Nach Übernahme durch Shop Apotheke

First A: Können Partnerapotheken einfach aussteigen?

Stuttgart - 14.04.2022, 17:50 Uhr

Können die Apotheken aus der Zusammenarbeit mit First A nach der Übernahmen durch Shop Apotheke aussteigen? (c / Foto: Rawf8/AdobeStock)

Können die Apotheken aus der Zusammenarbeit mit First A nach der Übernahmen durch Shop Apotheke aussteigen? (c / Foto: Rawf8/AdobeStock)


Die Arzneimittellieferplattform First A gehört nun zum Versandhändler Shop Apotheke. Für die eine oder andere Partnerapotheke könnte das ein Anlass sein, die Zusammenarbeit zu überdenken. Schließlich hatte man in die Kooperation mit einem Start-up eingewilligt und nicht in die mit einem niederländischen Arzneimittelversender. Können die Apotheken die Zusammenarbeit nun einfach beenden? Wir haben bei zwei Rechtsanwälten nachgefragt.

Dass erfolgreiche Start-ups von großen Playern im Markt aufgekauft werden, ist nichts Ungewöhnliches – ganz im Gegenteil: Für viele Gründer ist es das erklärte Ziel, ihr Unternehmen zum gegebenen Zeitpunkt für einen möglichst hohen Preis zu verkaufen. Jüngste Beispiele: das Gewürz-Start-up Ankerkraut, das nun zu Nestlé gehört, und die Apothekenlieferplattform First A. Hier hat der niederländische Arzneimittelversender Shop Apotheke zugeschlagen. Der Kaufpreis setzt sich laut Shop Apotheke aus „einem bei Vollzug fälligen Betrag und bedingten erfolgsabhängigen Earn-Outs auf Basis vorab vereinbarter finanzieller Erfolgsparameter (KPIs) über die kommenden vier Jahre zusammen“ und soll sich voraussichtlich insgesamt auf einen zweistelligen Millionenbetrag belaufen.

Doch was bedeutet die Übernahme für die Partnerapotheken von First A? Schließlich arbeiten diese von einem Tag auf den anderen nicht mehr mit einem Start-up zusammen, das das eigene Angebot ergänzt, sondern mit der direkten Konkurrenz – einem Versandhändler jenseits der niederländischen Grenze. Und somit wäre es nicht verwunderlich, wenn die eine oder andere Apotheke aussteigen möchte.

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Doch geht das so einfach? Diese Frage abstrakt zu beantworten, ist laut Rechtsanwalt Morton Douglas ohne Kenntnis des jeweiligen Vertrages schwer. Aber nach seinem Verständnis ist der Dienstleister First A an den Start gegangen, um eine Alternative für die niedergelassene Apotheke zu bieten und diese zu unterstützen, sich im Wettbewerb mit den Versandkonzernen mit diesem Angebot zu stärken. Wenn nun einer der beiden großen Gegner plötzlich hier als Gesellschafter auftaucht, ist dies in seinen Augen ein Kündigungsgrund, da eine Fortführung des Vertrages unter diesen Umständen unzumutbar sei, erklärt der Freiburger Rechtsanwalt auf Nachfrage der DAZ. „Daher kann nach meinem Verständnis eine Apotheke ihren Vertrag schlicht kündigen“, so Douglas.

Der Stuttgarter Rechtsanwalt Dr. Timo Kieser sieht die Sache ebenso. Aus seiner Sicht gibt es für betroffene Apotheker gute Argumente, ihren Vertrag mit First A aus wichtigen Grund nach § 314 BGB zu kündigen. Ein „wichtiger Grund“ liegt vor, wenn dem kündigenden Partner (also hier der Apotheke) unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden kann, das Vertragsverhältnis bis zu seinem regulär möglichen Ende fortzusetzen. Für Kieser ist die Übernahme von First A durch Shop Apotheke ein solcher wichtiger Grund. Den bisherigen Partnern von First A könne nicht zugemutet werden, faktisch ihre Konkurrenz – die Shop Apotheke – zu stärken und dieser den Weg für eine noch bessere Erschließung des inländischen Marktes zu ermöglichen.

Ungeachtet dessen könne jede Apotheke jederzeit die Belieferung einstellen, etwa weil sie aus Gründen der Kapazität nicht in der Lage ist, die in diesem Fall ebenfalls erforderliche Beratung zu leisten, so Morton Douglas weiter. „Ohne dass mir dies im Detail bekannt ist, müsste eine solche Möglichkeit für jede Apotheke bestehen. Und wenn daher nun eine Apotheke sich schlicht dauerhaft auf Nicht-Lieferfähigkeit stellt, dann könnte natürlich First A überlegen, aus diesem Grund den Vertrag zu kündigen. Aber dies wäre dann keine Drohung mehr, sondern eine Erlösung.“

Darüber hinaus sieht Douglas gegebenenfalls noch einen weiteren Ansatz, um aus einem Vertrag mit First A herauszukommen. Er hält nämlich die umsatzabhängige Vergütung im Bereich der Arzneimittel für problematisch, da sie wohl gegen § 8 Apothekengesetz verstoße. Damit wäre der Vertrag nach § 12 Apothekengesetz sowieso nichtig, so Douglas.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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