Eröffnungsrede beim Pharmacon Meran

Benkert: „Wir haben Knochenarbeit geleistet“

Meran - 22.05.2022, 14:00 Uhr

BAK-Präsident Thomas Benkert am Sonntag beim Pharmacon in Meran. (b/Foto: DAZ)

BAK-Präsident Thomas Benkert am Sonntag beim Pharmacon in Meran. (b/Foto: DAZ)


Die Apotheken in Deutschland waren in der Krise zur Stelle. In der Konsequenz gelte es nun, dieses flächendeckende Netz zu stärken und nicht durch Einsparungen zu gefährden, sagte BAK-Präsident Thomas Benkert am Sonntag beim Pharmacon in Meran. Damit das gelingt, brauche es nicht nur Geld, sondern auch Personal – hier benötige der Berufsstand die Unterstützung der Politik.

Die Apotheken waren während der Pandemie ein Fels in der Brandung. Ob sie Desinfektionsmittel herstellen, Masken verteilen, Impfstoffe an die Praxen liefern oder selbst zur Spritze greifen sollten – wann immer sie gebraucht wurden, waren sie zur Stelle. Dafür seien sie fair entlohnt worden, sagte der Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), Thomas Benkert, am Sonntag in seiner Eröffnungsrede beim Pharmacon Meran. Denn: „Wir haben Knochenarbeit geleistet.“

Dieses Momentum gelte es nun mitzunehmen. Dazu müsse man die Politik regelmäßig daran erinnern, welche Stütze die Apotheken in der Krise waren. Denn mit Blick auf den Entwurf für ein GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, das im März kurzzeitig kursierte, dann aber direkt wieder einkassiert wurde, scheine das angebracht. Schon bald will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einen neuen, angepassten Entwurf vorlegen – abzuwarten bleibt, wie stark die darin vorgesehenen Einsparinstrumente die Apotheken belasten werden. Zur Erinnerung: Die Kombination aus temporär erhöhtem Kassenabschlag auf 2 Euro und der Absenkung der Mehrwertsteuer auf GKV-Arzneien brächte die Apotheken um 38 Cent je Rx-Packung, die sie zulasten der Krankenkassen abgeben.

Aus Benkerts Sicht sind Einsparungen zulasten der Apotheken aktuell fehl am Platz. Sie sind seit Jahren von der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland abgekoppelt, gleichzeitig belasten sie die steigenden Kosten für zum Beispiel Energie, Sprit und Personal ebenso wie alle anderen. „Ich appelliere daher an die Politik: Schwächen Sie nicht die finanzielle Situation der Apotheken und gefährden die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung.“ Stattdessen erinnerte er an den Inhalt des Koalitionsvertrags – darin war noch von einer Stärkung der Vor-Ort-Apotheken die Rede gewesen. „Eine gute Arzneimittelversorgung braucht – auch in wirtschaftlicher Hinsicht – verlässliche Rahmenbedingungen!“

Ein Baustein, um die Situation der Apotheken zu stabilisieren, sollen die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen sein. Am vergangenen Donnerstag fand der wohl letzte Termin diesbezüglich vor der Schiedsstelle statt. Worauf sich die Beteiligten nun verständigt haben, was das Dienstleistungspaket und die Vergütung der Apotheken betrifft, bleibt allerdings unter Verschluss, bis der schriftliche Schiedsspruch vorliegt. „Das ist zwar einerseits bedauerlich, denn wir alle sind gespannt auf die vereinbarten Dienstleistungen. Es ist aber auch verständlich, dass die öffentliche Kommunikation erst dann erfolgen soll, wenn alles in trockenen Tüchern – in diesem Fall schwarz auf weiß auf bedrucktem Papier – ist“, sagte Benkert.

Impfende Apotheker:innen – ein Erfolgsmodell

Doch auch in anderen Bereichen entwickeln sich die Apotheken weiter und erweitern ihr Leistungsspektrum: Zwar stoßen alle politischen Initiativen, das Impfen in den Betrieben zu ermöglichen, auf massiven Widerstand seitens der Ärztelobby. Dennoch trat die Bundesregierung mit dem Wunsch an die Apotheker:innen heran, an der Nationalen Impfkampagne zu partizipieren und Menschen gegen COVID-19 zu immunisieren – aus Sicht des BAK-Präsidenten der Beginn einer Erfolgsgeschichte: „Wir erreichen mit unserem niedrigschwelligen Angebot auch Menschen, die wegen einer Impfung nicht zum Arzt gehen würden. Dafür sind die Apotheken prädestiniert“, so Benkert. „Kurzum: Apotheker können und machen es.“

Dem Personalmangel entgegenwirken

Erst am Donnerstag hat der Deutsche Bundestag das Pflegebonusgesetz verabschiedet, mit dem er auch Grippeimpfungen in den Apotheken in die Regelversorgung überführt. Deutscher Apothekerverband und GKV-Spitzenverband sollen demnach in einem Vertrag regeln, wie die Apotheken dafür vergütet werden. Benkert ist zuversichtlich, dass eine Einigung deutlich schneller zu erreichen sein wird, als es bei den pharmazeutischen Dienstleistungen der Fall war. Denn der Kassenverband habe bereits Zustimmung zu diesem neuen Angebot signalisiert. „Ich würde mich sehr freuen, wenn wir hier auch mit den Ärzten an einem Strang ziehen und die Steigerung der Impfquote in den Mittelpunkt rücken.“

Die Krux an all den neuen Angeboten liegt jedoch auf der Hand: Dafür brauchen die Apotheken zusätzliches Personal. Und daran mangelt es ohnehin bereits. Benkert setzt Hoffnung in die neue Ausbildungsordnung für PTA, die angehende pharmazeutisch-technische Assistentinnen und Assistenten noch besser als bisher auf das Berufsleben vorbereiten soll. Zudem fordert er eindringlich, endlich das Schulgeld für PTA abzuschaffen. „Dies ist für uns ein eklatanter Wettbewerbsnachteil in dem angespannten Markt um den Nachwuchs und muss dringend geändert werden.“

Benkert fordert mehr Pharmaziestudienplätze

Auch in der Novellierung der Approbationsordnung für Apotheker:innen sieht Benkert große Chancen. Ein Positionspapier dazu haben BAK, Studierende, Professoren und andere gemeinsam an einem virtuellen Runden Tisch entworfen. „Das Ergebnis ist somit DIE Position der Apothekerschaft.“ Kostenneutral werde sich die Weiterentwicklung des Pharmaziestudiums allerdings nicht umsetzen lassen, räumt Benkert ein. Die Umsetzung dürfe keinesfalls dazu führen, dass die Betreuungsintensität sich verschlechtere oder die Zahl der Studienplätze sich verringere – im Gegenteil: Der BAK-Präsident fordert, gleichzeitig mehr Apotheker:innen an den Universitäten auszubilden als bisher.

Schon seit Jahren sind Apotheker:innen Mangelware – Benkert wünsch sich von der Politik nun ein klares Signal, hier Abhilfe zu schaffen. Denn wozu ein starkes Apothekennetzwerk fähig ist, sollte spätestens in der Pandemie klar geworden sein. „Viele, die bis dato eher nicht unsere Kunden waren, haben in dieser Zeit die Apotheke schätzen gelernt. Was bisher ganz selbstverständlich war, rückte plötzlich sehr deutlich in das Bewusstsein: Die heilberuflich und inhabergeführte Apotheke ist mit ihrer Patientennähe, ihrer Erreichbarkeit und ihrem Angebot nicht zu ersetzen!“



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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