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Obszöne Anrufe
Rheinland-Pfalz und Hamburg fordern Schutz für Approbierte im Notdienst
Obszöne Anrufe im Notdienst sind ein weit verbreitetes, doch oftmals totgeschwiegenes Problem. Die Apothekerkammern Hamburg und Rheinland-Pfalz wollen dieses Tabuthema jetzt auf die große Bühne holen – und zwar beim Deutschen Apothekertag Mitte September. Sie fordern den Gesetzgeber in einem Antrag auf, solche Anrufe unter Strafe zu stellen.
Bereits Ende März 2022 berichtete die DAZ ausführlich über ein Problem, das insbesondere Apothekerinnen betrifft: Laut den Ergebnissen einer DAZ-Umfrage haben 84 Prozent von ihnen schon einmal einen obszönen Anruf im Notdienst erhalten. Von den männlichen Approbierten, die sich an der Umfrage beteiligten, hat etwa jeder Vierte schon einmal eine solche Situation erlebt. Dabei bleiben die Betroffenen oftmals mit der Situation allein. Nur 7 Prozent wandten sich damit an ihre Kammer oder die Polizei.
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Auch die Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz nahm das Problem in diesem Jahr bereits in einem Rundschreiben ins Visier. „Gerade im Notdienst scheinen sich verbale Angriffe mit zum Teil übelsten sexistischen Äußerungen gegenüber Apothekerinnen zu häufen“, schrieb dazu Kammerpräsident Peter Stahl in einem Editorial. „Auch wenn wir als Kammer keine Strafverfolgungsbehörde sind, scheuen Sie als Betroffene sich nicht, uns entsprechende Vorfälle zu melden, damit wir bei passender Stelle tätig werden können.“
Das Versprechen, aktiv zu werden, will die Kammer nun auch beim Deutschen Apothekertag 2022 in München einlösen. In einem gemeinsamen Antrag mit der Apothekerkammer Hamburg fordert sie Schutz für Apothekerinnen und Apotheker im Notdienst. Konkret heißt es:
Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, geeignete Maßnahmen zum Schutz von notdiensthabenden Apothekerinnen und Apothekern vor bedrohlichen und belästigenden Anrufen zu ergreifen und umzusetzen.“
Die Approbierten sehen sich dem Antrag zufolge immer wieder und inzwischen zunehmend mit Anrufen konfrontiert, die eindeutig sexueller Natur seien oder auch politisch motiviert, etwa von Corona-Leugnern und Impfgegnern. „Entsprechende Anrufe sind für die betroffenen Menschen in den Vor-Ort-Apotheken sehr belastend und verletzend“, betonen die Kammern. „Sie greifen den Menschen in seiner Würde und Integrität an und führen Sinn und Zweck der telefonischen Erreichbarkeit im Notdienst im Interesse des Allgemeinwohles ad absurdum.“ Es sei den Diensthabenden zudem nicht möglich, sich den Belästigungen zu entziehen – schließlich sind sie verpflichtet, im Notdienst telefonisch erreichbar zu sein. „Damit missbrauchen die Täter gezielt besonders wunde Punkte unseres Gemeinwesens.“
Allgemeine Verrohung
Die Zunahme dieser Anrufe im apothekerlichen Notdienst spiegelten „eine allgemeine Verrohung der Sitten und des zwischenmenschlichen Respekts wider“. Es häuften sich auch Berichte zu Übergriffen etwa auf Rettungssanitäter:innen sowie Polizistinnen und Polizisten. Auch Ärztinnen und Ärzte meldeten ausfällige Patienten in ihren Praxen. „Besonders tragische Ereignisse, in denen Menschenleben zu beklagen sind, schaffen es in die Medien. Dies zeigt: Die Täter belassen es nicht immer nur bei Worten; Beschwichtigungen sind daher fehl am Platz. Ein ‚es wird schon gutgehen‘ ist hier nicht angebracht.“
Die beiden Kammern wollen dieser besorgniserregenden Entwicklung nun entgegenwirken: Sie halten den Gesetzgeber an, solche Anrufe während des Notdiensts in Apotheken durch Erweiterung oder Schaffung einer entsprechenden Rechtsnorm gezielt unter Strafe zu stellen. „Die Allgemeinwohlbindung der Vor-Ort-Apothekerschaft ist keine Einbahnstraße“, merken sie an. „Indem der Gesetzgeber diese Allgemeinwohlbindung – zu Recht – an die Apothekerschaft adressiert, übernimmt er selbst jedoch auch die Aufgabe eines Schutzgaranten: Er hat Voraussetzungen zu schaffen, die es der Vor-Ort-Apothekerschaft ermöglichen, ihrer besonderen Verantwortung gerecht zu werden – und er hat Hemmnisse und Gefahrenpotentiale, welche der Vor-Ort-Apothekerschaft drohen, zu beseitigen.“ Es reiche nicht aus, die Betroffenen einfach an die Polizei zu verweisen. „Die Vergangenheit und die anhaltenden belästigenden Anrufe haben gezeigt, dass dies allein nicht ausreicht.“
Vorläufige Fassung
Aktuell liegt die vorläufige Fassung der Anträge vor, die von der Antragskommission zusammengestellt wurden. Am 28. Juli wird noch der ABDA-Gesamtvorstand darüber beraten – erst dann steht das Antragsheft fest. Was die Mitgliedsorganisationen bei der Apothekenhonorierung fordern, erfahren Sie hier.
1 Kommentar
Nacht- und Notdienst
von Daniela Hänel am 26.07.2022 um 22:08 Uhr
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