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Übernahme unter erschwerten Bedingungen
Apotheke in Konz: digitalisiert, renoviert und umgebaut im Corona-Jahr
Als Christian Zimmer im Februar 2020 die Apotheke seines Vaters Michael übernimmt, „klatscht“ der junge Pharmazeut ins sprichwörtlich kalte Wasser. Grund ist die kurz nach Übernahme ausbrechende Corona-Pandemie. Frisch von der Uni in Düsseldorf, mit gerade einmal zwei Jahren Berufserfahrung in der väterlichen Apotheke im rheinland-pfälzischen Konz sowie zwei Praktika im Rücken, ist der Start für den 34-Jährigen herausfordernd.
Die Apotheke in der Beethovengalerie in Konz liegt zentral und fußläufig zum Bahnhof. Ursprünglich 1990 als Ärztehaus gebaut, wird die fünfgeschossige Immobilie in den zurückliegenden Jahren in Teilen umgenutzt. Von einst acht Praxen sind zwei Hausärztinnen, die sich eine Praxis teilen, und ein Kinderärzte-Ehepaar übrig geblieben. Zudem gibt es eine Fahrschule, einen Schnellimbiss sowie eine Shisha-Bar als Nachbarn. Die Ärzte und der Apotheker wiederum sind Mieter der Palm-Flächen, einem Standortentwickler aus dem schwäbischen Schorndorf, den noch vor drei Jahren die Sorge umtrieb, „die Apotheke könnte aufgrund des Praxen-Schwunds zu wenig Umsatz erzielen“, wie sich Palm-Geschäftsführerin Monika Seckler-Fleischer erinnert.
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Doch das 18.000 Einwohner zählende Konz, das fast mit der Großstadt Trier verwachsen ist, investiert seither in das Quartier. Mit diesem Wandel passt sich die renovierte Apotheke gut ins Stadtbild ein. Bahnhofsnähe sowie die Anbindung an zwei Stadtteile sorgen zudem für Prosperität. Ein Lebensmitteldiscounter will sich bis 2023 in unmittelbarer Nähe niederlassen und die Lücke in der Nahversorgung schließen.
Doch im März 2020 herrscht „ein ziemliches Chaos“, wie sich Apotheker Christian Zimmer erinnert. Der Pharmazeut kämpft als frischer Apotheken-Inhaber mit der Corona-Pandemie und dem ersten Lockdown. Die Fragen scheinen endlos: Wie Arbeitnehmerinnen vor einer Ansteckung schützen? Wie umgehen mit Kunden, die wie Hamster einkaufen? Wie die Ausgabe der Masken regeln, die anfänglich umsonst verteilt wurden, ohne, dass die Kunden die Apotheke stürmen? Und so weiter.
„Jede Situation war neu, ich konnte kaum Routinen entwickeln“, beschreibt Zimmer die ersten Monate als neuer Chef. Doch die Bugwelle ebbt ab. Im Sommer plant der Apotheker den Umbau des Ladens. Weil zwei Fachkräfte den Betrieb verlassen, ergreift Zimmer die Chance: Er lässt das mehr als 20 Jahre alte Schubladensystem rausreißen und baut einen modernen Kommissionier-Automaten ein. Dieser transportiert die via Warenwirtschaftssystem angeforderten Präparate aus dem Lager direkt an bedienende Mitarbeiter.
Über die App können Kunden Waren auswählen, bestellen, Abholtermine vereinbaren oder liefern lassen
Und weil der Umbau Anfang Dezember 2020 viel Staub und Dreck verspricht, renoviert Zimmer in einem Zug die gesamte Apotheke: Frischer Fußboden, geweißelte Wände und sechs digitale Bildschirme überführen das Geschäft ins neue Jahrzehnt. Die virtuellen Verkaufsunterstützer hängen bzw. stehen in den Schaufenstern und an den Kassen. Sie zeigen Produkte und berechnen Preisersparnisse, damit sich Kunden für Augentropfen in Großpackungen entscheiden. Die Investition im niedrigen sechsstelligen Bereich lohne sich, sagt Zimmer. So lagern im neuen Kommissionier-System 95 Prozent aller verschreibungspflichtigen Arzneien der Apotheke. Wobei der Automat Eingangsware selbständig scannt, klassifiziert und ins Regal sortiert. „Wir sparen enorm viel Zeit“, so Zimmer. Vor allem für Hochphasen sieht sich der Unternehmer nun besser ausgestattet.
Gleiches gelte für Phasen der Unterbesetzung, wenn Kolleginnen krank oder im Urlaub sind. Hinzu kommt eine höhere Verfügbarkeit der Waren. Um bis zu 15 Prozent mehr Präparate fasst das neue Lager im Vergleich zum Schubladensystem. Was erstmal nach wenig klingt, spüren die 18 Mitarbeiter im Alltag immens. „Wir sind in 90 Prozent der Fälle lieferfähig“, bilanziert Zimmer. Früher lag der Wert bei im Schnitt 75 Prozent. Bedeutet: Heute erhalten neun von zehn Kunden ihre Ware sofort. Umwege via Bestellung beim Großhandel entfallen. 10.000 Packungen hat die Apotheke im Automaten gelagert, hinzu kommen 4.000 Einheiten, wie sperrige Windeln- oder Mullbinden-Packungen, die in einem separaten Raum liegen.
Vater Michael staunt, als er nach der Renovierung „seinen Laden“ betritt. Der 72-jährige Senior-Apotheker, den die Mitarbeitenden immer noch liebevoll mit „Chef“ ansprechen, weiß zwar jetzt nicht mehr, in welcher Schublade, was lagert. Doch auch ihn fasziniert das präzise Kommissionier-System – obwohl es chaotisch sortiert ist. Da geht es ihm wie etlichen Kunden, die einen Blick ins Innenleben der Maschine werfen. Und sich wie der Senior erstaunt zeigen vom neusten Stand der Apothekentechnik.
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Apropos Technik: Weil Zimmer Digitalität schätzt, nutzt er auch eine eigens für Apotheken programmierte App. Über sie können Kunden Waren auswählen, bestellen, Abholtermine vereinbaren oder sich die Präparate nach Hause liefern lassen. Vor allem jüngere User, die bevorzugt online einkaufen, wollen so ein Angebot, ist sich Zimmer sicher. Vor diesem Hintergrund ist der Pharmazeut optimistisch. Der Corona-krisenerprobte Apotheker hat die digitale Transformation in seinem Laden vorangetrieben. Das nächste Projekt kann kommen: Das E-Rezept soll im Laufe des Jahres 2022 bundesweit eingeführt werden. Nach mehrmaliger Verschiebung. „Auch das werden wir hinbekommen“, sagt Zimmer. Denn wer Corona-Stürme und Apotheken-Umbau in einem Jahr stemmt, der hat gelernt, im kalten Wasser zu schwimmen.
3 Kommentare
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