Lieber langsam
Grundsätzlich gilt: Wenn Grunderkrankungen vorliegen, sollte eine Gewichtsreduktion immer mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt besprochen werden. Denn infolge von Gewichtsveränderungen muss möglicherweise die Dosis der eingenommenen Arzneimittel angepasst werden. Zudem baut der Körper beim Abnehmen im Alter nicht nur Fettdepots, sondern auch verstärkt Muskel- und Knochenmasse ab. Das kann zu Einschränkungen der Beweglichkeit führen und die Sturzgefahr erhöhen. Um diesem Risiko entgegenzuwirken, sollte trotz der reduzierten Kalorienzufuhr eine ausreichende Versorgung mit Eiweiß und anderen Nährstoffen durch eine vollwertige Mischkost erfolgen und dem Muskel- und Knochenabbau durch Bewegung entgegengesteuert werden. Extreme oder einseitige Diäten und Hungern sollten vermieden werden, sie führen zu Nährstoffmangel und Jo-Jo-Effekt. Günstig ist eine langsame Gewichtsabnahme von 0,5 – 1 kg pro Monat.
Die Top-3-Diäten
Ein Beispiel für eine geeignete Art abzunehmen, ist die Mittelmeerdiät. Sie ist die Nummer Eins in dem vom U. S. News & World Reports durchgeführten Diät-Ranking 2023 [4]. Eigentlich handelt es sich hierbei um eine ausgewogene mediterrane Ernährung mit viel Obst und Gemüse, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Nüssen, viel Fisch und wenig Fleisch und mit vielen ungesättigten Fetten, vor allem nativem Olivenöl. Diese Ernährungsform soll zugleich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduzieren und möglicherweise vorbeugend gegen Demenz wirken [5].
Platz zwei belegt die Dash-Diät (= „Dietary Approaches to Stop Hypertension“, der „Diätetische Ansatz zum Stopp von (Blut)Hochdruck“), die vom US-amerikanischen National Heart, Lung and Blood Institute (NHLBI) entwickelt wurde. Hier wird vor allem auf Fett und Cholesterol-reiche Nahrung verzichtet. Verzehrt werden überwiegend Gemüse, Obst, Fisch und fettarme Milchprodukte, eiweißreiche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte und Eier und vollwertige Getreidesorten. Diese Ernährung soll die Blutdrucksenkung unterstützen. In beiden Konzepten erfolgt eine langsame Gewichtsabnahme, wenn die tägliche Kalorienaufnahme durch kleinere Portionen beschränkt wird.
Auf dem dritten Platz des Rankings liegt die Flexitarier-Diät (flexibel vegetarische Ernährung), eine pflanzenbasierte Ernährung. Sie besteht zu einem überwiegenden Anteil aus pflanzlichen Lebensmitteln wie Gemüse und Obst, Vollkorngetreide und Hülsenfrüchten, Nüssen und pflanzlichen Ölen. Ergänzend wird eine geringe Menge an Lebensmitteln tierischer Herkunft verzehrt. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt diese halbvegetarische Ernährung und zählt auch die mediterrane Diät dazu.
Was zusätzlich helfen kann
Da im Alter ungesunde Ernährungsgewohnheiten oft schon sehr lange bestehen und schwer abzulegen sind, ist für viele eine schrittweise Umstellung sinnvoll. Oft fehlt es auch am Bewusstsein, dass beispielsweise die abendliche Tüte Chips zum Fernsehen oder das Bier zum Essen maßgeblich zum Kalorien-Überschuss beitragen. Hier kann eine professionelle Ernährungsberatung helfen oder die Teilnahme an einem zertifizierten Abnehm-Programm. Für Technik-affine Senioren gibt es auch zertifizierte Apps zum Abnehmen und Onlinekurse. Manche Krankenkassen bieten eigene Programme an oder übernehmen im Einzelfall zumindest einen Teil der Kosten. Bei Adipositas kann die Ärztin oder der Arzt bestimmte Apps (z. B. von Oviva) auf Rezept verschreiben. Daher kann man in der Apotheke auf jeden Fall empfehlen, bei der Krankenkasse nachzufragen.
Intervallfasten
Eine Empfehlung – auch für Senioren – kann zudem das Intervallfasten sein. Hierbei werden entweder zwei Tage pro Woche gefastet (max. 600 kcal pro Tag) und fünf Tage normal gegessen (5 : 2-Methode), oder es wird täglich sechzehn Stunden gefastet und nur in den verbleibenden acht Stunden gegessen (16 : 8-Methode) [6]. In einer Pilotstudie der Technischen Universität Berlin wurde die 16 : 8-Methode über vier Wochen unter Alltagsbedingungen bei 45- bis 78-Jährigen im Rahmen eines Vorher-Nachher-Vergleichs untersucht. 58% der 74 Teilnehmenden hatten mindestens eine Begleiterkrankung. Die Methode führte unter Alltagsbedingungen zu einer relevanten Gewichtsabnahme und zu einer Reduktion des Bauchumfangs, ohne den allgemeinen Gesundheitszustand zu beeinträchtigen [7]. Größere Studien gerade zu Älteren stehen noch aus, doch könnte das Intervallfasten positive Effekte auf Insulinresistenz, Dyslipidämie Bluthochdruck und Entzündungen haben [8, 9].
Bewegung – das A und O gerade im Alter
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt zur Förderung der Gesundheit für Menschen über 65 Jahren mindestens 2,5 Stunden pro Woche körperliche Aktivität. Regelmäßige Bewegung im Alltag verbessert das körperliche und geistige Wohlbefinden und fördert die Gesundheit im Alter, da Gleichgewicht, Koordination, Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit trainiert werden. Damit bleiben Alltagskompetenzen erhalten, was ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Bewegung beeinflusst auch im Alter häufige Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Stoffwechselstörungen positiv.
Trotz der nachgewiesen günstigen Wirkung von regelmäßiger Bewegung erreichen in Deutschland 82 % der 60- bis 69-Jährigen und 86,4 % der 70- bis 79-Jährigen die Mindestempfehlung der WHO von 2,5 Stunden körperlicher Aktivität pro Woche nicht. Ein Beispiel für ein niedrigschwelliges Angebot, das dem Bewegungsmangel entgegenwirken soll, ist das AlltagsTrainingsProgramm (ATP), das die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gemeinsam mit Kooperationspartnern aus Wissenschaft und Sport entwickelt hat [10]. Es richtet sich an Menschen ab 60 Jahren und bietet einfache Tipps, um mehr Bewegung in den Alltag zu bringen.
Medizinische Unterstützung
In den sozialen Medien wird die „Abnehmspritze“ Wegovy® gerade sehr propagiert. Wegovy® enthält den GLP-1-Rezeptor-Agonisten Semaglutid und ist bei Erwachsenen mit einem Body-BMI ≥ 30 kg/m2 sowie bei Erwachsenen mit starkem Übergewicht (BMI ≥ 27 kg/m2) und mindestens einer gewichtsbedingten Komorbidität, z. B. Prädiabetes, Hypertonie oder obstruktivem Schlafapnoe-Syndrom, zugelassen. In dem Präparat Ozempic® wird Semaglutid (teilweise in niedrigerer Dosierung) gegen Diabetes Typ 2 eingesetzt. In beiden Fällen wird es einmal wöchentlich subcutan injiziert. Die GLP-1-Agonisten wirken wie das körpereigene Darmhormon GLP-1: Sie stimulieren die Insulin-Sekretion, vermindern die Glucagon-Freisetzung, verlangsamen die Magenentleerung und reduzieren den Appetit. Anfang Dezember kam der duale Agonist Tirzepatid (Mounjaro®) für Diabetiker in Deutschland auf den Markt, der agonistisch am GLP-1- und GIP-Rezeptor (GIP = Glucose-abhängiges insulinotropes Peptid) wirkt. Gemäß den Zulassungsstudien ist Tirzepatid noch wirksamer als die GLP-1-Rezeptor-Agonisten. Eine Indikationserweiterung für Adipositas und übergewichtige Patienten mit weiteren gewichtsbedingten Erkrankungen ist bereits beantragt. In Deutschland sind die verfügbaren Präparate rezeptpflichtig. Von den gesetzlichen Krankenkassen werden nur die Fertigarzneimittel zur Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2 erstattet. Nicht zu vernachlässigen sind auch die möglichen Nebenwirkungen: Neben häufigen gastrointestinalen Beschwerden kann auch eine Pankreatitis oder eine Verschlechterung der Nierenfunktion bei bestehender Niereninsuffizienz auftreten. Zudem kommt es bei Absetzen von Wegovy® zu einer erneuten Gewichtszunahme, sodass das Präparat wahrscheinlich dauerhaft angewendet werden muss. Die Entscheidung, ob ein derartiges Präparat zur Gewichtsabnahme eingesetzt werden kann, müssen Ärztin oder Arzt und betroffene Personen gemeinsam unter Abwägung der Risiken und auch der Kosten treffen.
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