Vitamine

Drei Fragen zu Vitamin C

Stuttgart - 30.03.2022, 17:50 Uhr

Bei einer Erkältung sorgt eine heiße Zitrone direkt für mehr Wohlbefinden. Aber liegt das wirklich an der enthaltenen Ascorbinsäure? (x / Foto: Africa Studio / AdobeStock)

Bei einer Erkältung sorgt eine heiße Zitrone direkt für mehr Wohlbefinden. Aber liegt das wirklich an der enthaltenen Ascorbinsäure? (x / Foto: Africa Studio / AdobeStock)


Vitamin C ist über­le­bens­wich­tig, aber hilft es auch dabei Erkältungen zu bekämpfen? Und wenn ja: Wie viel Vitamin C ist zu empfehlen? Warum kann der menschliche Körper nicht, wie viele Tiere und Pflanzen, Vitamin C einfach selbst produzieren? Drei Fragen, deren Antworten Sie hier nachlesen können. 

Wahrscheinlich hat so gut wie jeder schon einmal Vitamin C bei einer Erkältung eingenommen – sei es aus natürlichen Quellen oder mithilfe von Nahrungsergänzungsmitteln. Doch wie sinnvoll ist das wirklich? Und welche Menge ist zu empfehlen? 

Lässt sich durch Einnahme von Vitamin C das Immunsystem „boostern“, sodass Erkältungskrankheiten keine Chance mehr haben?

Vitamin C wird immer wieder als Wunderwaffe gegen Erkältungen gepriesen. Unbestritten ist, dass Vitamin C für viele Stoffwechselprozesse und damit auch für unser Immunsystem unentbehrlich ist. Doch die Vorstellung, man könne durch reichliche Vitamin-C-Zufuhr die Immunabwehr regelrecht „boostern“, ist aus wissenschaftlicher Sicht höchst kritisch zu sehen. Der Ernährungsexperte Professor Martin Smollich vergleicht ein gut ausbalanciertes Immunsystem mit einem betankten Auto: Solange ausreichend Benzin im Tank ist, fährt das Auto. Es fährt nicht schneller oder besser, wenn man mehr Benzin hineinfüllt. Im menschlichen Körper gibt es bei normaler Ernährung so gut wie nie die Situation, dass der „Vitamin-C-Tank“ völlig leer ist. 

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Es gibt viele wissenschaftliche Studien und Metaanalysen, die positive Effekte einer Vitamin-C-Supplementierung auf das Immunsystem und die Häufigkeit von Erkältungskrankheiten untersucht haben. Leider zeigen sie nicht das gewünschte Ergebnis, das in eine generelle Empfehlung münden könnte.

Aber es hilft doch!?

Wie lässt sich aber erklären, dass viele Menschen sich trotzdem subjektiv deutlich besser fühlen, wenn sie bei Erkältungssymptomen ein Vitamin-C-Präparat einnehmen oder eine heiße Zitrone trinken? Hier hat der Psychoneuroimmunologe Professor Christian Schubert überzeugende Antworten gefunden: Nach heutigen Erkenntnissen stehen Immunsystem und Psyche in Wechselwirkung miteinander und sprechen eine „gemeinsame Sprache“. Allein die Bedeutung, die wir einem Produkt zuschreiben, also der Einnahme von Vitamin C bei Erkältung, erzeugt so viel Kraft und Sinn, dass der Organismus eine gewaltige Wirkung erfährt. Das im Körper erzeugte „Gefühl der Unterstützung“ stärkt das Immunsystem und die Wirksamkeit der Killerzellen. Jede Form der Nahrungsaufnahme, also auch der Aufnahme eines Nahrungsergänzungsmittels, steht zudem in einem sozialen Kontext. Ein als positiv und förderlich empfundenes Umfeld kann jedes „Superfood“ in ein „Soulfood“ verwandeln.

Fazit: Auch wenn die Wirkung von Vitamin C bei Erkältungskrankheiten nicht wissenschaftlich belegt ist, kann die Einnahme helfen. Ein „Boostern“ des Immunsystems im Sinne einer Impfung ist zwar nicht möglich, ein Wohlfühleffekt aber durchaus vorstellbar.

Gibt es einen weltweit gültigen Referenzwert für die Zufuhr von Vitamin C beim Menschen?

Einen weltweit gültigen Referenzwert für die Zufuhr von Vitamin C beim Menschen gibt es nicht. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt für 

  • Erwachsene eine tägliche Zufuhr von 95 bis 110 mg.
  • Schwangere und Stillende sollten 105 mg bzw. 125 mg Vitamin C pro Tag aufnehmen.
  • Raucherinnen und Rauchern sollten 135 mg bzw 155 mg zu sich nehmen.

International schwanken die Zufuhrempfehlungen stark 

Die WHO hält die tägliche Aufnahme von 45 mg für ausreichend, weil diese Dosierung die klassische Vitamin-C-Mangelerkrankung Skorbut effektiv verhindert. Präventive Effekte ausschöpfen möchten dagegen die US-Amerikaner. Das amerikanische „Institute of Medicine“ (IOM) empfiehlt deshalb sogar 200 mg pro Tag sowohl für Frauen als auch für Männer.

Die unterschiedlichen Werte zeigen: Nicht nur wissenschaftliche Messzahlen spielen eine Rolle, sondern auch kulturelle Bedürfnisse nach maximaler Sicherheit – sowie knappen Ressourcen geschuldete, gerade noch vertretbare Anpassungen nach unten.

Wie schaffen es Pflanzen und viele Tiere, Vitamin C endogen zu synthetisieren – und warum klappt das nicht im menschlichen Organismus?

Viele Lebewesen, auch unsere Nahrungspflanzen, synthetisieren L-Ascorbinsäure aus D-Glucose. Chemisch gesehen stellt die Ascorbinsäure ein Lacton dar, das sich aus der Glucuronsäure ableitet. Ein wichtiger oxidativer Reaktionsschritt wird dabei katalysiert durch das Enzym L-Gulonolacton-Oxidase. Dieses Enzym kann vom Menschen, aber auch einigen anderen Tieren, z. B. Primaten und Meerschweinchen, nicht gebildet werden. Wir sind also darauf angewiesen, Vitamin C mit unserer Nahrung zu uns zu nehmen – ebenso wie Affen und Meerschweinchen.

Sie möchten Ihr Wissen rund um Vitamin C auffrischen und weiterlesen, oder einen Podcast mit Professor Martin Smollich sowie Professor Christian Schubert als Experten hören? Dann finden Sie hier mehr. 



Reinhild Berger, Apothekerin
redaktion@daz.online


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