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Das ist Sprengstoff für den Beginn des Deutschen Apothekertags am morgigen Mittwoch: Noch bevor Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) virtuell nach Düsseldorf geschaltet wird, sind am Dienstag Bausteine seines Plans für eine Umstrukturierung des Apothekensystems bekannt geworden – die ABDA spricht in einer Pressemitteilung vom Dienstag von „zerstörerischen Plänen“ und einer „Kampfansage des Ministers gegenüber der gesamten Apothekerschaft“.
Einen „Tag der Antworten“ rief die ABDA für den 27. September, den Beginn des Deutschen Apothekertags aus. Sechs Fragen hatte sie an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geschickt, die wollte sie beantwortet haben. Er sollte sich nicht mit wohlfeilem Gerede herauswinden können, sollte zu den Forderungen der Apothekerschaft Stellung nehmen.
Die ABDA wollte Antworten, jetzt sieht es so aus, dass Lauterbach geliefert hat. Am heutigen Dienstag wurde publik, was der Minister bei seiner Videoschalte sagen könnte – und die Standesvertretung ist darüber überhaupt nicht glücklich. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) online berichtet, plant Lauterbach nicht nur Ergänzungen zum Sozialgesetzbuch V, die Apothekerinnen und Apothekern unter anderem bei Lieferengpässen im Herbst und Winter den Austausch von Arzneimitteln erleichtern sollen. Der Minister will auch „den Aufbau von Filial- und Zweigapotheken fördern“ heißt es. „Die Nebenniederlassungen müssen künftig keine eigenen Herstellungs- und Laboreinrichtungen unterhalten. Sie unterliegen nicht mehr der Pflicht zu Nacht- und Notdiensten. Zudem dürfen die Hauptapotheken künftig mehr Betriebsstätten als bisher eröffnen“, schreibt die FAZ online.
Neuer Tiefpunkt
Die ABDA schäumt und sieht die Kommunikation mit dem Bundesgesundheitsministerium „auf einem neuen Tiefpunkt angekommen“. Dass das Mehrbesitzverbot gekippt und wichtige Apothekendienstleistungen wie etwa die Arzneimittelherstellung (Rezepturen) oder Not- und Nachtdienste nicht mehr von allen Apotheken angeboten werden müssen, ist keineswegs eine erhoffte Antwort. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening erklärte laut einer Pressemitteilung vom Dienstag:
„Es ist ein Affront, dass der Minister seine zerstörerischen Pläne noch vor seiner Videobotschaft auf dem morgigen Apothekertag über die Medien verkündet. Aber auch inhaltlich interpretieren wir diese Ideen als Kampfansage des Ministers gegenüber der gesamten Apothekerschaft. Mit der Honorarkürzung Anfang des Jahres hat die Bundesregierung uns wirtschaftlich bereits extrem unter Druck gesetzt. Kommt Lauterbach mit diesen Plänen im Parlament durch, würde er den Apotheken komplett den Boden unter den Füßen wegziehen.“
Laut FAZ würden Lauterbachs Ideen noch im Frühstadium stecken, das heißt die Änderungsanträge seien auch noch nicht mit den anderen Ressorts abgestimmt. Sie sollen auch eine Flexibilisierung der Öffnungszeiten beinhalten – und eine Überarbeitung des Honorarsystems. Es müsse „partiell neu justiert werden, um einen Honoraranreiz für strukturschwache Standorte zu schaffen“, zitiert die Tageszeitung aus einer Absichtserklärung. Und dann soll alles ziemlich schnell gehen: „Die Pläne zu den Filialapotheken und zu den Honoraren sollen bis Ende des Jahres in Gesetzesform eingebracht werden“, heißt es in der Ankündigung.
Dem Personalmangel will Lauterbach entgegenwirken, indem Pharmazeutisch-Technische Assistenten auch allein „die Beratung vor Ort“ übernehmen sollen, „wenn sie digital an die Hauptapotheke angebunden sind“. Man müsse „auch neue Wege wagen, um gute Gesundheitsversorgung weiterhin überall anbieten zu können.“
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Mit Schmeicheleien an die Adresse der Apothekerschaft wollte Lauterbach dann aber gegenüber der FAZ – wie schon zuvor bei verschiedenen Gelegenheiten – auch nicht sparen. Für eine gute Versorgung bedürfe es eines flächendeckenden Apothekennetzes, so Lauterbach. Bereits in der Pandemie hätten die Pharmazeuten „eine zentrale Rolle gespielt“. Sie würden „in der jetzt kommenden Herbst- und Winterwelle von Infekten“ wieder „besonders gebraucht“. Damit keine Unterversorgung entstehe, „werden wir Filialgründung und -betrieb auf dem Land erleichtern sowie die Honorare in strukturschwachen Gebieten anpassen.“
„An den Haaren herbeigezogen“
Overwiening erinnerte laut Pressemitteilung an den Koalitionsvertrag. Dort hatten die Ampelfranktionen noch eine Stärkung der Apotheken versprochen: „Mit den jetzt bekannt gewordenen Plänen wird genau das Gegenteil erreicht: Die Beratung durch approbierte Apothekerinnen und Apotheker wird zusammengestrichen, die Versorgung mit Rezepturen, wie beispielsweise Salben und Fiebersäften für Kinder, wird in vielen Apotheken gänzlich gestrichen – und für Notdienste müssten die Patientinnen und Patienten sehr lange Strecken fahren, bis sie versorgt werden können.“ Es sei „an den Haaren herbeigezogen“, wenn Lauterbach denke, dass es „mit seinen Plänen mehr Filialgründungen geben könnte“.
Bald neue Protestwelle
Der Minister müsse verstehen, so Overwiening: „Das gesamte System benötigt mehr Geld! Eine Versorgung in der Fläche und damit auch im ländlichen Raum wird durch diese unausgegorenen Pläne zusätzlich geschwächt.“ Es sei „beängstigend, dass der Minister nun jegliche Diskussionsebene und Konstruktivität verlassen hat und die vollversorgenden Apotheken abschaffen will“. Die Apotheken würden in der derzeitigen Lieferengpasskrise den „sozialen Frieden“ sichern: „Gerade einem SPD-Minister sollte es wichtig sein, dass alle Menschen in Deutschland einen gleichwertigen Zugang zu einer guten Gesundheitsversorgung haben. Wir hoffen, dass das Parlament die grenzenlose Verantwortungslosigkeit des Ministers zu bremsen weiß.“
Die ABDA hatte angekündigt, es werde im Herbst weitere Proteste geben, sollte es von Lauterbach am morgigen Mittwoch keine Antworten geben. Das scheint überholt zu sein. Wie Overwiening in der Pressemitteilung erklärt, werde man „sehr bald eine neue Protestwelle starten, um der Politik zu signalisieren, wie wichtig eine wohnortnahe Versorgung für die Patientinnen und Patienten ist“. Diesmal sucht die ABDA offensichtlich aber den Schulterschluss mit anderen Akteuren im Gesundheitswesen: „Wir stehen dazu auch im Austausch mit anderen heilberuflichen Gruppen und schließen gemeinsame Aktionen nicht aus“, heißt es von der Standesvertretung.
19 Kommentare
Erleichterung für Filialapotheken
von Dr. Peter Post am 28.09.2023 um 11:57 Uhr
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Karls Pläne
von pille62 am 27.09.2023 um 12:54 Uhr
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Da hatte jemand eine Idee...
von Kleiner Apotheker am 27.09.2023 um 9:58 Uhr
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AW: Da hatte jemand eine Idee
von Katrin am 27.09.2023 um 10:42 Uhr
Lauterbach
von Landapotheker/innen am 27.09.2023 um 9:39 Uhr
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Lauterbach
von Scarabäus am 27.09.2023 um 8:55 Uhr
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Das Mass ist voll !
von Uwe Hansmann am 27.09.2023 um 7:45 Uhr
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AW: Das Mass ist voll
von Carolina Kusnick am 27.09.2023 um 9:49 Uhr
Be careful what you whish for…
von Dr. House am 27.09.2023 um 5:51 Uhr
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AW: Be careful what you whish for
von PTA am 27.09.2023 um 8:58 Uhr
AW: Be careful what you whish for
von Peter Winkelmann am 27.09.2023 um 10:00 Uhr
Steht auf und wehrt euch
von Rose am 26.09.2023 um 23:22 Uhr
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Lauterbachs Angriff
von Uwe Dietze am 26.09.2023 um 18:58 Uhr
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AW: Lauterbachs Angriff
von Böser Denker am 27.09.2023 um 9:58 Uhr
Lauterbach
von Roland Mückschel am 26.09.2023 um 18:57 Uhr
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