Auch in Deutschland, Dänemark und Rumänien

Amfepramon verschwindet endgültig vom europäischen Markt

Stuttgart - 24.01.2023, 09:15 Uhr

In einer US-amerikanischen Leitlinie wird Amfepramon noch bedingt für den Einsatz bei Adipositas empfohlen. (s / Foto: Peakstock / AdobeStock)

In einer US-amerikanischen Leitlinie wird Amfepramon noch bedingt für den Einsatz bei Adipositas empfohlen. (s / Foto: Peakstock / AdobeStock)


Es ist das Ende einer langen Geschichte: Wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vergangene Woche bekannt gab, hat die Europäische Kommission am 13. Januar 2023 ihre endgültige rechtsverbindliche Entscheidung getroffen, dass die nationalen Zulassungen für den Appetitzügler Amfepramon widerrufen werden. Das BfArM werde in Kürze einen Umsetzungsbescheid an die Zulassungsinhaber versenden, heißt es. Verkehrsfähig ist Amfepramon in Deutschland aber schon seit dem 1. Dezember 2022 nicht mehr. 

Amfepramonhaltige Arzneimittel sind derzeit in der EU nur noch in Dänemark, Deutschland und Rumänien zur Behandlung von Patienten mit Adipositas (Body-Mass-Index von mindestens 30 kg/m2) zugelassen, bei denen andere Methoden zur Gewichtsreduzierung nicht ausgereicht haben. Zum 1. Dezember 2022 haben die Zulassungsinhaber in Deutschland jedoch bereits auf die Zulassung solcher Präparate verzichtet. Deshalb sind schon im November 2022 alle Chargen von Regenon und Amfepramon-Hormosan von der Temmler Pharma GmbH sowie Tenuate von der Firma Artegodan zurückgerufen worden. 

Bereits im Juni 2022 hatte der Pharmakovigilanzausschuss der EMA (PRAC) empfohlen, dem Appetitzügler Amfepramon die Zulassung zu entziehen – zuvor beschlossene Maßnahmen zur Risikoreduzierung des Arzneimittels hatten keine Wirkung gezeigt. Die Zulassungsinhaber hatten den Widerruf der Zulassung allerdings noch zu verhindern versucht, waren aber (dieses Mal) nicht erfolgreich.

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Da amfepramonhaltige Arzneimittel national zugelassen waren, hatte die endgültige PRAC-Empfehlung zunächst noch durch die „Koordinierungsgruppe für Verfahren der gegenseitigen Anerkennung und Dezentrale Verfahren – Human“ (CMDh) beraten werden müssen, bevor nun eine endgültige Entscheidung gefällt wurde: „Die Europäische Kommission hat am 13. Januar 2023 ihre endgültige rechtsverbindliche Entscheidung getroffen mit dem Ergebnis des Widerrufs der nationalen Zulassungen. Dieser an die EU-Mitgliedsländer gerichtete Beschluss ist in allen EU-Mitgliedsstaaten gültig. Damit wird das europäische Risikobewertungsverfahren nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG zu amfepramonhaltigen Arzneimitteln abgeschlossen“, verkündete das BfArM am 19. Januar 2023 auf seiner Homepage. Es wolle in Kürze einen Umsetzungsbescheid an die Zulassungsinhaber versenden, heißt es dort. 

Bereits in den Jahren 1996 und 1999 waren appetithemmende Arzneimittel (einschließlich Amfepramon) auf ihre Sicherheit hin überprüft worden. Dem „Arznei-Telegramm“ ist zu entnehmen, dass die Europäische Kommission Amfepramon 2001 auch tatsächlich schon einmal die Zulassung entzogen hatte. Der Europäische Gerichtshof annullierte jedoch im November 2002 diesen Beschluss.

Amfepramon in den Leitlinien

Das aktuelle Risikobewertungsverfahren war nun von Rumänien am 25. Januar 2021 eingeleitet worden. Im Anhang zum Durchführungsbeschluss der EU-Kommission heißt es, dass Amfepramon in den aktuellen Behandlungsleitlinien für Adipositas ohnehin keine Erwähnung findet. Die US-amerikanische Fachgesellschaft der Gastroenterologen (American Gastroenterological Association, AGA) hat im Oktober 2022 allerdings eine Praxisleitlinie zur medikamentösen Behandlung der Fettleibigkeit bei Erwachsenen veröffentlicht. Und dort findet man Amfepramon unter dem Synonym Diethylpropion noch – allerdings nur mit einem „bedingten“ Empfehlungsgrad und „niedriger“ Evidenz.

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Der DAZ 1/2023 war zu entnehmen, dass der Wirkstoff in den USA maximal drei Monate lang eingesetzt werden sollte. Die American Gastroenterological Association stelle jedoch fest, dass in den USA viele Ärzte den Wirkstoff länger off-label verordnen, „um der chronischen Erkrankung gerecht zu werden“. Vielleicht folgt man in den USA also auch bald dem europäischen Vorbild. Denn nehmen Patient:innen Amfepramon länger als die vorgesehenen drei Monate ein, erhöht sich laut PRAC das Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen wie pulmonale arterielle Hypertonie (hoher Blutdruck in den Lungenarterien) und Abhängigkeit. 


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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