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Übersicht der AMK
Wann Lagevrio, wann Paxlovid? Kriterien für die Entscheidung
Mit Molnupiravir (Lagevrio®) steht bereits ein oral anzuwendendes Mittel zur Verfügung, das bei bestimmten Risikopatienten schweren COVID-19-Verläufen vorbeugen soll, mit Nirmatrelvir/Ritonavir (Paxlovid®) wird ein weiteres folgen. Doch für wen eignet sich eigentlich welches Mittel und wann sieht man besser von einer Therapie ab? Als Hilfestellung hat die AMK eine Übersicht erstellt, die wichtige pharmakologisch-therapeutische Kriterien für die Anwendung der beiden Arzneimittel gegenüberstellt.
Wie lassen sich schwere COVID-19-Verläufe verhindern? Allem voran setzt man hier natürlich auf die Impfungen – bekanntermaßen mit Erfolg. Doch seit Anbeginn der Pandemie werden zudem Therapieansätze verfolgt, nach einer Infektion der Erkrankung Einhalt zu gebieten. So sind EU-weit für die stationäre Behandlung von Patienten mit zusätzlichem Sauerstoffbedarf bereits mehrere Präparate zugelassen, nämlich das antiviral wirksame Veklury® (Remdesivir), der Interleukin-1-Rezeptorantagonist Kineret® (Anakinra) sowie der Interleukin-6-Rezeptorantagonist RoActemra® (Tocilizumab). Dazu kommen die monoklonalen Antikörper Ronapreve®, Regkirona® und Xevudy® für eine passive Immunisierung für infizierte Patienten. Sie finden vor allem Anwendung bei sehr alten Patienten oder wenn aufgrund von Adipositas, Herz-Kreislauf-Erkrankung, Diabetes mellitus, Immunsuppression und fehlender oder unvollständiger Immunisierung ein erhöhtes Risiko für einen sehr schweren Verlauf besteht.
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Seit 3. Januar 2022 steht zusätzlich Lagevrio® (Molnupiravir) zur Verfügung. Es ist ein oral verfügbares antivirales Arzneimittel, das zur Behandlung von nicht hospitalisierten COVID-19-Patienten eingesetzt wird, die keinen zusätzlichen Sauerstoff benötigen und ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben. Die Wirkung beruht primär auf einer die Hemmung der viralen RNA-Replikation, durch Einbau des Triphosphatmetaboliten in das virale RNA-Genom.
Paxlovid® (Nirmatrelvir/Ritonavir) wird bei derselben Patientengruppe eingesetzt. Nirmatrelvir hemmt die virale 3CL-Protease. Die Kombination mit Ritonavir, einem potenten Inhibitor von Cytochrom P450 (CYP), v. a. 3A4, und P-Glykoprotein, ermöglicht die perorale Anwendung – ein Prinzip, das aus der HIV- und Hepatitis-C-Therapie lange bekannt ist. Durch zusätzliche Gabe des Enzyminhibitors wird der Abbau verlangsamt und es werden ausreichend hohe Wirkspiegel erreicht.
In Studien Reduktion der Hospitalisierungs- und/oder Sterberate
Beide Arzneimittel reduzierten laut vorliegenden Studienergebnissen die Hospitalisierungs- und/oder Sterberate im Vergleich zu Placebo bei nicht hospitalisierten Patienten mit milder oder moderater COVID-19-Symptomatik (ohne zusätzlichen Sauerstoffbedarf) und mindestens einem Risikofaktor für einen schweren Verlauf signifikant (9,7 % unter Placebo vs. 6,8 % unter Molnupiravir [relative Risikoreduktion 30 %, absolute Risikoreduktion 3 %, number needed to treat ca. 33] und 6,5 % vs. 0,7 % unter Nirmatrelvir/Ritonavir [relative Risikoreduktion 89 % bei Beginn innerhalb 3 Tagen, absolute Risikoreduktion 5,8 %, number needed to treat ca. 17]).
Zugelassen sind beide Mittel bislang nicht, das Bundesministerium für Gesundheit hat sie zentral beschafft und bringt sie in den Verkehr. Bei Lagevrio® beispielsweise handelt es sich um Packungen für den britischen Markt.
Wann welches Mittel? Tabellarische Übersicht der AMK
Bei beiden Arzneimitteln muss die Einnahme so früh wie möglich nach der bestätigten SARS-CoV-2-Infektion beginnen – spätestens fünf Tage nach Symptombeginn, heißt es. Dabei muss aber ausgeschlossen werden, dass sich bereits ein schwerer Verlauf abzeichnet – dann sind andere Mittel geeigneter. Eine schnelle und (anhand patientenindividueller Risikofaktoren) priorisierte Abgabe der Arzneimittel ist also unbedingt erforderlich; dazu kommt, dass beide Präparate zunächst nur begrenzt verfügbar sein werden. Der Einsatz will also wohlüberlegt sein.
Als Hilfestellung hat die AMK eine Übersicht erstellt, die wichtige pharmakologisch-therapeutische Kriterien für die Anwendung von Lagevrio® und Paxlovid® gegenüberstellt.
Kriterium | Lagevrio (Molnupiravir) | Paxlovid (Nirmatrelvir + Ritonavir) | |||
Anwendung möglich | Anmerkungen | Anwendung möglich | Anmerkungen | ||
Zeit seit Symptombeginn | Max. 5 Tage | Einschlusskriterium der Zulassungsstudie | Max. 5 Tage | Einschlusskriterium der Zulassungsstudie | |
Alter >65 | ja | Keine Dosisanpassung | ja | Keine Dosisanpassung | |
Alter <18 | nein | Nicht untersucht | nein | ||
Adipositas BMI >30 | ja | Keine Dosisanpassung | ja | Keine Dosisanpassung | |
Nierenfunktionsstörung | ja | Keine Dosisanpassung | eingeschränkt | Keine Dosisanpassung bei leichter Nierenfunktionsstörung. Dosisreduktion Nirmatrelvir (auf 300 mg/d) bei mäßiger Nierenfunktionsstörung. Nicht bei schwerer Nierenfunktionsstörung | |
Dialyse | eingeschränkt | Nicht untersucht | eingeschränkt | Nicht untersucht | |
Leberfunktionsstörung | ja | Keine Dosisanpassung | eingeschränkt | Keine Dosisanpassung bei leichter oder mäßiger Leberfunktionsstörung. Nicht bei schwerer Leberfunktionsstörung | |
Weibliches Geschlecht | eingeschränkt | Nur mit wirksamer Kontrazeption (hormonell + Barriere) und/oder sexueller Abstinenz (für 5 Tage Therapie + 4 weitere Tage). Vorab Schwangerschaftstest im Urin | eingeschränkt | Cave orale Kontrazeptiva; alternative, wirksame (mechanische) Kontrazeption erwägen oder sexuelle Abstinenz (für 5 Tage Therapie) | |
Schwangerschaft | nein | Vorab Schwangerschaftstest im Urin | eingeschränkt | Nicht empfohlen | |
Stillzeit | nein | Stillen nicht empfohlen während Therapie und 4 Tage danach | nein | Stillen nicht empfohlen während Therapie und 4 Tage danach | |
Männliches Geschlecht | eingeschränkt | Während der Behandlung und für 3 Monate danach kein Kind zeugen | ja | ||
Co-Medikation | ja | bisher keine Hinweise auf Arzneimittelinteraktionen | eingeschränkt | Zahlreiche Interaktionen mit Ritonavir. | |
Nicht pausierbare medikamentöse Immunsuppression * | ja | nein |
Quelle: AMK
* Glucocorticoide ≥20 mg Prednison-Äquivalent, Ciclosporin A, Everolimus, Sirolimus, Tacrolimus
Vorab gilt es natürlich zu entscheiden, ob man überhaupt medikamentös eingreift. Kriterien für die Anwendung von Molnupiravir beispielsweise sind – insbesondere bei derzeit begrenzter Verfügbarkeit – einer Stellungnahme von AWMF und STAKOB zufolge, vor allem hohes Alter und das Vorliegen mehrerer Risikofaktoren wie Adipositas, Diabetes, chronische Niereninsuffizienz, Krebs sowie Herz- und Lungenerkrankungen. Für Paxlovid dürfte, wenn es denn verfügbar ist, ähnliches gelten.
Bei immunsupprimierten Patienten mit unzureichender Impfantwort hingegen wird bevorzugt die Gabe monoklonaler Antikörper empfohlen.
1 Kommentar
Fehlt da nicht etwas?
von Michael Mischer am 10.01.2022 um 9:35 Uhr
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