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Warum das unwahrscheinlich ist
Vitamin-D-Mangel durch Sonnencreme?
In der Hautkrebsprävention ist sie ein absolutes Muss – die Sonnencreme. Doch nicht jeder mag sie, auch weil das Auftragen vor dem Freibad-Besuch einfach lästig ist. Aber gibt es auch wissenschaftliche Argumente gegen Sonnencreme? Zumindest im Sommer eher nicht.
An so heißen und sonnigen Tagen wie derzeit, wird wohl kaum jemand anzweifeln, dass Sonnenschutz wichtig ist. Doch noch immer sieht man im Freibad Menschen, die sich – mit oder ohne Sonnencreme – aktiv in die Sonne legen und bräunen. Auch in die Apotheke kommen Kund:innen, die einen Lichtschutzfaktor von 50 als zu hoch erachten. Mal von hierzulande gängigen Schönheitsidealen abgesehen – was könnte dahinterstecken, wenn Menschen auch im Sommer kaum oder keine Sonnencreme verwenden? Manche sorgen sich offenbar um ihren Vitamin-D-Status.
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Im März vergangenen Jahres hat das Bundesamt für Strahlenschutz eine „konsentierte Empfehlung zu UV-Strahlung und Vitamin D“ herausgegeben. Sie ist das Ergebnis eines Diskurses zwischen zahlreichen Verbänden, Behörden und Fachgesellschaften, die sich als „UV-Schutz-Bündnis“ zusammengefunden haben – darunter beispielsweise auch der Deutsche Hausärzteverband und das Deutsche Krebsforschungszentrum. Ziel der Empfehlung war die „Harmonisierung der bis dato widersprüchlichen Empfehlungen bezüglich der UV-Exposition zur Bildung des körpereigenen Vitamin D“ und die Empfehlung lautet nun unter anderem:
„Für eine ausreichende Vitamin-D-Synthese genügt es nach derzeitigen Erkenntnissen, Gesicht, Hände und Arme unbedeckt und ohne Sonnenschutz zwei- bis dreimal pro Woche der Hälfte der minimalen sonnenbrandwirksamen UV-Dosis (0,5 MED) auszusetzen, also der Hälfte der Zeit, in der man sonst ungeschützt einen Sonnenbrand bekommen würde. Beispielsweise bedeutet dies für Menschen mit Hauttyp II bei hohen sonnenbrandwirksamen UV- Bestrahlungsintensitäten (UV-Index 7) rein rechnerisch eine Bestrahlungszeit von circa 12 Minuten.“
Daraus kann man ableiten, dass man in der restlichen Zeit keinen Vitamin-D-Mangel befürchten muss und Sonnencreme unbesorgt auftragen kann und auch sollte – denn „ein Sonnenbrand ist grundsätzlich zu vermeiden“. Säuglinge sollen grundsätzlich nicht direkter Sonnenbestrahlung ausgesetzt werden und auch bei Kindern und Jugendlichen sind hohe UV-Belastungen und Sonnenbrände besonders kritisch [1,2]. Dabei gilt ohnehin die Empfehlung, dass „Säuglinge und Kleinkinder bis zum zweiten erlebten Frühsommer“ Vitamin-D-Präparate erhalten sollen.
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Auch eine australische gemeinnützige Organisation mit dem Namen Cancer Council hat eine Stellungnahme zu Sonnenexposition und Vitamin D veröffentlicht. Diese ist unter Zustimmung der australischen und neuseeländischen Gesellschaft für Knochen und Mineralien, dem „Australasian College of Dermatologists“, der „Endocrine Society of Australia“ und „Osteoporosis Australia“ erstellt worden. Dort heißt es verkürzt auf den Punkt gebracht: „Eine ausgedehnte und absichtliche Sonnenexposition ohne jegliche Form von Sonnenschutz bei einem UV-Index von 3 oder mehr wird nicht empfohlen, auch nicht für Personen, bei denen ein Vitamin-D-Mangel diagnostiziert wurde.“
UV-Index 3 als Schwellenwert
Bei einem UV-Index über 3 soll eine Kombination aus Sonnenhut, bedeckender Kleidung, Sonnenschutzmittel, Sonnenbrille und Schatten genutzt werden, wenn man sich länger als ein paar Minuten im Freien aufhält. Liegt der UV-Index jedoch unter drei, wird kein Sonnenschutz empfohlen.
Personen mit einem erhöhten Risiko für Vitamin-D-Mangel sollten lieber mit ihren Ärzt:innen eine Vitamin-D-Supplementation besprechen, als die Sonnenexposition zu erhöhen. Konkret zum Effekt von Sonnencreme auf Vitamin D heißt es:
„Die Verwendung von Sonnenschutzmitteln sollte die Menschen nicht dem Risiko eines Vitamin-D-Mangels aussetzen. Bei Tests unter Laborbedingungen hat sich gezeigt, dass Sonnenschutzmittel die Wirksamkeit der Vitamin-D-Produktion einschränken. Bevölkerungsstudien haben jedoch gezeigt, dass die regelmäßige Verwendung von Sonnenschutzmitteln kaum Auswirkungen auf den Vitamin-D-Spiegel hat.“
Wer seinen Vitamin-D-Spiegel dennoch durch Sonneneinstrahlung erhöhen möchte, sollte dies eher durch eine Verringerung der Bedeckung durch Kleidung tun als durch eine verlängerte Sonnenexposition, heißt es [3,4,5].
Vitamin-D-Hinweis auf Sonnencreme-Etiketten?
Im August dieses Jahres ist im „Journal of Investigative Dermatology“ ein Beitrag mit dem Titel „Sonnenschutzmittel: Missverständnisse und Fehlinformationen“ erschienen. Dort heißt es im letzten Abschnitt, dass die regelmäßige Verwendung eines Breitspektrum-Sonnenschutzmittels kein Risiko für Vitamin-D-Mangel darstellen sollte. Die Autor:innen plädieren sogar dafür, dass diese Information auf den Etiketten der Produkte erscheinen sollte und gehen davon aus, dass für eine ausreichende Vitamin-D-Produktion nur eine geringe UVB-Exposition erforderlich ist. Zudem würde wohl ausreichend Vitamin D über die Nahrung zugeführt [6]. Eine im Mai dieses Jahres veröffentliche Übersichtsarbeit trifft unter Berufung auf eine weitere Literatur-Studie von 2019 ebenfalls die Aussage, dass Sonnencreme-Anwendung den Vitamin-D-Status nicht stark beeinflusst [7,8].
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Literatur
[1] Bundesamt für Strahlenschutz. Konsentierte Empfehlung zu UV-Strahlung und Vitamin D. 29.03.2022, www.bfs.de/DE/themen/opt/uv/wirkung/akut/empfehlung-vitamin-d.html
[2] Internetauftritt des Bundesamts für Strahlenschutz zu „Das UV-Schutz-Bündnis“, www.bfs.de/DE/themen/opt/uv/buendnis/buendnis_node.html;jsessionid=8DB034FE9D97D00052804D311F3F473F.1_cid349
[3] Cancer Council Australia. Position statement – Sun exposure and vitamin D – risks and benefits. Stand: 18.10.2018, wiki.cancer.org.au/policy/Position_statement_-_Risks_and_benefits_of_sun_exposure
[4] Marks R, Foley PA, Jolley D et al. The effect of regular sunscreen use on vitamin D levels in an Australian population. Results of a randomized controlled trial. Arch Dermatol 1995;131(4):415-21, pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/7726582/
[5] Kimlin MG, Lucas RM, Harrison SL et al. The contributions of solar ultraviolet radiation exposure and other determinants to serum 25-hydroxyvitamin D concentrations in Australian adults: the AusD Study. Am J Epidemiol 2014 Apr 1;179(7):864-74, pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24573539/
[6] Tuchayi S, Wang Z, Yan J et al. Sunscreens: Misconceptions and Misinformation. Journal of Investigative Dermatology 2023;143:1406-1411, www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0022202X23019772
[7] Raymond-Lezman J, Riskin S. Benefits and Risks of Sun Exposure to Maintain Adequate Vitamin D Levels. Cureus 2023;15: e38578, assets.cureus.com/uploads/review_article/pdf/143777/20230604-2302-1bez87l.pdf
[8] Passeron T, Bouillon R, Callender V et al. Sunscreen photoprotection and vitamin D status. British Journal of Dermatology 2019;181:916–931, doi.org/10.1111/bjd.17992
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