Die Top-12-Kinderarzneistoffe

Paracetamol: Besser Säfte als Zäpfchen?

Rosenheim - 26.04.2022, 07:00 Uhr

Propylenglycol ist ein Hilfsstoff in Arzneimittel-Säften, der unter vier Jahren möglichst nicht oder nur sehr niedrig dosiert verwendet werden sollte. (c / Foto: Schelbert / DAV)

Propylenglycol ist ein Hilfsstoff in Arzneimittel-Säften, der unter vier Jahren möglichst nicht oder nur sehr niedrig dosiert verwendet werden sollte. (c / Foto: Schelbert / DAV)


In der Serie „Die Top-12-Kinderarzneistoffe“ beleuchtet die DAZ die Arzneimittel, die laut TK-Arzneimittelreport am häufigsten von Kinder- und Jugendmedizinern verordnet werden, aber auch in der Selbstmedikation zum Einsatz kommen. Heute geht es um Paracetamol und die Frage, ob Säfte eigentlich besser sind als Zäpfchen.

Ob gegen Schmerzen oder Fieber, als Saft oder Zäpfchen: Paracetamol haben wohl alle Eltern in ihrer Hausapotheke. Korrekt dosiert ist es sicher und wirksam – allerdings müssen Überdosierungen unbedingt vermieden werden. Das gilt auch für kritische Hilfsstoffe wie Propylenglycol.

Bei Kindern gibt es zahlreiche Ursachen für Fieber: Sei es ein grippaler Infekt, Zahnungsbeschwerden oder eine Impfung. Bei Schmerzen und Fieber kommt – neben Ibuprofen – am häufigsten Paracetamol zum Einsatz, und zwar sowohl auf ärztliche Verordnung als auch in der Selbstmedikation. Paracetamol darf bereits ab Geburt angewendet werden und ist in den kinderfreundlichen Darreichungsformen Saft, Suppositorien oder für größere Kinder als Direktgranulat auf dem Markt.

Üblicherweise wird es nach Körpergewicht dosiert: 10 bis 15 mg/kg Körpergewicht (KG) als Einzeldosis, eine Wiederholung ist nach sechs bis acht Stunden möglich. Bei Zäpfchen sollte die Dosis auf die am besten passende Stärke gerundet werden. Ergibt sich daraus eine eigentlich zu niedrige Einzeldosierung, ist die Tagesdosis auf vier statt drei Dosen aufzuteilen. Als maximale Tagesdosis werden üblicherweise 60 mg/kg KG angegeben, teilweise finden sich in der Literatur sogar Tageshöchstdosen bis 90 mg/kg KG nach operativen Eingriffen. Überdosierungen müssen jedoch unbedingt vermieden werden! Denn Einzeldosen ab 140 mg/kg KG führen zu Leberzellnekrosen und enden schlimmstenfalls tödlich. Selbst wiederholte Tagesdosen zwischen 60 und 90 mg/kg KG können durch einen reduzierten Glutathion-Vorrat bei einigen Kindern Vergiftungssymptome auslösen. Antidot der Wahl ist bei einer Intoxikation Acetylcystein. Grundsätzlich sollte Paracetamol nicht länger als drei Tage ohne ärztlichen Rat angewendet werden.

Wirken Säfte schneller?

Die Magenentleerung von Säuglingen ist in den ersten sechs bis acht Lebensmonaten verzögert. Sind Zäpfchen also die bessere Wahl? Das kann man so nicht sagen, denn während orale Dosen nahezu vollständig resorbiert werden, sind es bei rektaler Anwendung nur 68 bis 88 Prozent. Außerdem werden maximale Plasmakonzentrationen bei Zäpfchen erst nach drei bis vier Stunden, gegenüber 30 bis 60 Minuten nach oraler Einnahme, erreicht.

Der Wirkeintritt korreliert zwar nicht mit dem Blutspiegel, sondern am ehesten mit dem Wirkspiegel der Zerebrospinalflüssigkeit. Dennoch ist es in der Praxis möglich, dass Zäpfchen langsamer wirken oder womöglich gar nicht die nötigen Wirkspiegel erreichen, die für eine rasche und adäquate Analgesie – nicht Antipyrese! – nötig sind. 

Braucht es rektal bei Schmerzen eine Loading-Dose?

Denn in der Literatur finden sich Hinweise, dass eine Analgesie doppelt so hohe Wirkspiegel erfordert wie die Fiebersenkung. Einige Autoren empfehlen daher bei rektaler Anwendung gegen Schmerzen eine höhere Initialdosis als „Loading-Dose“. 

Auch das Kinderformularium empfiehlt bei starken akuten Schmerzen beziehungsweise postoperativ eine höhere Initialdosis, gefolgt von niedrigeren Erhaltungsdosen – und zwar nur bei rektaler Anwendung, nicht bei oraler Gabe. Ein solches Therapieregime sollte aber – ebenso wie ein Wechsel zwischen Paracetamol und Ibuprofen – explizit vom Arzt angeordnet beziehungsweise individuell besprochen werden. 

Geht es um Fiebersenkung oder leichte Schmerzen in der Selbstmedikation, scheinen Unterschiede in der Praxis jedoch vernachlässigbar. Die meisten Quellen differenzieren ohnehin nicht zwischen der Indikation und zudem äußern Eltern meist eine klare Präferenz gegenüber oraler oder rektaler Gabe.



Anna Carolin Antropov, Apothekerin
redaktion@daz.online


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