Insolvenzverfahren

Geld gegen Aussonderungsrechte – Vergleichsangebot für AvP-Apotheken

Süsel - 02.06.2023, 17:50 Uhr

Die Insolvenz des Rechenzentrums AvP beschäftigt die betroffenen Apothekerinnen und Apotheker noch immer. (Foto: picture alliance/dpa)

Die Insolvenz des Rechenzentrums AvP beschäftigt die betroffenen Apothekerinnen und Apotheker noch immer. (Foto: picture alliance/dpa)


Nach langer Pause gibt es Neuigkeiten zum Insolvenzverfahren des Rechenzentrums AvP. Es zeichnet sich ein Vergleich ab, sofern genügend Apotheken zustimmen. Im Gegenzug für eine Vergleichszahlung sollen Apotheken auf strittige Aussonderungssonderungsrechte verzichten. Damit würden jahrelange Rechtsstreitigkeiten vermieden. Als mögliche Auszahlungsquote werden insgesamt etwa 40 bis 50 Prozent der Forderungen genannt.

Der Apothekerverband Schleswig-Holstein informierte am heutigen Freitag über eine neue Entwicklung im Insolvenzverfahren des Rechenzentrums AvP Deutschland GmbH. Demnach haben der Insolvenzverwalter von AvP, die Anwälte betroffener Apotheken und der Apothekerverband Nordrhein einen Vergleich ausgehandelt. Dies sei eine Rahmenvereinbarung, der die betroffenen Apotheken beitreten könnten. Angesprochen sind alle Apotheken, deren Forderungen vom Insolvenzverwalter anerkannt worden sind.

Vergleichszahlung im Gegenzug zu strittigen Aussonderungsrechten

Gemäß dem Vergleich sollen die Apotheken über einen Treuhänder einen Vergleichsbetrag erhalten und dafür auf alle Aussonderungs- und sonstigen Rechte auf vorrangige Befriedigung verzichten – gemeint sind mögliche Vorrechte gegenüber anderen Gläubigern. 

Im Rundschreiben wird betont, „dass die Offizinapotheken mit ihren nach Auszahlung der Vergleichsbeträge verbleibenden Forderungen selbstverständlich – wie alle anderen Insolvenzgläubiger auch – aus der Insolvenzmasse quotal befriedigt werden (Insolvenzquote) und ihnen daher auch die nach Auszahlung des Vergleichsbetrags verbleibenden Gelder zugutekommen“. Weiter heißt es dazu, wenn der Vergleich zustande komme, verpflichte sich der Insolvenzverwalter „im kommenden Jahr eine Abschlagszahlung auf die zu erwartende Insolvenzquote zu leisten, die nach Einschätzung des Apothekerverbands Nordrhein recht hoch ausfallen sollte“. 

Die Apotheken würden also zunächst – voraussichtlich noch in diesem Jahr – Geld aus dem Vergleich erhalten und später weitere Zahlungen aus der Insolvenzmasse. Wie viel Geld das alles zusammen am Ende sein wird, kann noch niemand sagen. Dazu heißt es im Rundschreiben des Apothekerverbands Schleswig-Holstein, nach Einschätzung des Apothekerverbands Nordrhein und den ihm vorliegenden Informationen sei „zum jetzigen Zeitpunkt mit einer Befriedigung von voraussichtlich 40 bis 50 Prozent zu rechnen“. Dies sei aber nur ein nicht verbindlicher Näherungswert, weil das Ergebnis von vielen Parametern abhänge, die noch nicht feststehen. Darum wird mehrfach betont, dass derzeit noch keine genaueren Angaben zu den erwartbaren Zahlungen möglich sind.

Vergleich nur bei 80 Prozent Zustimmung

Dies alles wird aber nur eintreten, wenn mindestens 80 Prozent der betroffenen Offizinapotheken, gemessen an der Höhe der Forderungen – nicht an der Zahl der Apotheken – dem Vergleich zustimmen. Im Rundschreiben heißt es dazu, der Verband hoffe im Sinne aller Beteiligten, dass das Quorum erreicht wird, damit die Betroffenen zeitnah eine Ausschüttung erhalten. Im Rundschreiben heißt es weiter, die Betroffenen müssten jetzt nichts unternehmen. Sie würden bis Mitte Juli unaufgefordert schriftlich über die Vergleichsvereinbarung und den technischen Ablauf informiert. In den kommenden Wochen würden abgestimmte FAQ formuliert. Außerdem werde ein Online-Seminar zum Vergleich stattfinden.

Anfechtung der letzten Zahlungen von AvP

Als Hintergrund wird auf die Komplexität, die Unwägbarkeiten und vor allem auf die lange Dauer der zuvor geplanten Musterprozesse verwiesen. Das alles würde noch mehrere Jahre dauern. Allerdings zeichnen sich an anderer Stelle neue Rechtsstreitigkeiten ab. In dem Rundschreiben wird nämlich auch berichtet, dass der Insolvenzverwalter „völlig unabhängig von dem geschlossenen Vergleich“ die Zahlungen der AvP Deutschland zwischen dem 11. und dem 15. September 2020 als insolvenzrechtlich anfechtbar betrachte. Der Insolvenzverwalter solle auch beabsichtigen, dies in exemplarischen Fällen gerichtlich geltend zu machen. 

Zugleich habe er angekündigt, auch zu diesem Thema eine außergerichtliche Einigung vorzuschlagen. Dabei geht es um die Apotheken, die in den letzten vier Tagen vor dem Insolvenzantrag Geld von der AvP Deutschland erhalten haben. Selbstverständlich habe auch diese Entwicklung Einfluss auf die spätere Insolvenzquote. Das ist offenbar einer der Gründe, weshalb die zu erwartenden Zahlungen so schwer einzuschätzen sind.


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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10 Kommentare

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von Anita Peter am 03.06.2023 um 14:50 Uhr

Ich verstehe Sie Herr Dr. Radmann, aber die bisherigen Klagen bzgl. Aussonderungsrechte haben die Apotheken alle verloren. Warum gutes Geld schlechtem hinterherwerfen? Leider ist nicht bekannt geworden was aus den Klagen gegen die Banken wurde.

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AW: .

von Anita Peter am 03.06.2023 um 14:51 Uhr

Sorry das sollte eigentlich als Antwort unten an die Konversation mit Dr. Radman dran.

AvP-Insolvenz

von Dorf-Apothekerin am 03.06.2023 um 14:45 Uhr

Als eine Bekannte mit ihrer Pflegestation insolvent ging, äußerte ihr Anwalt, dass er keinen Insolvenzverwalter kennen würde, der korrekt arbeitet. Die Banken haben in unserem Fall rechtzeitig ihre Schafe ins trockene geholt, der Insolvenzverwalter wird auch für sein Auskommen sorgen, was in dieser Branche für unser Verständnis schwindelnde Höhen bedeutet. Wenn die Auszahlungen zwischen10. und 14. Sept. auf den Tisch sollen, dann sollen aber auch die Beträge der KK,der Banken und von Herrn Hoos auf den Tisch.
Außerdem bedeutet die bloße Anweisung der BaFin nicht mehr auszuzahlen nicht, dass das Insolvenzverfahren schon begonnen hätte. Insofern ist kein Anspruch entstanden, der diese Beträge in die Insolvenzmasse überführen dürfte.
Andernfalls müssten auch die Banken einbehaltene Gelder freigeben.
Wer legt überhaupt das Honorar für Hern Hoos fest? Das müßte doch mit den Gläubigern verhandelt werden.
Wir Apotheker haben zu wenig kriminelle Energie, um solchen Konstrukten etwas entgegenzusetzen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: AvP-Insolvenz

von Radman am 03.06.2023 um 16:06 Uhr

Es kommt drauf an, wann die Apotheken von der Zahlungsunfähigkeit der AvP erfahren oder irgend wie geahnt haben. Es hieß immer“ der Server ist abgestürzt „. Von zahlungsunfähig oder Insolvenz war erst viel später die Rede.

Abgelehnt!

von Radman am 02.06.2023 um 19:51 Uhr

Ich hoffe, dass keiner so ein fauler Kompromiss zustimmt.

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AW: Abgelehnt

von Anita Peter am 03.06.2023 um 6:30 Uhr

Ich denke allen geschädigten Apotheken sollte daran gelegen sein, kurzfristig einen Teil ihrer Gelder zu bekommen. Mit endlosen Gerichtsverfahren wird doch nur weiter die Insolvenzmasse aufgefressen.

AW: Abgelehnt

von Radman am 03.06.2023 um 10:20 Uhr

@ Anita Peter im Gegenzug sollten die Apotheken auf Aussonderungsrechte verzichten. Und das halte ich für höheren Preis als die 40%. Wenn Herr Hoos sich sicher wäre, dass keine Aussonderungsrechte für Apotheken zustehe, hätte er niemals so ein Vorschlag gemacht. Langes Atem ist aus eine Waffe.

AW: Abgelehnt

von Anita Peter am 03.06.2023 um 11:06 Uhr

Also wenn ich es richtig verstanden habe gingen die ersten Verfahren bzgl Aussonderungsrechten alle zugunsten von Herrn Hoos aus.

AW: Abgelehnt

von Radman am 03.06.2023 um 13:37 Uhr

@Frau Peter , ich weiß, dass das Angebot verlockend ist, aber dass hätten wir gleich am Anfang haben können. Damals war noch mehr Geld vorhanden. Nun haben wir den Rechtsweg ausgewählt und sollten bis zum Ende bleiben. Unterwegs stehenbleiben oder gar umkehren halte ich für nicht klug!

AW: Abgelehnt

von Martina C. am 03.06.2023 um 18:15 Uhr

Sehe ich genauso. Die Banken haben ihren Informationsvorsprung schamlos ausgenutzt. Was hat Hoos bisher geleistet? Warum wurden die Banken nicht verklagt? Ich würde ein Verfahren gegen die Banken noch abwarten

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