AZ-Tipp

Die Apotheke durch die Brille des Kunden sehen

25.04.2023, 09:15 Uhr

Ein und dieselbe Situation kann von zwei Menschen ganz unterschiedlich wahrgenommen werden. Das gilt auch in der Apotheke. (Fotos: rangizzz, Zoran Zeremski / AdobeStock)

Ein und dieselbe Situation kann von zwei Menschen ganz unterschiedlich wahrgenommen werden. Das gilt auch in der Apotheke. (Fotos: rangizzz, Zoran Zeremski / AdobeStock)


Ein und dieselbe Situation kann von unterschiedlichen Menschen vollkommen anders empfunden und interpretiert werden. Was steckt dahinter und wie hilft uns dieses Wissen für den täg­lichen Umgang mit den Kunden in der Apotheke?

Oft haben wir vor lauter Vorschriften, Überprüfungspflichten und Dokumentationsaufgaben in der Apotheke den Blick auf unsere Kunden verloren und sehen die Menschen dahinter nicht mehr. Das Marketing will Gewinnoptimierung im OTC- und Rx-Markt, will Produktsortimente und Lieferketten optimieren – doch manchmal vergessen wir dabei die Bedürfnisse unserer Kunden. Wie empfinden sie ihren Einkauf in der Apotheke? Was wünschen sie sich bei ihrem per­sönlichen Besuch in der Offizin?

Positive Häkchen entstehen lassen

In unserem limbischen System im Gehirn gibt es ein kleines Areal, die Amygdala. In diesem Mandelkern werden emotionale Erlebnisse gespeichert und erhalten dort ein positives oder negatives Häkchen. Dies passiert auch, wenn ein Kunde zum Einkauf in die Apotheke kommt, er wird manche Punkte als angenehm erleben und andere wieder als unangenehm. Entscheidend dafür, ob ein Kunde erfreut die Apotheke verlässt und gern wiederkommt, ist die Tatsache, dass er wesentlich mehr positive Eindrücke als negative Eindrücke abgespeichert hat. Deshalb wird es zu unserer Aufgabe, stets dafür zu sorgen, dass genügend dieser positiven Häkchen während des Verkaufsgespräches im limbischen System entstanden sind.

Stellen Sie sich vor: Sie sind in einem Hotel, öffnen abends die Tür Ihres Zimmers und riechen Rauch. Schlagartig nehmen Sie diesen Geruch als gefährliche Situation eines möglichen Hotelbrandes wahr, da Ihr Gehirn bereits Erfahrungen gespeichert hat, die mög­licherweise irgendwann wieder gebraucht werden können. Und dies gilt nicht nur für gefährliche Situationen, bei denen es ums Überleben geht. Alle Erlebnisse werden abgespeichert, Freud und Leid, viele Menschen und Situationen, sowie Eindrücke, Bewertungen und Erfahrungen, auch die Strategien, wie Sie in bestimmten Situationen reagiert haben und ob dies erfolgreich oder nicht erfolgreich war.

Daraus ist eine Art innere Landkarte entstanden, sie stellt eine riesengroße Sammlung aus Er­innerungen, Prägungen und Bewertungen dar. Neue Sinneswahrnehmungen in bestimmten Situationen werden ständig mit bekannten Mustern abgeglichen – dies geschieht, ohne dass wir es merken, fast in Nullzeit im limbischen System. So baut jeder Mensch seine eigene Realität auf, die von der Wirklichkeit durchaus abweichen kann.

Für die Apotheke gilt: Es kommt nicht darauf an, wie wir bestimmte Ausdrücke oder auch Situationen meinen, sondern wie sie der Kunde wahrnimmt und einordnet. Zwei Beispiele dazu:

  • Ein Kunde betritt die Apotheke und wird nicht sofort beachtet, da alle fleißig am Arbeiten und Bedienen sind. Im Gehirn dieses Kunden speichert sich kaum ab: „Oh, alle Teammitglieder sind so konzentriert und fleißig, dass sie mich gar nicht bemerken können“, sondern eher „Ich werde nicht wahrgenommen“ oder „Ich bin nicht wichtig“.
  • Ein Kunde betritt die Apotheke und sieht, dass zwei Mitarbeiter Kunden bedienen, zwei weitere Mitarbeiter irgendetwas an den Regalen erledigen und vor ihm noch drei Kunden warten. Da er wahrscheinlich nicht weiß, dass an den Regalen die Back­office-Kräfte arbeiten, könnte er sich denken: „Sind wir es nicht wert, bedient zu werden?“ oder „Die haben es wohl nicht mehr nötig!“.

Doch wie können Sie diese Erkenntnisse im Apothekenalltag umsetzen? Das erklärt Apotheker Emanuel Winklhofer mit vielen praktischen Tipps in der aktuellen AZ 2023, Nr. 17, S. 6.


Apotheker Zeitung
redaktion@daz.online


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