Vorbehalte gegenüber Apotheken

Ambulante Pflegedienste meiden die Verblisterung

Stuttgart - 14.04.2022, 15:15 Uhr

Signifikante und relevante Unterschiede in der Zufriedenheit zwischen Pflegediensten, die selbst stellten und solchen, für die Apotheken neuverpackten, gab es lediglich bei zwei Kriterien. (Foto: karelnoppe / AdobeStock)

Signifikante und relevante Unterschiede in der Zufriedenheit zwischen Pflegediensten, die selbst stellten und solchen, für die Apotheken neuverpackten, gab es lediglich bei zwei Kriterien. (Foto: karelnoppe / AdobeStock)


In Deutschlands Pflegeheimen werden die Bewohnerinnen und Bewohner auf unterschiedliche Weise mit Arzneimitteln versorgt. In etwa zwei Dritteln der Einrichtungen wird die Dauermedikation durch das Personal gestellt. Ein Drittel der Heime verwendet patientenindividuelle Einwegblister. Ambulante Pflegedienste sind dagegen – was die Verblisterung angeht – äußerst zurückhaltend. Einer aktuellen Studie zufolge lassen nur 7,8 Prozent die Medikation von Apotheken patientenindividuell neuverpacken. Es gibt Vorbehalte.

Geriatrische Patientinnen und Patienten erhalten im Schnitt acht bis zehn verschiedene Arzneistoffe pro Tag. Die ordnungsgemäße Bereitstellung und Verabreichung der Medikation, vor allem in Pflegeheimen oder durch ambulante Pflegedienste, ist deshalb eine anspruchsvolle Herausforderung, die alle an der Versorgungskette beteiligten Berufsgruppen – Ärzte, Apotheker und Pflegende – einschließt.

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Obwohl in Deutschland mehr als vier Millionen Menschen als pflegebedürftig gelten, von denen ein Fünftel (also rund eine Million) vollstationär in Pflegeheimen versorgt wird, existieren, laut Prof. Thomas Schmid von der Hochschule Kempten, bisher nur lückenhaft Daten dazu, wie die individualisierte Arzneimittelversorgung dieser Patientengruppe genau durchgeführt wird. Im Rahmen verschiedener Studien beschäftigen sich Schmid und seine Arbeitsgruppe daher mit der Frage, wie genau das Stellen und die Verblisterung der Dauermedikation für Pflegebedürftige Anwendung findet. 

Bereits 2018 präsentierte der Professor für Betriebswirtschaftslehre in der Gesundheitswirtschaft die Ergebnisse seiner Befragung von mehr als 1.100 deutschen Pflegeheimen. Demnach verwendet etwa ein Drittel der Heime patientenindividuelle Einwegblister, hergestellt in Apotheken bzw. Blisterzentren, bei denen Schlauchblister den größten Anteil haben, gefolgt von Karten- und Becher­Blistern. Zwei Drittel der Pflegeheime stellen dagegen die Dauermedikation der Bewohner, teils in mehrfach verwendeten Tages- oder Wochendispensern, teils in mehrfach verwendeten Medizin- oder Medikamentenbechern. In etwa 10 Prozent der Heime übernehmen Apotheken das Stellen.

Ambulanter Sektor wird wachsen

Den zehnprozentigen Anteil halten die Autorinnen und Autoren der Studie für bemerkenswert, denn bis zur Novelle der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) im Jahr 2012 war es durchaus gängig, dass das Apothekenpersonal die Medikation in den Räumen der Heime stellte. Dieses Prozedere ist inzwischen rechtswidrig. § 34 Abs. 3 ApBetrO schreibt Apotheken nun einen separaten Raum für das Stellen vor. Zahlreiche Apotheken scheinen dieser Anforderung offenbar nachgekommen zu sein, sodass das Stellen durch Apotheken fünf Jahre später, also 2017, zum Zeitpunkt der Befragung, zwar keine dominante Rolle in der Heimversorgung einnahm, aber trotzdem noch in signifikantem Ausmaß praktiziert wurde.

Doch wie sieht es im ambulanten Sektor der Pflege aus, in dem viermal mehr Menschen versorgt werden? Dass dieser Anteil in Zukunft sogar deutlich wachsen könnte, machte der Arzt und Apotheker Prof. Harald Schmidt bei der Interpharm online 2022 im Rahmen von Heimversorgung Kompakt deutlich. Eine aktuelle Studie aus dem Kemptener Arbeitskreis um Prof. Schmid kommt zu dem Ergebnis, dass bei ambulanten Pflegediensten offenbar Vorbehalte gegenüber der patientenindividuelle Neuverpackung durch Apotheken existieren 



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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