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Wenn das Hirn insulinresistent wird
Diabetes und Alzheimer – gibt es einen Zusammenhang?
Was hat Alzheimer mit Insulinresistenz zu tun? Und kann man etwa mit Empagliflozin der Erkrankung vorbeugen? Das untersucht Professor Martin Heni aus Tübingen mit seinem Arbeitskreis. Beim Pharmacon in Meran gab er einen Einblick in seine aktuelle Forschung.
Dass Zellen insulinresistent werden können, ist bekannt. Doch was hat es für Folgen, wenn diese Insulinresistenz im Gehirn auftritt? Daran forscht der Internist, Diabetologe und Endokrinologe Professor Martin Heni vom Universitätsklinikum Tübingen zusammen mit seinem Team.
Sie fanden heraus: Bei Übergewichtigen, deren Körperzellen eine Insulinresistenz aufweisen, ist meist auch der Transport des Hormons über die Blut-Hirn-Schranke gestört. „Im Liquor beträgt die Konzentration etwa ein Zehntel der Konzentration im Körper, aber die Streuung ist sehr groß“, berichtete der Arzt beim Pharmacon in Meran.
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Wo genau Insulin im Gehirn wirkt, untersuchten sie, indem sie freiwilligen Probanden 160 IE Insulin per Nasenspray verabreichten – eine Abkürzung ins Gehirn – und dann die Hirnaktivität maßen. Dabei stellten sie fest, dass Insulin mit sehr spezifischen Hirnregionen interagiert, die zum Beispiel für die Bewertung von Essen (lecker oder nicht lecker), das Sättigungsgefühl, den Appetit und die inhibitorische Kontrolle von Verhalten (aufhören zu essen) verantwortlich zeichnen.
Kognition verbessern mit Sport?
Doch auch im Hippocampus löst Insulin nach Henis Erkenntnissen einen Effekt aus – dieser Teil des Gehirns ist unter anderem für das Gedächtnis zuständig. Kann eine Insulinresistenz also möglicherweise ein Auslöser für Alzheimerdemenz sein? Diese These passt laut Heni. Denn frühere Studien zeigten bereits, dass die kognitive Leistung besonders insulinsensitiver Senioren mit hohem Demenzrisiko im Vergleich zu Senioren mit Insulinresistenz deutlich langsamer abnimmt.
Der Professor und sein Team stellten die Gretchenfrage: Ist eine Insulinresistenz behandelbar, zum Beispiel mit Sport oder medikamentös? Denn nach ihrer Theorie könnte sich damit eventuell auch der kognitive Verfall verlangsamen lassen, der bei Menschen mit Alzheimerdemenz zu beobachten ist.
Insulinresistenz verbessert sich
Um das herauszufinden, rekrutierten sie zunächst 21 übergewichtige beziehungsweise adipöse, unsportliche Freiwillige mit Insulinresistenz im Alter von 22 bis 40 Jahren. Sie mussten acht Wochen lang dreimal die Woche Sport machen, überwacht in einem Zentrum. Das Ergebnis: Ihre Insulinresistenz im Gehirn verbesserte sich deutlich.
Ob auch eine medikamentöse Intervention etwas bringt, untersuchten sie anhand des Wirkstoffs Empagliflozin. Bei diesem SGLT2-Hemmer gehen Wissenschaftler:innen schon länger davon aus, dass er einen Effekt über die postulierte Wirkung am natriumabhängigen Glucosetransporter Typ 2 (SGLT2) in der Niere hinaus aufweist – denn der Arzneistoff zeigt auch bei niereninsuffizienten Patientinnen und Patienten eine Wirkung.
Bessere Insulinsensitivität im Gehirn durch Empagliflozin?
Heni und sein Team vermuteten, dass Empagliflozin auch die Insulinsentitivität im Gehirn verbessern könnte. Um das zu belegen, rekrutierten sie erneut übergewichtige Prädiabetiker:innen, die sodann über acht Wochen hinweg täglich 25 mg der Substanz einnehmen sollten. Die Kontrollgruppe bekam ein Placebo. Nach zwei Monaten hatte sich die Insulinresistenz der Verumgruppe deutlich verbessert, während sich in der Placebogruppe kein Effekt einstellte.
Bahnt sich also dank Heni und Kollegen eine neue Möglichkeit an, Menschen mit Alzheimerdemenz zu behandeln? Der Professor zeigte sich in Meran skeptisch, ob sich aus seinem Forschungsansatz wirklich eine Therapie für bereits Erkrankte ergeben könnte. „Ich kann mir eher vorstellen, dass es Richtung Alzheimer-Prävention gehen wird“, sagte er. Auf weitere Forschungsergebnisse Henis darf man also durchaus gespannt sein.
Hier gelangen Sie zur Publikationsliste von Professor Martin Heni.
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