erfolge von extern durch einen Vertrauensdiensteanbieter, vergleichbar sei das mit einer notariellen Beglaubigung des Zeitstempels für jedes E-Rezept – die Bundesnotarkammer fungiert hier unter anderem als Vertrauensdiensteanbieter. Dieser Prozess sei aber für die Masse an E-Rezepten, die anfallen wird, viel zu langsam. Allerdings gibt es nach Ansicht des IT-Experten im System andere Möglichkeiten, einen nicht manipulierbaren Zeitstempel aufzubringen.
2 Kommentare
Mathematik und Physik nicht verhandelbar
von Dr.-Ing. Wolfram Stein am 17.12.2021 um 8:18 Uhr
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E -Rezept
von Sabine Schneider am 17.12.2021 um 8:13 Uhr
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