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Aus der Apotheke, für die Apotheke (Teil 6)
Hilfe zur Selbsthilfe: apotheken.de
Das im Jahr 2000 von Hermann Vogel gegründete und kurz darauf vom Deutschen Apotheker Verlag (DAV) übernommene Webportal apotheken.de hat sich von Beginn an zum Ziel gesetzt, die Präsenz deutscher Apotheken im Netz sichtbarer zu machen. Während diese auf der Webseite anfangs ihre Visitenkarte hinterlassen und sich später mithilfe von Baustein-Webseiten individuell darstellen konnten, bietet das Portal mittlerweile ein ganzes Bündel von Services an – vom E-Commerce über Webseitendienste und Apps bis zum Social-Media-Monitoring.
Die Idee kam Hermann Vogel um die Jahrtausendwende. Es habe damals „Ideen und Projekte für eine völlig neue Arzneimittelversorgung“ aus Holland gegeben, erinnert sich der Münchener Apotheker und meint die Versuche eines aggressiv auftretenden Arzneimittel-Versandhändlers namens DocMorris, entgegen den Regeln des deutschen Rechts aus den Niederlanden heraus auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen. Vogel dachte sich: Neben den juristischen Auseinandersetzungen um DocMorris sollte auch ein Gegengewicht durch die Apotheker geschaffen werden: ein Webportal namens apotheken.de.
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Bevor es losgehen konnte, musste sich der damals 35-jährige Vogel jedoch erstmal die Domain apotheken.de sichern. Die wurde bis dato von einem branchenfremden Geschäftsmann gehalten, der dafür 30.000 D-Mark haben wollte. Vogel handelte ihn auf 12.000 D-Mark runter. Im nächsten Schritt gründete er den Verein „Apotheker im Internet e.V.“, der als der verantwortliche Inhaber von apotheken.de diente, und stellte das Portal inhaltlich und geschäftlich auf zwei Säulen: zum einen konnten Apotheken dort eine Art Visitenkarte mit ihren Daten hinterlassen. Zum anderen baute er die erste deutschlandweite Apotheken-Notdienst-Datenbank auf.
Das war, erinnert sich der heute 57-jährige, der zusammen mit seiner Frau acht Apotheken in München betreibt, eine Herkulesaufgabe. Immerhin gab es zeitweise mehr als 1300 Notdienstgebiete, die alle abtelefoniert werden mussten. Zudem hatte jede Region ihre eigenen Organisationsformen und Strukturen. Hinzu kam, dass die Daten alljährlich im Dezember aktualisiert werden mussten. Nicht ohne Stolz berichtet Vogel, dass das von ihm dafür instruierte Unternehmen namens Marketing-Rhein-Ruhr in Gelsenkirchen noch heute diese Aufgabe „professionell erledigt“.
Gründung und Übergabe
Vogel ging es vor allem um den Anstoß, den Vor-Ort-Apotheken eine Möglichkeit zur digitalen Darstellung zu geben. Bereits im Jahr 2000, als er apotheken.de gegründet hatte, übergab er wie ursprünglich angestrebt das Projekt an ein apothekernahes Unternehmen. Während er ursprünglich eine mündliche Kaufzusage von Noventi (damals VSA GmbH) hatte, ging das Portal schließlich an den Deutschen Apotheker Verlag..
Als Projektleiter blieb Vogel allerdings noch bis 2010 für apotheken.de verantwortlich. In dieser Zeit entwickelte er insbesondere die Visitenkartenfunktion weiter. Bereits ab 2003 bot die Plattform den Apotheken vor Ort die Möglichkeit, sich für monatlich 16 Euro mit einer eigenen Homepage, basierend auf vorgefertigten Bausteinen, professionell im World Wide Web zu präsentieren. Mit Erfolg: „In den Hochzeiten um 2008 und 2009 haben mehr als 10.000 Apotheken diese Möglichkeit genutzt“, so Vogel. Apotheken.de sei damals eine echte „digitale Erfolgsgeschichte“ gewesen.
Thomas Koch: Set an Services
Seit 2016 ist Thomas Koch im DAV für die Plattform zuständig. War die bis dahin vor allem ein Ein-Produkt-Angebot – Apotheken konnten sich in einer Onlinepräsenz darstellen – trieb Koch die Erweiterung des Portfolios voran: „Wir haben mittlerweile ein ganzes Set an Services geschaffen: E-Commerce, Webseitenservice, Apps, Web to Print, Social-Media-Monitoring, Newsletter.“ 25 interne und externe Mitarbeiter sind damit beschäftigt, den Vor-Ort-Apotheken zu helfen, im Netz sichtbarer zu werden und ihr Geschäft besser darzustellen – vor allem im Wettbewerb zu den Versandhändlern.
Da der Online-vermittelte Handel nach den Worten Kochs eine zunehmende Rolle spielt – gemeint ist der Online-Einkauf in der lokalen Apotheke – sieht der Manager apotheken.de vor allem als Hilfe zur Selbsthilfe: „Der Apotheker kann seinen Auftritt selbständig steuern. Wir unterstützen ihn dabei.“ Im Unterschied zu großen Marktplatzplattformen, wo der Marktplatz und nicht die einzelne Apotheke im Zentrum stehe, biete apotheken.de die Möglichkeit, dass die Vor-Ort-Apotheken als eigenständige Marke auftreten.
6000 Apothekenkunden
Die wesentlichen Wettbewerber sind nach Kochs Worten die Kooperationsangebote der Großhandelsunternehmen. Dennoch sieht er apotheken.de als Marktführer im Bereich Websites und integrierter E-Commerce. Mit zirka 6000 Apothekenkunden bringe es das Portal auf einen jährlichen Umsatz im siebenstelligen Bereich
Dabei soll es nicht bleiben. Koch will das Portfolio weiter ausbauen und vor allem mehr Angebote für Apotheken-Filialstrukturen sowie vermehrt Kampagnenmanagement anbieten. Ziel sei es, die Kundenzahl weiter zu erhöhen. Um die Plattform attraktiv zu halten, haben die apotheken.de-Macher bereits im Oktober 2022 einen runderneuerten Webseitenservice mit integriertem E-Commerce-Shop eingeführt. Das neue Service-Set für 92,70 Euro pro Monat wird anscheinend gut angenommen. Innerhalb kurzer Zeit seien 400 neue Kunden gewonnen worden. „Offenbar haben wir den Nagel auf den Kopf getroffen“, sagt Koch.
Vogel: Erstes B2B2C-Portal
Hermann Vogel, der Gründer von apotheken.de, bezeichnet das Portal rückblickend als eines der ersten und innovativsten B2B2C-Angebote der Branche – also Business to Business to Customer, was soviel heißt wie: Das Business apotheken.de dient dem Business der Vor-Ort-Apotheken und hilft diesen wiederum, deren Geschäft mit den Endkunden zu stärken.
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Von zahlreichen heutigen digitalen Entwicklungen mit und für Apotheken, bei denen der Shop-Gedanke an vorderster Stelle steht, hält Vogel übrigens nicht viel. Die einzelne Apotheke wird nach seiner Ansicht darin weder wirklich sichtbar, noch könne die einzelne Apotheke vor Ort mit den großen Versandhändlern mithalten. Vielmehr sollte jede Apotheke ihren eigenen Weg gehen und sich selbst möglichst individuell in der digitalen Welt präsentieren.
Apropos digitale Welt: Von klassischem E-Commerce, so der meinungsfreudige Unternehmer, sollten sich Apothekerinnern und Apotheker in wirtschaftlicher Hinsicht auch in Zukunft nicht zu viel erwarten: „Digitale Plattformen sind und bleiben nur eine Ergänzung. Das eigentliche Geschäft der Apotheke wird immer noch vor Ort und persönlich gemacht.“
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