BPhD-Kolumne

„Kann ich mal die Chefin sprechen?“ – Frauen in der Pharmazie müssen sichtbarer werden

26.06.2023, 17:50 Uhr

Miriam Sprafke, Präsidentin des Bundesverbands der Pharmaziestudierenden in Deutschland. (Foto: BPhD)

Miriam Sprafke, Präsidentin des Bundesverbands der Pharmaziestudierenden in Deutschland. (Foto: BPhD)


Der Frauenanteil in der Apotheker*innenschaft liegt bei rund 70 Prozent. Wer einen Blick auf die Führungsebenen in (Krankenhaus-)Apotheken oder die Vorstände der Standespolitik wirft, sieht jedoch überwiegend Männer. Das muss sich ändern, findet Miriam Sprafke, Präsidentin des BPhD.

Wenn ich mich an mein Studium zurückerinnere, sehe ich Hörsäle vor mir, in denen vorrangig Pharmaziestudentinnen sitzen. Das ist nicht nur an meinem Studienstandort so, sondern im Allgemeinen gültig – denn knapp zwei Drittel der Pharmaziestudierenden in Deutschland sind Frauen. Im Gegensatz dazu war meine Lehre überwiegend geprägt durch männliche Dozierende. Im Jahr 2022 lag der Frauenanteil in der deutschen Professor*innenschaft bei nur 27 Prozent

Denke ich an meine Famulatur zurück oder begebe mich jetzt auf die Suche nach einem PJ-Platz, sieht das Bild in vielen Apotheken so aus: Das Team besteht mehrheitlich, wenn nicht sogar ausschließlich, aus Frauen. Wenn ein Mann Teil des Teams ist, dann ist er oft der Apothekenleiter. Zahlen der ABDA aus dem Jahr 2020 geben einen Frauenanteil unter den Apothekenleiter*innen von nur 48 Prozent an – das ist zu wenig. „Darf ich mal Ihren Chef sprechen?“, ist eine Frage, die man in der Praxis nicht selten zu hören bekommt.

Nachholbedarf auch in der Berufspolitik

Der große Anteil der Apothekerinnen im Job spiegelt sich auch nicht in der berufspolitischen Welt wider. Im Rahmen meiner BPhD-Tätigkeit fiel mir im vergangenen Jahr schnell auf, dass das Bild der Standespolitik geprägt ist von Männern. Das Präsidium der ADKA besteht zum Beispiel aus gerade mal einer Frau und vier Männern. Nur 4 von 17 Kammerpräsident*innen sind Frauen, bei den Verbandsvorsitzenden sieht es genauso aus – insgesamt sind das gerade mal 23,5 Prozent. Da läuft etwas schief. Wenn ein Berufsbild weiblich dominiert ist, dann muss das auch in den entsprechenden politischen Gremien sichtbar sein.

Dass Frauen auf Führungsebene unterrepräsentiert sind, ist definitiv ein gesellschaftliches Problem. In der Pharmazie fällt es aber besonders stark auf, weil ein mehrheitlich von Frauen ausgeübter Beruf männlich präsentiert wird. Es ist wichtig, dass auf diesen Missstand aufmerksam gemacht wird. Noch wichtiger ist es, dass man sich der Tatsache stellt und nicht wegdiskutiert, dass Frauen in unserer Gesellschaft eben (noch) nicht vollumfänglich gleichberechtigt sind.

Warum sollten Frauen weniger Verantwortung übernehmen wollen als Männer?

Nicht selten höre ich in Gesprächen, dass Frauen heute hierzulande doch alle Möglichkeiten hätten, sie nur oft gar nicht höhere Positionen, mehr Verantwortung oder Führungsaufgaben übernehmen wollen. Diese Argumentation finde ich wenig überzeugend, denn warum sollten Frauen etwas per se nicht wollen, Männer hingegen schon? Die einzige Antwort auf diese Frage ist: Weil es eben schon immer so war. Wenn sich etwas am Status quo verändern soll, gilt es, genau das kritisch zu hinterfragen und aufzulösen.

Schaut man sich an, warum Frauen in der öffentlichen Apotheke arbeiten, dann ist ein oft genannter Grund: Weil dort die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht wird. Schon als ich angefangen habe, mich mit meiner eigenen Berufswahl zu beschäftigen, war dieses Argument eines für meinen Studiengang. Gleichzeitig beschreibt dieser Fakt das Problem im Kern: Wenn in der Gesellschaft der Gedanke verbreitet ist, dass für Frauen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf am besten durch das Ausüben einer Teilzeitstelle möglich ist, wird ihnen zwangsläufig vermittelt, dass sie durch das Ausüben einer Führungsposition in Vollzeit oder zusätzliches Engagement in der Standespolitik ihrer Rolle abseits des Berufs nicht mehr gerecht werden.

Frauen in Führungspositionen können Unternehmen bereichern

Frauen können genau dieselben Aufgaben übernehmen wie Männer. Sie können genau dieselbe Verantwortung tragen. Sie können genau dieselben Positionen ausüben. Und es kann so wertvoll sein, wenn sie es tun. Es geht nicht um die Frage, ob Frauen oder Männer die besseren Chef*innen sind, sondern darum, verschiedene Perspektiven und Ansätze einfließen zu lassen. Im Angesicht des Wandels der Arbeitswelt in den kommenden Jahren wird es zunehmend auf Aspekte wie Empathie, Wertschätzung und Kommunikation auf Augenhöhe ankommen. Es ist wichtig und notwendig, Anreize zu schaffen, damit Frauen Führungsrollen übernehmen möchten und so Unternehmen und Organisationen bereichern können.

Dafür muss sich gesamtgesellschaftlich noch viel tun. Aber auch im Kleinen kann darauf hingewirkt werden, zum Beispiel durch weibliche Vorbilder. Gabriele Regina Overwiening ist seit 2020 ABDA-Präsidentin – sie ist die erste Frau in diesem Amt. Der geschäftsführende Vorstand der ABDA besteht momentan aus fünf Frauen und acht Männern – das sind immerhin schon 40 Prozent. Professor Dagmar Fischer ist aktuell noch DPhG-Präsidentin. Nach Ende meiner Amtszeit wird es wieder eine BPhD-Präsidentin geben, das BPhD-Team ist mit 70 Prozent aktuell mehrheitlich weiblich besetzt. Man kann den überholten gesellschaftlichen Bildern nicht besser entgegenwirken, als sich ihnen entgegen zu verhalten. Je mehr Frauen Verantwortung übernehmen, desto mehr Frauen werden sie inspirieren, es ihnen gleichzutun. Aber auch die Apotheker können dazu beitragen, Frauen zu fördern. Es kann Wunder bewirken, wenn ein Mann eine Frau direkt auf die Übernahme einer Position anspricht und sie dazu zu ermutigt. Männer können Frauen ebenso empowern und sollten das tun.

Gleichstellung bei der ABDA

In Bezug auf die Standespolitik muss aber auch einiges „von oben“ in Richtung Frauen-Empowerment getan werden. Die Besetzung der Gremien könnte nach einer Quote erfolgen, die die Geschlechterverteilung im Beruf widerspiegelt. Die ABDA könnte eine*n Gleichstellungsbeauftragte*n einstellen, der*die sich mit der Durchsetzung der Gleichberechtigung befasst sowie das Thema Frauen-Förderung mehr in den Fokus rücken. Beratungs- oder Coaching-Angebote für Apothekerinnen, die die Leitung einer Apotheke anstreben, könnten von den Verbänden angeboten werden. Bei standespolitischen Veranstaltungen sollte es außerdem selbstverständlich sein, dass Kinderbetreuungsangebote verfügbar sind.

Es gibt viel zu tun, damit die Frauen in der Pharmazie wirklich überall sichtbar werden. Wir alle können etwas dazu beitragen, damit es eines Tages ganz normal ist, dass es viele Kammerpräsidentinnen sowie Apothekerinnen in Führungspositionen gibt und dass Patient*innen fragen, ob sie mal die Chefin sprechen können.

Anmerkung: 
Der BPhD erkennt an, dass es auch andere Geschlechtsidentitäten über das Binär von Mann und Frau hinausgibt. Da sich die meisten Daten an diesem binären System orientieren, wurde sich im Text darauf bezogen.


Miriam Sprafke, BPhD-Präsidentin
redaktion@daz.online


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5 Kommentare

Frauenquote!

von Karl Leiserfluss am 30.06.2023 um 17:30 Uhr

In einem Beruf, in dem 90% Frauen arbeiten ist die Gleichberechtigung natürlich das treibende Thema.

Überwiegend männlich Dozierende (um Gottes Willen!), nachdem vom Kindergarten bis zum Abitur nur Frauen gelehrt hatten (aaaah, schön).

Bei mir wird gerade das Projekt "zwei Teilzeitführungskräftinnen" geübt.
Fazit nach drei Jahren: Das hat Luft nach oben. Es geht sehr, sehr langsam voran.

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Quoten

von Thomas Kerlag am 29.06.2023 um 9:18 Uhr

Die Pharmazie hat in fast jedem Bereich kaum Ansehen. Das liegt auch daran, dass jede positive Entwicklung als Erfolg der Medizin verkauft wird. Also bitte sich jetzt auch noch untereinander neutralisieren.
Die Natur weiß am besten warum sie zwei ebenbürtige Geschlechter geformt hat. An der Basis benötigen wir eher Quotenmänner und an der Spitze Profis.
Und wie oft habe ich auch schon Approbierte ausgestattet mit einem gut verdienenden Partner gesehen, die in Teizeit lieber Taschentuchbestände auffüllen oder Inventur machen. Ein Kammervize hatte einmal diese Hobbyapprobierten kritisiert und seitdem ist nichts besser geworden

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Vorschlag: Orientierung am Leistungssport

von Dr. House am 27.06.2023 um 22:20 Uhr

Es ist ja allgemein bekannt, dass Trends aus Übersee mit ca 5-10 Jahren Verzögerung auch hier landen, also sei mir folgender Ausblick gestattet. In den USA hat man längst das Problem erkannt, das Feminismus und LGBTQ nicht am gleichen Strang ziehen, sondern sich gegenseitig attackieren. Der verdutzte weiße alte Mann kann nur dabei zugucken und kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Beispiele: Die trans-Schwimmerin Lia Thomas (ehemals ein drittklassiger männlicher Schwimmer) hat viele gute Schwimmerinnen in einigen Wettbewerben mit großem Abstand auf die Plätze verwiesen. Daraufhin stellten sich Feministen auf die Seite der Schwimmerinnen, während die LGBTQ Community Lia Thomas verteidigte. Ähnliche Entwicklungen gibt es auch in anderen Sportarten. Letztendlich kann es so kommen, dass neben einer Frauenquote auch eine *-Quote kommt, über die sich dann wieder Männer ihren Platz am oberen Ende der Nahrungskette sichern. Also liebe LGBTQ freundliche Frauen seid vorsichtig was ihr euch wünscht.

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AW: Vorschlag: Orientierung am

von bisk am 28.06.2023 um 7:52 Uhr

Gesprochen wie ein wahrer TERF :)
Nur wenn man Ihre Beiträge zum Gendern oder anderen angrenzenden Themen betrachtet wird ganz schnell klar, dass bei Ihnen die Frauen in Diskussionen auch nur Mittel zum Zweck sind.

Hmmm

von Peter am 26.06.2023 um 18:55 Uhr

Mir ist es völlig egal wer uns vertritt, Hauptsache es kommt etwas bei rum. Und da hat sich bisher GRO sehr schön hervorgetan im Vergleich zu den Luschis die davor Präsident der ABDA waren. ES IST VÖLLIG UNERHEBLICH ob Frau oder Mann. Wichtig ist: GUT muss der oder diejenige sein. Ich verzichte auf Quotenmänner beim Personal, welche ja theoretisch bevorzugt in der Apo aufgrund der Quote eingestellt werden müssten, wenn sie nichts taugen, aber ebenso möchte ich auf Quotenfrauen auf der Verbandsebene verzichten wenn sie nichts können. Der oder die Beste soll es machen. GRO hat bewiesen dass sie es besser kann, das bedeutet aber NICHT dass die mögliche Nachfolgerin automatisch ebenso besser wäre als ein potentieller Nachfolger nur weil sie zufällig eine Frau ist, möge der/die Bessere gewinnen, dann gewinnen alle.

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