Gesetz geplant

BMG: Deutschland soll für den Generikamarkt attraktiver werden

Berlin - 22.11.2022, 17:25 Uhr

BMG-Abteilungsleiter Thomas Müller erläuterte bei einer BAH-Infoveranstaltung die für die Pharmaunternehmen wichtigen Maßnahmen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes. (BAH/Pietschmann)

BMG-Abteilungsleiter Thomas Müller erläuterte bei einer BAH-Infoveranstaltung die für die Pharmaunternehmen wichtigen Maßnahmen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes. (BAH/Pietschmann)


Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz soll bekanntlich „Effizienzreserven“ heben – nicht nur bei Apotheken, sondern auch im patentgeschützten Arzneimittelmarkt. Im Generikamarkt sieht hingegen selbst das Bundesgesundheitsministerium „nicht mehr viel Luft“, wie der für Arzneimittel zuständige BMG-Abteilungsleiter Thomas Müller bei einer Veranstaltung des Bundesverbands der Arzneimittelhersteller betonte. Das BMG plant aber ein „Generika-Gesetz“: Es soll Deutschland für diesen Markt attraktiver machen und damit letztlich das Problem der Lieferengpässe angehen.

Neue Leitplanken für die frühe Nutzenbewertung, die Einführung von Kombinationsabschlägen, ein für ein Jahr erhöhter Herstellerrabatt, eine auf sechs Monate verkürzte freie Preisbildung bei neuen Arzneimitteln, eine reduzierte Orphan-Drug-Schwelle, ein verlängertes Preismoratorium (mit Opt-out-Regelung) – mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz kommen eine ganze Reihe von Maßnahmen, die die Arzneimittelkosten der Krankenkassen dämpfen sollen. Gerade im patentgeschützten Markt sieht das Bundesgesundheitsministerium (BMG) Effizienzreserven, wie Thomas Müller, Leiter der Abteilung Arzneimittel, Medizinprodukte und Biotechnologie im BMG, heute bei einer Informationsveranstaltung des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH) zur Umsetzung des neuen Spargesetzes nochmals betonte.

Viele der jüngst beschlossenen Maßnahmen hält man in der Industrie, auch beim BAH, für äußerst kritisch. Zumal sie auch eine Außenwirkung haben werden – Deutschland ist schließlich nach wie vor Referenzpreisland für viele andere Staaten. Da sind zum Beispiel die neuen Leitplanken im AMNOG-Verfahren. Sie stecken unter anderem fest, dass der Erstattungsbetrag für ein neues Arzneimittel, für das kein Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie (ZVT) festgestellt wurde, mindestens 10 Prozent unter dem Preis der patentgeschützten ZVT liegen muss. Ist der Zusatznutzen nicht quantifizierbar oder nur gering, darf der Erstattungsbetrag nicht zu höheren Jahrestherapiekosten führen als eine patentgeschützte ZVT. Erstmals gebe es hier einen Preisanker, so Müller. Die Regelung solle Anreize für die Industrie schaffen, bestmögliche Evidenz vorzubringen, die in einem mindestens beträchtlichen Zusatznutzen münden. Lutz Boden, Leiter der Abteilung Gesundheitsversorgung beim BAH, konstatierte hingegen: „Hier wird gleiches ungleich behandelt.“ Damit sei schwer umzugehen. Zudem: Gehe es in Zeiten von Lieferengpässen nicht auch darum, Alternativen zu haben?

Wie schnell sich diese viel beschworenen Effizienzreserven nun mit den neuen Regelungen im AMNOG-Verfahren heben lassen, muss sich zeigen. Auch Müller geht davon aus, dass es noch eine Weile dauern wird, ehe sie umgesetzt sind. Insofern ist auch er nicht sicher, wie viel sich bei der bereits für Ende 2023 vorgesehenen Evaluation zu den Auswirkungen sagen lassen wird. 

Lieferengpässen entgegenwirken

Anders als den Bereich der patentgeschützten Arzneimittel sieht man im BMG den Generikamarkt: Hier gebe es nicht mehr viel Luft für Einsparungen, so Müller. Aber auch für diesen Bereich plant man im Ministerium nun ein Gesetz – mit einer anderen Zielrichtung: Es gehe nicht nur darum, Produktion nach Europa zurückzuholen, erklärte Müller, sondern auch darum, dass es weiterhin attraktiv sein müsse, „einfache Arzneimittel mit kleiner Marge nach Deutschland zu verkaufen“. So soll den allgegenwärtigen Lieferengpässen entgegengewirkt werden. Ein Anliegen, das schon im Koalitionsvertrag der Ampel formuliert ist: „Wir ergreifen Maßnahmen, um die Herstellung von Arzneimitteln inklusive der Wirk- und Hilfsstoffproduktion nach Deutschland oder in die EU zurück zu verlagern. Dazu gehören der Abbau von Bürokratie, die Prüfung von Investitionsbezuschussungen für Produktionsstätten, sowie die Prüfung von Zuschüssen zur Gewährung der Versorgungssicherheit“.

Allzu konkret sind die Pläne im BMG aber offenbar noch nicht. Man überlege, wie man etwa Rabattverträge und Festbeträge mit Anreizen verknüpfen könne, erklärte Müller vage. Kommen soll das Gesetz im Laufe des nächsten Jahres. Einen Teil der Aufgabe hat man aber schon einmal ins Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz verschoben. Dieses soll sich um mögliche Änderungen im Vergaberecht und das Thema Investitionszuschüsse kümmern. 


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Produktion zurückholen?

von Thomas B am 22.11.2022 um 18:37 Uhr

Alleine mit Bürokratieabbau wird das sicher nicht gelingen. Mit marginalen Festbetragserhöhungen wie zuletzt für Paracetamol angekündigt genauso wenig. Verglichen mit unseren Nachbarn müsste ein Paracetamolsaft rund 7 € kosten dürfen. Vielmehr sollte sich Herr Müller die Frage stellen, warum Nurofen in Österreich uneingeschränkt verfügbar ist, in Deutschland aber überhaupt nicht. Die Bürokratie? Klar......
Und warum ist Deutschland als Forschungsstandort uninteressant? Warum kommen manche Novitäten in Deutschland erst gar nicht auf den Markt? Man schaue auf die Erstattungspreise, die Zusammensetzung des GBA und danach auf andere europäische Länder oder Großbritannien...... sehr interessant.....

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