FDA warnt

Karies und Zahnverlust unter Buprenorphin sublingual

Stuttgart - 21.03.2022, 07:00 Uhr

Die FDA warnt vor schweren Zahnproblemen bei sublingualer Buprenorphintherapie, wie bei Schmerzen oder zur Substitution. Was können Buprenorphinpatienten tun, um das Risiko für Zahnprobleme zu verringern? (Foto: sebra / AdobeStock)

Die FDA warnt vor schweren Zahnproblemen bei sublingualer Buprenorphintherapie, wie bei Schmerzen oder zur Substitution. Was können Buprenorphinpatienten tun, um das Risiko für Zahnprobleme zu verringern? (Foto: sebra / AdobeStock)


Mund mit Wasser nachspülen und regelmäßig zum Zahnarzt

Dennoch hat die FDA Tipps auf Lager, die das Risiko für Zahnprobleme unter sublingualem Buprenorphin zumindest verringern sollen. So rät sie Patienten, nachdem sich die Buprenorphintablette im Mund vollständig aufgelöst hat, den Mund mit einem großen Schluck Wasser zu spülen und diesen dann zu schlucken. Mit dem Zähneputzen sollte zudem mindestens eine Stunde gewartet werden, um Schäden (durch Putzen) an den Zähnen zu vermeiden. Die FDA empfiehlt – besonders bei bereits bestehenden Zahnproblemen in der Vergangenheit –, den Zahnarzt über die Einnahme von Buprenorphin zu informieren, regelmäßige Zahnarztbesuche während der Anwendung wahrzunehmen und bei Zahn- oder Zahnfleischproblemen den behandelnden Zahnarzt sofort zu benachrichtigen. Substitutionsärzte sollen ihre Patienten außerdem über die Möglichkeit schwerwiegender Zahnprobleme aufklären und eine zusätzliche zahnärztliche Grunduntersuchung zur Bewertung des Kariesrisikos empfehlen.

Jeder vierte Substitutionspatient erhält Buprenorphin

Dem jüngsten Substitutionsbericht des BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) vom Januar 2021 zufolge, erhielten in Deutschland 2020 zwischen 81.000 und 81.600 Menschen eine Substitutionstherapie. Die meisten Ärzte verordneten dabei Levomethadon (36,8 Prozent) und Methadon (36,6 Prozent), wobei Levomethadon 2020 erstmals den Anteil von Methadon überschritt. Der Anteil von Buprenorphin hingegen ist dem Bericht zufolge seit Jahren konstant und liegt bei etwa 23 Prozent. Anders in den Vereinigten Staaten. Der FDA zufolge steigt die Zahl der Substitutionspatienten, die orales Buprenorphin einnehmen in den letzten Jahren. So erhielten nach Schätzungen der FDA (anhand von Verordnungen aus Apotheken) 2014 noch elf Millionen Patienten Buprenorphin, 2020 waren es bereits 16 Millionen gewesen.

Das Besondere an Buprenorphin

Buprenorphin ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Opioide, bindet sehr stark an Opioidrezeptoren und wirkt als ein sogenannter Partialagonist, das bedeutet: Buprenorphin wirkt am µ-Opioidrezeptor zwar verstärkend, allerdings kann der Wirkstoff im Gegensatz zu einem vollen Agonisten (wie Morphin, Heroin) den Rezeptor nur unvollständig aktiveren – aber Buprenorphin kann Morphin und Heroin (weil es so stark bindet) dafür vom Rezeptor verdrängen. Am κ-Opioidrezeptor wirkt Buprenorphin als Partialagonist und zusätzlich als Antagonist (Gegenspieler). Aus diesem Grund muss beim Umstellen von beispielsweise Methadon auf Buprenorphin bei Substitutionspatienten ein Zeitfenster eingehalten werden – denn: Verdrängt Buprenorphin Methadon vom Rezeptor, wirkt dort aber weniger stark, kommt der Patient in einen Entzug.

Neben der gewünschten schmerzhemmenden und hustenreizstillenden Wirkung löst Buprenorphin, wie andere Opioide auch, jedoch Nebenwirkungen aus: Atemdepression. Allerdings zeigt Buprenorphin eine Besonderheit bei der unerwünschten und unter Umständen lebensbedrohlichen Atemdepression, und zwar den sogenannten Ceiling-Effekt. Das heißt: Das Ausmaß der atemdepressiven Wirkung ist begrenzt, und trotz Dosissteigerung verschlechtert sich die Atemdepression (und damit die Gefahr des Erstickens) kaum. Diese besonderen pharmakologischen Eigenschaften von Buprenorphin sind durchaus vorteilhaft für die Therapie von Substitutionspatienten und von Schmerzpatienten. Buprenorphin gilt als sicherer bei Überdosierungen, die bei vergleichbarer schmerzhemmender Dosierung von Morphin tödlich wären.

Buvidal: Buprenorphin als Depotspritze

Als sublinguale Tablette findet Buprenorphin Anwendung bei starken und sehr starken Schmerzzuständen (zum Beispiel Temgesic® sublingual) – wie nach Operationen und Verletzungen, bei Herzinfarkt und Tumoren – und zur Substitutionstherapie bei Opioidabhängigkeit (zum Beispiel Subutex® oder Suboxone® Sublingualfilm). Zur Schmerztherapie liegt Buprenorphin auch als transdermales Pflaster oder zur Injektion vor.

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Seit November 2018 (EU-Zulassung) gibt es neben schnellwirksamen Buprenorphinformulierungen für die Substitutionsbehandlung auch Buvidal®, ein Depotpräparat, das ermöglicht, dass Patienten ihre Drogenersatzdosis lediglich wöchentlich oder gar nur monatlich als subkutane Injektion erhalten. Das soll durch das Wegfallen täglicher Arztbesuche (um das Substitutionsmitteln unter Aufsicht einzunehmen) eine selbstbestimmte Lebensführung der Substitutionspatienten ebenso wie die gesellschaftliche Wiedereingliederung verbessern.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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