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Vorbehalte gegenüber Apotheken
Ambulante Pflegedienste meiden die Verblisterung
In Deutschlands Pflegeheimen werden die Bewohnerinnen und Bewohner auf unterschiedliche Weise mit Arzneimitteln versorgt. In etwa zwei Dritteln der Einrichtungen wird die Dauermedikation durch das Personal gestellt. Ein Drittel der Heime verwendet patientenindividuelle Einwegblister. Ambulante Pflegedienste sind dagegen – was die Verblisterung angeht – äußerst zurückhaltend. Einer aktuellen Studie zufolge lassen nur 7,8 Prozent die Medikation von Apotheken patientenindividuell neuverpacken. Es gibt Vorbehalte.
Geriatrische Patientinnen und Patienten erhalten im Schnitt acht bis zehn verschiedene Arzneistoffe pro Tag. Die ordnungsgemäße Bereitstellung und Verabreichung der Medikation, vor allem in Pflegeheimen oder durch ambulante Pflegedienste, ist deshalb eine anspruchsvolle Herausforderung, die alle an der Versorgungskette beteiligten Berufsgruppen – Ärzte, Apotheker und Pflegende – einschließt.
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Obwohl in Deutschland mehr als vier Millionen Menschen als pflegebedürftig gelten, von denen ein Fünftel (also rund eine Million) vollstationär in Pflegeheimen versorgt wird, existieren, laut Prof. Thomas Schmid von der Hochschule Kempten, bisher nur lückenhaft Daten dazu, wie die individualisierte Arzneimittelversorgung dieser Patientengruppe genau durchgeführt wird. Im Rahmen verschiedener Studien beschäftigen sich Schmid und seine Arbeitsgruppe daher mit der Frage, wie genau das Stellen und die Verblisterung der Dauermedikation für Pflegebedürftige Anwendung findet.
Bereits 2018 präsentierte der Professor für Betriebswirtschaftslehre in der Gesundheitswirtschaft die Ergebnisse seiner Befragung von mehr als 1.100 deutschen Pflegeheimen. Demnach verwendet etwa ein Drittel der Heime patientenindividuelle Einwegblister, hergestellt in Apotheken bzw. Blisterzentren, bei denen Schlauchblister den größten Anteil haben, gefolgt von Karten- und BecherBlistern. Zwei Drittel der Pflegeheime stellen dagegen die Dauermedikation der Bewohner, teils in mehrfach verwendeten Tages- oder Wochendispensern, teils in mehrfach verwendeten Medizin- oder Medikamentenbechern. In etwa 10 Prozent der Heime übernehmen Apotheken das Stellen.
Ambulanter Sektor wird wachsen
Den zehnprozentigen Anteil halten die Autorinnen und Autoren der Studie für bemerkenswert, denn bis zur Novelle der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) im Jahr 2012 war es durchaus gängig, dass das Apothekenpersonal die Medikation in den Räumen der Heime stellte. Dieses Prozedere ist inzwischen rechtswidrig. § 34 Abs. 3 ApBetrO schreibt Apotheken nun einen separaten Raum für das Stellen vor. Zahlreiche Apotheken scheinen dieser Anforderung offenbar nachgekommen zu sein, sodass das Stellen durch Apotheken fünf Jahre später, also 2017, zum Zeitpunkt der Befragung, zwar keine dominante Rolle in der Heimversorgung einnahm, aber trotzdem noch in signifikantem Ausmaß praktiziert wurde.
Doch wie sieht es im ambulanten Sektor der Pflege aus, in dem viermal mehr Menschen versorgt werden? Dass dieser Anteil in Zukunft sogar deutlich wachsen könnte, machte der Arzt und Apotheker Prof. Harald Schmidt bei der Interpharm online 2022 im Rahmen von Heimversorgung Kompakt deutlich. Eine aktuelle Studie aus dem Kemptener Arbeitskreis um Prof. Schmid kommt zu dem Ergebnis, dass bei ambulanten Pflegediensten offenbar Vorbehalte gegenüber der patientenindividuelle Neuverpackung durch Apotheken existieren
Mehrheit der ambulanten Dienste stellt selbst
Von den 690 befragten Diensten gaben 40 Prozent an, dass sie Verordnungen für das Stellen von Arzneimitteln erhielten. Die überwiegende Mehrheit stellt die Medikation ihrer Klienten dabei selbst, insbesondere in Form von Tages- und Wochendispensern. Nur 7,8 Prozent der Pflegedienste lassen die Medikation ihrer Patientinnen und Patienten von Apotheken individuell neuverpacken. Eine Verblisterung in Schlauch-, Karten- bzw. Becher-Blister fand für 5,9 Prozent der Pflegedienste statt, die übrigen von Apotheken mit neuverpackter Ware versorgten Pflegedienste wurden mit Dispensern oder Medikamentenbechern beliefert.
Die Verbreitung der Neuverpackung durch Apotheken für ambulante Pflegedienste liegt damit weit hinter der von Pflegeheimen, für die im Rahmen der Studie aus 2017 etwa fünffach höhere Versorgungsanteile festgestellt wurden.
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Schmid und seine Kolleginnen und Kollegen forschten auch nach den Ursachen für diese Zurückhaltung bei den ambulanten Pflegediensten. Von den Anbietern, die selbst Arzneimittel stellen und die wissen, was mit Verblisterung durch Apotheken gemeint ist, gab mehr als die Hälfte an, dass sie dieser Dienstleistung skeptisch gegenüberstehen. Als wichtigste Bedenken wurde dabei die Angst vor Flexibilitätsverlust zum Beispiel bei einer Medikationsänderung angegeben. Auch glauben skeptische Pflegedienste häufiger, bei einer Umstellung auf das Verblistern durch Apotheken keine Vergütung mehr zu bekommen.
Die Studienautoren kommentieren, dass diese Vorbehalte gleichzeitig Missverständnisse seien. Denn einerseits beobachteten sie bei der Zufriedenheit nur wenige Unterschiede zwischen den Pflegediensten, die selbst stellten und solchen, für die Apotheken die Neuverpackung vornahmen. Insbesondere bei der Flexibilität waren beide Gruppen gleich zufrieden. Andererseits müssten die Dienste bei einer Umstellung auf Neuverpackung durch die Apotheke nicht befürchten, keine Vergütung mehr zu erhalten, da sie Verordnungen zum Stellen in der Regel weiter abrechnen könnten, wenn sie eine Apotheke beauftragen.
Wie kommen Apotheken an die Pflegedienste?
Signifikante und relevante Unterschiede in der Zufriedenheit zwischen Pflegediensten, die selbst stellten und solchen, für die Apotheken neuverpackten, gab es lediglich bei zwei Kriterien. Bei der Wirtschaftlichkeit waren letztere zufriedener, bei der Stärkung der Arzneimittelkompetenz des Pflegepersonals diejenigen, die selbst stellten. „Insofern werden sich die Apotheken Mechanismen einfallen lassen müssen, wie sie dieses Bedürfnis der Pflegedienste adressieren könnten, wenn sie mehr ambulante Pflegedienste überzeugen wollen, Arzneimittel verblistern zu lassen“, fassen Prof. Thomas Schmid und sein Team für die DAZ die Ergebnisse zusammen, und weiter: „Der Schlüssel hierzu könnte in einer Stärkung der Zusammenarbeit liegen, wie sie in interprofessionellem Medikationsmanagement oder gemeinsamen Schulungen gelebt werden kann.“
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