Kammerversammlung Niedersachsen

„Schneewittchens Apfel“ – Burs warnt vor Lieferdiensten

Berlin - 31.03.2022, 13:45 Uhr

Niedersachsens Kammerpräsidentin Cathrin Burs warnt die Apotheken, sich auf Lieferdienste wie Mayd einzulassen. (Screenshot: www.broitzemer-apotheke.de)

Niedersachsens Kammerpräsidentin Cathrin Burs warnt die Apotheken, sich auf Lieferdienste wie Mayd einzulassen. (Screenshot: www.broitzemer-apotheke.de)


Lauterbachs Spargesetz verhindern

Aus Berlin kommen allerdings aktuell keine günstigen Signale an die Apotheken: Das nicht abgestimmte und offenbar bereits kassierte Papier aus dem Bundesministerium für Gesundheit, in dem ein temporär erhöhter Kassenabschlag von 2 Euro sowie eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel angelegt ist, liegt dem Berufsstand schwer im Magen. „Da müssen wir sehr wachsam sein“, warnt Burs. Denn die Ideen geisterten offenbar durchs Ministerium. „Wir müssen jetzt auf allen Ebenen aktiv werden, um das zu verhindern.“

Sie selbst habe bereits mit der Niedersächsischen Landesgesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) über den Vorstoß ihres Parteigenossen Lauterbach gesprochen und sie für die wirtschaftliche Situation der Apotheken sensibilisiert. Wichtig sei es auch, die Umsatzsteigerung der Apotheken aus dem vergangenen Jahr richtig einzuordnen: Denn diese resultiere vor allem aus Leistungen, die die Apotheken fernab ihres Kerngeschäfts übernommen haben, wie etwa das Verteilen von Schutzmasken und das Ausstellen von Impfzertifikaten. „Dafür sollten wir uns nicht verlegen wegducken“, unterstreicht Burs. „Wir haben logistische Meisterleistungen erbracht, unsere Teams haben alles gegeben bis hin zur völligen Erschöpfung. Das Geld haben wir verdient.“

Lieferdienste auf dem Vormarsch

Von diesem Kuchen würden auch andere gern naschen: Start-ups, die mit Lieferdiensten à la Lieferando die sogenannte letzte Meile bis zum Kunden nach Hause überbrücken wollen, drängen derzeit zuhauf auf den Markt. Ihr Versprechen: Innerhalb von 30 Minuten nach der Bestellung soll der Patient sein Medikament an der Haustür in Empfang nehmen können – allerdings bevorzugt in Metropolregionen, in denen die Apothekendichte ohnehin vergleichsweise hoch ist.

Burs warnte die Kolleginnen und Kollegen eindringlich davor, sich auf solche Dienstleister als Partner einzulassen. „Es waren nicht deren Rider, die in der Krise die Menschen an der Nordseeküste und im Harz versorgt haben“, betont sie. „Das waren wir.“ Für Mayd und Co. stehe nicht die Gesundheitsversorgung der Menschen hierzulande im Vordergrund, sondern lediglich der Profit – zulasten der Apotheken. „Das ist eine ganz gefährliche Geschichte, die wirklich aus dem Ruder laufen kann.“ Die Präsidentin verglich das Angebot dieser Unternehmen an die Apotheken mit „Schneewittchens Apfel: Wirkt zunächst verlockend, bringt aber am Ende nur Unheil.“

Die ABDA prüfe die Geschäftsmodelle der Anbieter bereits sehr genau – doch damit allein sei es nicht getan. „Wenn Ihnen so ein Vertrag vorgelegt wird, denken Sie bitte gut darüber nach, was Sie da unterschreiben“, warnt Burs. „Wenn der Patient von einem Lieferdienst sein Arzneimittel bekommt und vorher im Callcenter beraten wurde, geben wir damit unsere Identität auf.“ Sie erinnert daran, dass das Konzept der Lieferdienste nur funktionieren könne, wenn sich Apotheken finden, die mitmachen. „Wir haben es selbst in der Hand.“



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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