Themenschwerpunkt Großhandel in der DAZ

Pharmagroßhandel in der Zwickmühle

Süsel - 21.01.2022, 07:00 Uhr

Die DAZ widmet dem Großhandel in dieser Woche gleich mehrere Beiträge. (x / Foto: IMAGO / biky)

Die DAZ widmet dem Großhandel in dieser Woche gleich mehrere Beiträge. (x / Foto: IMAGO / biky)


Die Apotheken und der Pharmagroßhandel sind eng miteinander verknüpft. Beide sind mit steigenden Kosten bei begrenzten Honoraren konfrontiert. Die Rabattpolitik hat den Großhandel in ein Dilemma gebracht. Doch einen Ausweg kann es nur gemeinsam für die Apotheken und den Großhandel geben. Diese Zusammenhänge sind das Thema von drei Beiträgen in der aktuellen DAZ-Ausgabe.

Professor Andreas Kaapke stellt die Frage „Quo vadis Großhandel?“. Denn er sieht die Branche in einem schweren Dilemma. Der Wettbewerb hat einen oligopolistischen Markt geschaffen, in dem alle Anbieter vor der gleichen Problemstruktur stehen. Die Kosten steigen durch zunehmende Anforderungen und die Inflation. Zugleich haben die Großhändler ihre Rationalisierungsmöglichkeiten so weit ausgeschöpft, wie es die hohen Anforderungen des Marktes erlauben. Die Konzentration ist so weit fortgeschritten, dass Übernahmen kaum noch Vorteile bieten. Die Einnahmen sind eng begrenzt und die Großhändler gewähren zudem Rabatte an die Apotheken. Denn im Wettbewerb sei für die Apotheken nichts „so betörend“ wie diese Rabatte gewesen, meint Kaapke. Dabei seien die Großhändler an ihre Grenzen und bisweilen darüber hinaus gegangen. Dies führe zu einem Dilemma: Wenn die Großhändler die Rabatte für Apotheken streichen würden, würde dieses Geld bei den Apotheken fehlen.

Mehr zum Thema

Die Branche steckt in einem schweren Dilemma

Quo vadis Großhandel?

Noweda-Chef Michael Kuck erwartet leistungsgerechte Vergütung von Großhandel und Apotheken

„Wir sind aufeinander angewiesen“

Denn die Apotheken sieht Kaapke angesichts ihrer seit dem Jahr 2004 nur einmal angepassten Vergütung ebenfalls in einer wirtschaftlich problematischen Lage. Auch sie werden durch immer neue Anforderungen und zunehmend durch die Inflation belastet, ohne dass ihre Einnahmen entsprechend steigen. Kaapke erwartet daher, dass zahlreiche Apotheken über kurz oder lang nicht mehr überlebensfähig wären, wenn der Großhandel die Rabatte streicht. Damit würde der Großhandel wiederum seine eigene Existenzgrundlage gefährden.

Wege aus diesem Dilemma sieht Kaapke nur durch Hilfe von außen. Wenn die Apotheken mehr Honorar erhalten würden, könnten sie auf die Großhandelsrabatte verzichten. Damit wäre indirekt dem Großhandel geholfen. Kaapke sieht dringenden Handlungsbedarf, weil das Großhandelsoligopol sonst zum Monopol werden könnte, und folgert: „Es wäre töricht, wenn der Staat einerseits für die Dis­tribution von Arzneimitteln definiert, dass sie nicht dem Spiel der freien Marktkräfte unterliegen dürfen, den darauf­hin etablierten Strukturen aber nicht den ökonomischen Nährboden gibt, um dies adäquat umzusetzen. Dann würde aus einem Marktdilemma ein Staatsdilemma!“

Kuck: Nicht gegeneinander ausspielen lassen

Ein Praktiker des Großhandels bekräftigt, dass die Honorierung des Großhandels verbessert werden muss. In einem Interview unter dem Titel „Wir sind aufeinander angewiesen“ beschreibt Noweda-Chef Dr. Michael Kuck die Situation aus seiner Perspektive. Er sieht ein Problem in den sich nach und nach verändernden Rahmenbedingungen. Kuck geht davon aus, dass ähnlich wie bei den Apotheken die Belastungsfähigkeit des Systems getestet werde. Doch die gesetzlich vorgesehene Großhandelsvergütung reiche nicht mehr aus, „um die Unternehmen langfristig auf einer soliden wirtschaftlichen Basis zu halten“.

Kuck betont, wie gut sich das flächendeckende System der Apotheken und des Großhandels in der Pandemie bewährt hat. Spätestens jetzt sei es an der Zeit zu erkennen, „dass eine adäquate und leistungsgerechte Vergütung des Großhandels und der Apotheken zwingend erforderlich ist, um diesen unverzichtbaren Teil unseres Gesundheitssystems dauerhaft auf Kurs zu halten und nicht zuletzt eine Basis zu schaffen, die auch künftige Krisen übersteht“. Dabei ist es Kuck wichtig, „dass sich Apotheken und Großhandel nicht von der Politik gegeneinander ausspielen lassen“. Sie müssten gemeinsam dafür eintreten, dass genug Geld in das System fließt, erklärt Kuck im Interview. Apotheken und Großhandel müssten gesund wirtschaften können, um die Arzneimittelversorgung zu sichern.

Apotheken und Großhandel brauchen langfristige Honoraranpassung

Auch DAZ-Redakteur Dr. Thomas Müller-Bohn sieht Apotheken und Großhandel vor einem gemeinsamen Problem. Dieses umreißt er in einem Kommentar. Er beschreibt die Probleme um die Rabatte als Folge des grundlegenden Problems der sinkenden Margen. Denn die Honorierung des Großhandels und der Apotheken ergibt sich seit dem Jahr 2004 überwiegend aus Festzuschlägen. Diese werden zwangsläufig irgendwann von der Inflation eingeholt. Daraus folgert Müller-Bohn, dass Apotheken und Großhandel gleichermaßen eine langfristige Anpassungsregel für ihre Festzuschläge brauchen. Nur dies sei ein nachhaltiges Konzept.

Beiträge in der DAZ

Die vollständigen Texte des Beitrags von Kaapke, des Interviews mit Kuck und des Kommentars von Müller-Bohn finden Sie in der aktuellen Ausgabe der DAZ.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Attraktiv wie ein Golf 3

von Ulrich Ströh am 23.01.2022 um 8:35 Uhr

Aktuell liegt die Inflation bei 5,3 Prozent, die Löhne in Apotheken werden gerade linear nach oben angepasst und die pandemischen Einmalzuwendungen an Apotheken werden nächstes Jahr entfallen.

Damit werden die Festzuschläge der Apotheken ein Relikt der Neunziger-Jahre, attraktiv und zukunftsfähig wie ein Golf 3…

Sieht das niemand beim Deutschen Apothekerverband?

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GH

von Karl Friedrich Müller am 21.01.2022 um 10:09 Uhr

für den GH ist die Sache ganz einfach: Man bedient sich bei den Apotheken. Mittels obskurer Modelle und Begründungen. Erhöhung von Mindestlohn, Handesspannenausgleich und vieles mehr. Die gekniffenen sind allein die Apotheken.
Bei uns bedient sich überhaupt JEDER! Ohne dass wir einen Ausgleich generieren könnten. Eine unmögliche Situation

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