Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

03.04.2022, 07:30 Uhr

Ran ans E-Rezept, einfach machen! (Foto: Alex Schelbert)

Ran ans E-Rezept, einfach machen! (Foto: Alex Schelbert)


31. März 2022

Mein liebes Tagebuch, erinnerst du dich noch an den ARMIN, den old fashioned  Typ aus Sachsen und Thüringen? Jetzt kommt ERIKA, die Coole von der Barmer: Sie könnte dem ARMIN zeigen, was heute im digitalen E-Rezept-Zeitalter möglich werden kann. Im Ernst, mein liebes Tagebuch, ARMIN, die Arzneimittelinitative Sachsen-Thüringen, ist natürlich inhaltlich nicht mit ERIKA zu vergleichen, dem neuen von der Barmer initiierten Projekt. Höchstens insoweit, dass beide irgendwie eine sichere und noch bessere Arzneimittelversorgung zum Ziel haben. Und in beiden Projekten spielen Apotheken eine neue und/oder eine verstärkte Rolle. Im ARMIN-Projekt, holprig gestartet im Jahr 2014, versuchten Ärzte und Apotheken besser zu kommunizieren und gemeinsam an einem Medikationsmanagement zu arbeiten. Die Ergebnisse der Evaluation von ARMIN hatte man für Ende 2021 angekündigt – mein liebes Tagebuch, erschienen ist noch nichts, wir warten noch. Aber jetzt zu ERIKA: Mit dem Projekt eRIKA („E-Rezept als Element interprofessioneller Versorgungspfade für kontinuierliche Arzneimitteltherapiesicherheit“) soll die Arzneimitteltherapiesicherheit erhöht werden, indem auf Basis des E-Rezepts die Kommunikation zwischen Ärzten und Apothekern bei der Medikation digital unterstützt wird. Man möchte über die Nutzung der Routinedaten der Kassen erreichen, dass der Überblick über die Medikation möglichst umfassend und aussagekräftig ist. Das Projekt, das Anfang Oktober dieses Jahres In Nordrhein-Westfalen, Berlin und dem Saarland starten soll, wird sogar aus dem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses mit knapp 12 Millionen Euro gefördert. Apotheken, die bei diesem Projekt mitmachen, sind in das Arzneimitteltherapie-Management mittels eRIKA eingebunden: Sie haben Zugriff auf den Medikationsplan, sie kennen die Gesamtmedikation des Patienten samt Selbstmedikation, leisten pharmazeutische Beratung und ermöglichen die Rückverfolgbarkeit der Arzneimittel bei chargenspezifischen Risiken. Mein liebes Tagebuch, eRIKA wird sich also des E-Rezepts, der digitalen E-Rezeptdaten und der Telematik-Infrastruktur bedienen. Aber dazu muss erstmal das E-Rezept ans Laufen gebracht werden…

 

Als ob die Apotheken nicht schon genug belastet wären: zunehmende Inflation, steigende Energie- und Personalkosten, verschärfte Großhandelskonditionen und jetzt steht auch noch der Entwurf eines Lauterbachschen Spargesetzes im Raum, der sich gewaschen hat: Durch eine Erhöhung des Kassenabschlags und eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel würden die Apotheken gleich zweimal gemolken. Wie Frank Diener vom Steuerbüro der Treuhand Hannover im DAZ.online-Interview vorrechnet, wäre das ein „Opferbeitrag in Höhe von rund 250 Millionen Euro jährlich, also ungefähr so viel, wie für die bisherige Notdienstvergütung und die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen zusammen vorgesehen ist“. Mein liebes Tagebuch, das ist für Apotheken nicht zu machen, zumal auch keine Dynamisierung des Packungshonorars vorgesehen ist. Diener sagt ganz deutlich: Mit den neuen pharmazeutischen Dienstleistungen, die irgendwann kommen sollen, lässt sich der Kostenanstieg nicht kompensieren, da diese Dienstleistungen ja mit Personal- und Sachkosten verbunden sind. Mein liebes Tagebuch, da bleibt nur die Hoffnung, dass unsere Berufsvertretung bei Lauterbach laut und deutlich vorspricht und ihm klar macht, dass die „Apothekenbestrafung“ aus dem Spargesetz gestrichen werden muss. Und es bleibt die Hoffnung, dass der Bundesfinanzminister keine Mehrwertsteuerabsenkung auf Arzneimittel akzeptiert.

 

Auf ihrer Kammerversammlung hat die niedersächsische Kammerpräsidentin Cathrin Burs davor gewarnt, mit den Lieferdiensten zusammenzuarbeiten, die sich derzeit in allen Großstädten den Apotheken andienen. „Das ist eine ganz gefährliche Geschichte, die wirklich aus dem Ruder laufen kann“, sagte sie. Mein liebes Tagebuch, womit sie Recht hat. Für diese Lieferdienst-Start-ups stehe nicht die Gesundheitsversorgung der Menschen im Vordergrund, sondern lediglich der Profit – zulasten der Apotheken. Mag sein, dass so ein Lieferdienst-Angebot an die Apotheke erstmal verlockend aussieht: Man spart sich den eigenen Botendienst und bezahlt ein paar Euro für den Lieferdienst. Allerdings wollen diese Start-ups vom Apothekenimage profitieren: Der Patient wurde zuvor vom Callcenter beraten und erhält dann vom Lieferdienst-Rider die Arzneimittel. Burs: „Wir geben damit unsere Identität auf.“ Mein liebes Tagebuch, die Apotheken haben es in der Tat selbst in der Hand, ob sie mit solchen Investoren-getriebenen Start-ups zusammenarbeiten wollen.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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2 Kommentare

Pärchen

von Karl Friedrich Müller am 03.04.2022 um 9:00 Uhr

das klappt bei uns schon deswegen nicht, weil CGM LAUER FISCHER immer noch nicht so weit ist und damit auch alle Apotheken nicht, die mit LF arbeiten.
Dazu bleibe ich dabei. Das eRezept ist eine Zumutung, weil überhaupt nichts klappt und zu viele Gefahren damit verbunden sind, eine noch größere Bürokratie und Aufwand, einige Praxen denn Schlendrian nicht abstellen (können) und nur eine Einrichtung ist, den Versand zu fördern.
Oiner isch immer dr Arsch, sag schon Wolle Kriwanek.
Hier sind es die Apotheken und auch die Arztpraxen.

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Einladung an die ABDA

von Ulrich Ströh am 03.04.2022 um 8:56 Uhr

Ob E-Rezepteinführung, pharmazeutische Dienstleistungen in der Implementierung,ARMIN und ERIKA, Lauterbachs Sparvorstellungen ,die aktuelle Dieselprämie der pharmazeutischen Großhändler…
Viele offene Fragen rund um die Präsenzapotheken.

Lieber Herr Ditzel, ich schlage vor, Sie laden Dr.Kern als Pressesprecher ABDA ,mal zum monatlichen Diskussionsaustausch an dieser Stelle am Sonntag ein.
Profitieren alle !
Geht nicht ,gibts nicht!

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