PRAC prüft erneut

Starke Menstruation und Amenorrhoe nach COVID-19-Impfung?

Stuttgart - 14.02.2022, 13:45 Uhr

Welchen Einfluss haben COVID-19-Impfungen auf den weiblichen Zyklus? (s / Foto: Denise / AdobeStock)

Welchen Einfluss haben COVID-19-Impfungen auf den weiblichen Zyklus? (s / Foto: Denise / AdobeStock)


Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Zyklusstörungen und COVID-19-Impfungen ist derzeit nicht erwiesen, dennoch kann einer neuen Studie zufolge die Corona-Impfung den Zyklus verlängern. Nun will sich der PRAC erneut mit dem Thema befassen, genauer gesagt: mit starken Menstruationsblutungen und Amenorrhoe nach mRNA-Impfung.

Bei Impfungen sind „leichte Veränderungen in der Periode nicht ungewöhnlich“, da „Immun- und Hormonsystem miteinander verknüpft“ sind, erklärt „Frauenärzte im Netz“, ein Informationsportal zur Frauenheilkunde, das der Berufsverband der Frauenärzte e.V. betreibt. Es geht um Zyklusstörungen nach COVID-19-Impfungen – erst im Januar 2021 hatten US-amerikanische Wissenschaftler eine Studie dazu im Fachjournal „Obstetrics & Gynecology“ („Association between Menstrual Cycle Length and Coronvirus Disease 2019 [COVID-19] Vaccination) veröffentlicht. Sie hatten tatsächlich eine Verlängerung des weiblichen Zyklus gezeigt – um knapp einen Tag –, die Blutungsdauer war jedoch unverändert.

Die „Zyklus-Studie“ in Kürze

Von 3.959 Studienteilnehmerinnen (Alter 18 bis 45 Jahre) waren 2.403 geimpft, 1.556 waren ungeimpft. Die meisten der geimpften Frauen – 55 Prozent – hatten den Impfstoff von Pfizer/Biontech erhalten, etwa jede Dritte Moderna (35 Prozent) und nur 7 Prozent den Vektorimpfstoff von Janssen. Die Kohorte der geimpften Frauen war etwas älter als die der ungeimpften (34 Prozent 30-bis 34-Jähige vs. 24 Prozent), häufiger kinderlos (79 Prozent vs. 69 Prozent) und hatte eher einen Hochschulabschluss (77 Prozent vs. 60 Prozent). Zudem waren geimpfte Teilnehmerinnen häufiger aus dem Westen oder Nordosten der USA und tendenziell eher weißer Hautfarbe (54 Prozent vs. 47 Prozent).

Die Wissenschaftler werteten Zyklusdaten von Oktober 2020 bis September 2021 aus, die ersten COVID-19-Impfungen hatten die Frauen zwischen Dezember 2020 und Juli 2021 erhalten. Vor Impfung hatten die Frauen über normale Zykluslängen (durchschnittlich 24 bis 38 Tage) berichtet, zudem mussten nach einer Schwangerschaft oder nach der Anwendung von hormonellen Verhütungsmitteln mindestens drei Zyklen vergangen sein. Jede Frau berichtete über sechs Menstruationszyklen – bei Geimpften drei Zyklen vor und drei Zyklen nach der ersten Impfung (inklusive des Zyklus, in welchem die Frauen geimpft wurden).

Nach der ersten Impfdosis verlängerte sich der Zyklus bei den geimpften Frauen um 0,64 Tage, nach der zweiten Dosis um 0,79 Tage (bereinigtes Modell), während nicht geimpfte Frauen keine signifikante Änderung bei ihrer Zykluslänge beobachteten. Was sich nicht änderte, war die Dauer der Blutung. Die Schlussfolgerung der Wissenschaftler: „Die COVID-19-Impfung steht in Zusammenhang mit einer geringfügigen Veränderung der Zykluslänge, nicht aber der Dauer der Menstruation“.

Nun nimmt sich auch der für die Bewertung von Arzneimittelrisiken zuständige PRAC-Ausschuss bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) der möglichen Zyklusstörungen im Zusammenhang mit COVID-19-Impfungen an: Nach gemeldeten Fällen von „starken Menstruationsblutungen“ und dem Ausbleiben der Menstruation (Amenorrhö) über drei oder mehr aufeinanderfolgende Monate nach Impfung mit den mRNA-Vakzinen von Pfizer/Biontech (Comirnaty®) und Moderna (Spikevax) will der PRAC einen möglichen ursächlichen Zusammenhang prüfen, und zwar anhand von „allen verfügbaren Daten“ aus Studien, aus Spontanmeldesystemen und der veröffentlichten Literatur dazu.

August 2021: PRAC sah keinen ursächlichen Zusammenhang

Der PRAC hat sich nun erneut – nach Spontanberichten über Menstruationsstörungen bei den beiden Corona-Impfstoffen und aufgrund von Erkenntnissen aus der Literatur – zu diesem Schritt entschlossen. Es ist nicht das erste Mal, dass der PRAC die möglichen Zyklusnebenwirkungen bewertet. Schon am 5. August 2021 standen Menstruationsstörungen im Zusammenhang mit COVID-19-Impfungen bei der EMA auf der Sitzungs-Agenda. Damals sah der PRAC jedoch keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen Zyklusstörungen und Corona-Impfungen, sondern erinnerte daran, dass auch zahlreiche Erkrankungen – wie Myome oder Endometriose – oder Stress und Müdigkeit zu Zyklusstörungen führen könnten. Allerdings kündigte er bereits im Sommer des letzten Jahres an, diese Phänomene weiter zu beobachten, auch hatte er die Zulassungsinhaber der Impfstoffe aufgefordert, weitere Daten zu sammeln und diese in den monatlichen Sicherheitsberichten verfügbar zu machen.

Zyklusstörungen treten auch nach COVID-19-Erkrankung auf

Erneut erinnert der Risikoausschuss daran, dass Zyklusstörungen vielfältige Ursachen zugrunde liegen können – auch, dass Fälle nach durchgemachter COVID-19-Infektion berichtet worden seien. Und: Bislang sei ein ursächlicher Zusammenhang nicht erwiesen, auch gebe es keine Hinweise, dass COVID-19-Impfstoffe die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.

PEI: kein Risikosignal

Auch dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) sind Meldungen zu Menstruationsstörungen nach Corona-Impfung nicht entgangen: In seinem jüngsten Sicherheitsbericht zu COVID-19-Impfstoffen vom 7. Februar 2021 (Datenerfassung bis 31. Dezember 2021) geht das Paul-Ehrlich-Institut jedoch nicht auf die mögliche Nebenwirkung näher ein. „Menstruelle Erkrankungen“ erwähnt das PEI lediglich im Zusammenhang mit der Pfizer/Biontech-Impfung bei Jugendlichen im Alter von zwölf bis 17 Jahren, die über die unerwünschte Reaktion berichteten. Dem PEI zufolge kam es etwa zu 0,03 Fällen pro 1.000 Impfungen nach der ersten oder der zweiten Dosis, seltener trat das Phänomen nach Boosterimpfung auf.

PEI hielt bislang Menstruationsstörungen für unwahrscheinlich

Zuletzt war das PEI in seinem Sicherheitsbericht vom 20. August 2021 (Datenerfassung bis 31. Juli 2021) auf Zyklusstörungen im Zusammenhang mit COVID-19-Impfungen eingegangen: 310 Einzelfallmeldungen eines „breiten Spektrums“ von Zyklusstörungen im Zusammenhang mit einer COVID-19-Impfung hatten das PEI bis zu diesem Zeitpunkt erreicht – darunter Zwischenblutung, menstruelle Erkrankung, unregelmäßige Menstruation, Menstruationsbeschwerden, Amenorrhö, verzögerte Menstruation, Oligomenorrhö, Polymenorrhö, Hypomenorrhö, starke Menstruationsblutung, Menometrorrhagie und postmenopausale Blutung. Diese seien einen Tag bis mehr als zwei Monate nach COVID-19-Impfung aufgetreten. Wie auch im ersten Sicherheitsbericht des PRAC vom August 2021 kam jedoch auch das PEI damals zu dem Fazit: „Unter Berücksichtigung der Anzahl geimpfter Frauen in den relevanten Altersgruppen und der Häufigkeit von Zyklusstörungen erscheint die Zahl der Meldungen nicht ungewöhnlich hoch zu sein, wenngleich davon auszugehen ist, dass viele, insbesondere vorübergehende Zyklusstörungen, nicht berichtet werden“, erklärte das PEI. Wie der PRAC bemerkte das Paul-Ehrlich-Institut, dass Zyklusstörungen generell nichts Ungewöhnliches seien – bis zu einem Drittel aller Frauen hätten im Laufe ihres Lebens anormale Gebärmutterblutungen.

Auch das Robert Koch-Institut (RKI) positionierte sich im Oktober des letzten Jahres zu möglichen Menstruationsstörungen nach Corona-Impfung: COVID-19-Impfungen könnten ein Faktor für Zyklusstörungen sein, allerdings wurden entsprechende Veränderungen des Zyklus auch bei anderen Impfungen oder durch Infektionen beobachtet – dahinter könnte eine Aktivierung des Immunsystems stecken. Gleichzeitig erklärte das RKI auch: „Ein direkter kausaler Zusammenhang ist nicht bekannt.“

Ob diese Einschätzung beibehalten wird – Einfluss darauf werden sicher die Ergebnisse der PRAC-Überprüfung nehmen. Die EMA will – sobald neue Erkenntnisse vorliegen – diese umgehend verfügbar machen.

Gut zu wissen: „Normaler“ Zyklus vs. Zyklusstörungen

„Ein normaler Menstruationszyklus hat eine Frequenz von 24 bis 38 Tagen, dauert 7 bis 9 Tage und geht mit einem Blutverlust von 5 bis 80 Millilitern einher“, definiert das PEI. Zyklusstörungen ließen sich grundsätzlich in zwei Gruppen einteilen, je nachdem, ob die Zyklusdauer oder -stärke verändert seien. Dabei spricht man von einer Oligomenorrhö, wenn die Zyklusdauer verlängert ist, von einer Polymenorrhö, wenn sie verkürzt ist. Kommt es zu einer abgeschwächten Regelblutung, liegt eine Hypomenorrhö vor (was meist auch mit einem verkürzten Zyklus und weniger Blutverlust einhergeht). Im Gegensatz dazu spricht man von einer Hypermenorrhö, wenn die Blutung stark ist und der Blutverlust mehr als 80 ml beträgt. Dauert die Blutung länger als acht Tage, liegt eine Menorrhagie vor (meist in Kombination mit erhöhtem Blutverlust).

Blutungen außerhalb des Zyklus werden als Zwischenblutungen (Metrorrhagie, Menometrorrhagie) beschrieben. Von einer Amenorrhö spricht man, wenn die Blutung über mindestens drei bis sechs Monate vollständig ausbleibt.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


1 Kommentar

Nebenwirkungen

von Stefan Seibert am 14.02.2022 um 14:12 Uhr

Unser alkwissendes Orakel hat gestern erst wieder bei Anne Will bestätigt, dass die Coronaimpfstoffe völlig frei von Nebenwirkungen sind.
Was fällt ihnen ein, hier einen Zusammenhang zu konstruieren. Und dem Karl zu widersprechen!
Sind sie etwa ein Aluhutträger?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.