kausale, nicht hormonelle Wirkung

Weniger Hitzewallungen in der Menopause dank Fezolinetant

23.02.2024, 15:14 Uhr

Die neue Therapieoption wird einmal täglich unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen. (Foto: Astellas Pharma)

Die neue Therapieoption wird einmal täglich unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen. (Foto: Astellas Pharma)


Seit Februar 2024 steht mit dem Neurokinin-3­(NK3)-Rezeptorantagonisten Fezo­linetant (Veoza®) eine neue Behandlungsoption für Frauen in den Wechseljahren zur Verfügung, die unter moderaten bis schweren vasomotorischen Symptomen wie Hitzewallungen leiden. Durch den nicht hormonellen Therapieansatz hofft man auf ein besseres Sicherheitsprofil als bei Hormontherapeutika.

Im Klimakterium leiden etwa 75% der Frauen unter Hitzewallungen und nächtlichen Schweißausbrüchen. Diese vasomotorischen Symptome können in der ohnehin häufig als schwierig wahrgenommenen Lebensphase das Wohlbefinden und den Schlaf nach­haltig beeinträchtigen. Etwa 20% der Betroffenen berichten von einem hohen Leidensdruck. 

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Bei Versagen von Maßnahmen wie Entspannungstechniken oder ausgewogener Ernährung greifen viele Frauen zunächst auf Phytotherapeutika auf Basis von Traubensilberkerze, Rotklee oder Mönchspfeffer zurück. Allerdings wirken diese Präparate nicht immer zuverlässig, sodass von ärztlicher Seite häufig zu Hormontherapien mit Estrogenen oder Progesteron geraten wird. Diese Substanzen bewirken normalerweise eine zuverlässige Linderung der quälenden Hitzewallungen, sind jedoch mit einer ganzen Reihe von Risiken und unerwünschten Nebenwirkungen assoziiert. So kann es unter Estrogen-Therapie verstärkt zu Thrombosen, Schlaganfällen und Mammakarzinomen kommen. Diese mitunter lebensbedrohlichen Gefahren führen bei den Frauen zu einer starken Verunsicherung. Insbesondere wenn eine Prädisposition für thromboembolische Ereignisse besteht oder eine Vorgeschichte mit hormonab­hängig wachsenden Tumoren vorliegt, sollte nach Möglichkeit ganz auf Hormonpräparate für die Menopause verzichtet werden.

Die Applikationsart ist entscheidend

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Wie kommt es zu Hitzewallungen?

Das in den hypothalamischen Nervenzellen gebildete Neuropeptid Neuro­kinin B ist zusammen mit Estrogenen für die Thermoregulation des Körpers mitverantwortlich. An den zugehörigen Neurokinin-3-Rezeptoren (NK3R) löst es eine gesteigerte Aktivität der Kisspeptin-Neurokinin-B-Dynorphin­(KNDy)-Neurone und damit beispielsweise verstärktes Schwitzen aus. Vor der Menopause ist ausreichend Estrogen als inhibitorischer Gegenspieler von Neurokinin B im Organismus vorhanden, sodass die Temperatursteuerung in einem gewissen Rahmen ausgeglichen ist. Wegen der während und nach der Menopause abnehmenden estrogenen Hemmung kommt es zu einer übermäßigen Erweiterung der dermalen Gefäße, die zu der unangenehmen vasomotorischen Symptomatik führt.

Nur einmal täglich

Der nicht hormonelle, selektive Neurokinin-3-Rezeptorantagonist Fezolinetant greift mit seinem völlig innovativen Wirkmechanismus direkt in die beschriebene Pathogenese der Hitzewallungen ein. Er blockiert die Bindung von Neurokinin B an die KNDy-Neurone, sodass die aktivierende Wirkung unterbleibt (s. Abb.). Bei (post)-menopausalen Frauen mit niedrigem Estrogen-Spiegel wird somit das Gleichgewicht der neuronalen Aktivität im thermoregulatorischen Zentrum des Hypothalamus wiederhergestellt. Fezolinetant wird in einer Dosierung von einmal täglich 45 mg unabhängig von den Mahlzeiten peroral eingenommen. Bei der Behandlung von Frauen ab 65 Jahren oder Vorliegen einer schwereren Nieren- oder Leberinsuffizienz ist wegen aktuell noch fehlender Erfahrungen Vorsicht geboten. Schwangere Frauen dürfen Fezolinetant gar nicht anwenden. Falls die Menopause noch nicht sicher durchlaufen ist, muss daher unter dem NK3-Rezeptorantagonisten eine zuverlässige Verhütungsmethode angewendet werden. Die gleichzeitige Behandlung mit CYP1A2-Inhibitoren wie beispielsweise Ethinylestradiol oder Fluvox­amin führt zu einer reduzierten Biotransformation von Fezolinetant und damit zu einer Verstärkung von dessen Wirkungen und Nebenwirkungen. Von einer kombinierten Applikation wird abgeraten.

Abb.: Wirkmechanismus Vor der Menopause befindet sich die Aktivität der für die Thermoregulation mitverantwortlichen Kiss­peptin-Neurokinin B-Dynorphin(KNDy)-Neurone im Hypothalamus im Gleichgewicht. Die agonistischen Wirkungen von Neurokinin B und die inhibitorischen Effekte durch Estrogen heben sich im Großen und Ganzen auf. Im Bereich und nach Durchlaufen der Meno­pause fällt die hemmende Estrogen-Wirkung nach und nach weg, und es kommt verstärkt zu Gefäßerweiterungen mit Schwitzen und Hitzewallungen. Durch den Einsatz des Neurokinin-3(NK3)-Rezeptorantagonisten Fezolinetant wird die aktivierende Wirkung von Neurokinin B am NK3-Rezeptor unterbunden und so das Gleichgewicht der KNDy-Aktivität wiederhergestellt. Bei Frauen mit Meno­pause-assoziierten vasomotorischen Symptomen gehen die belastenden Hitzewallungen zurück.
 

Welche Nebenwirkungen sind möglich?

Während der Anwendung von Fezo­linetant kommt es häufig zu Schlaf­losigkeit, Diarrhö und Abdominalschmerzen. Weiterhin ist mit erhöhten Alanin- oder Aspartataminotrans­ferase-Werten zu rechnen. Dieser unerwünschte Effekt ist zwar meist reversibel und verläuft in der Regel asymptomatisch, dennoch sollten vor allem bei Frauen mit bereits vorbestehenden Lebererkrankungen regelmäßige Kontrollen stattfinden. Wegen fehlender Erfahrung wird der Einsatz von Fezo­linetant bei Frauen, die sich einer onkologischen Behandlung wie Chemo-, Strahlen- oder Antihormontherapie gegen Estrogen-abhängige Malignome unterziehen, derzeit nicht empfohlen. Falls eine solche Therapie abgeschlossen ist, kann eine Fezolinetant-Therapie nach strenger Nutzen-Risiko-Abwägung stattfinden, jedoch liegen auch für diesen Fall noch keine Daten vor.

Fezolinetant ist ein oral verfüg­bares small molecule mit Pyrazin-Grundgerüst.
 

Das SKYLIGHT-Studienprogramm

Die Zulassung von Fezolinetant beruht auf den beiden sehr ähnlich konzipierten, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studien SKYLIGHT 1 und 2. Die nahezu 700 Teilnehmerinnen in den therapeutisch relevanten Therapiearmen litten durchschnittlich sieben Mal pro Tag unter moderaten bis schweren Menopause-assoziierten Hitzewallungen. Durch die Behandlung mit dem NK3-Rezeptorantagonisten konnte eine signifikante Verringerung der Häufigkeit und Intensität der Symptomatik erreicht werden. Nach zwölfwöchiger Behandlung wurde die Anzahl der Schwitzattacken um durchschnittlich 63% gesenkt. Der entsprechende Wert in den Placebogruppen lag bei 40%. Auch die Intensität der vasomotorischen Symptomatik war bei den Teilnehmerinnen im Fezolinetant-Arm gegenüber der Placebogabe signifikant verringert. Die Inzidenz von Nebenwirkungen war in allen Kohorten mit etwas mehr als 40% ähnlich hoch.

Weiterer Klärungsbedarf

Insgesamt lieferten die Zulassungsstudien mit Fezolinetant als innovativem Therapieansatz gute Resultate, sodass viele Frauen zukünftig möglicherweise den Einsatz ihrer herkömmlichen menopausalen Hormontherapie überdenken. Ein besonderer Vorteil des NK3-Rezeptorantagonisten liegt in der Tatsache begründet, dass die Substanz nach derzeitigem Kenntnisstand auch bei Kontraindikation gegen eine hormonelle Behandlung verwendet werden kann. Allerdings ist die Datenlage für den Einsatz von Fezolinetant, beispielsweise bei Patientinnen mit Thromboembolien oder Estrogen-abhängigen Tumoren in der Vorgeschichte, noch sehr begrenzt. Zudem wäre in längerfristigen Untersuchungen zu klären, wie hoch das Substanz-assoziierte Hepatotoxizitätsrisiko ist, da unter dem NK3-Rezeptorantagonisten, wie erwähnt, häufig erhöhte Leberenzymwerte beobachtet wurden. Weiterhin sollten direkt vergleichende Studien mit Hormonpräparaten durchgeführt werden, um den zu erwartenden therapeutischen Nutzen, insbesondere bezüglich der vasomotorischen Wirkung, besser einordnen zu können.

Neue Arzneimittel

Apothekerin Dr. Monika Neubeck stellt neue Wirkstoffe ausführlich vor und ordnet sie in die bestehenden Therapieoptionen ein. Abonnentinnen und Abonnenten der DAZ finden die neuen Arzneistoffe auf DAZ.online unter www.deutsche-­apotheker-zeitung.de/pharmazie/arzneimittel.

Neu hinzugekommen sind:

  • Elranatamab
  • Pegzilarginase
  • Fezolinetant

Dort steht Ihnen auch ein Archiv mit allen seit 2000 eingeführten Wirkstoffen zur Ver­fügung.

Literatur

[1] Fachinformation zu Veoza®, Stand Dezember 2023

[2] Lederman S, Ottery FD, Cano A et al. Fezolinetant for treatment of moderate-to-severe vasomotor symptoms associated with menopause (SKYLIGHT 1): a phase 3 randomised controlled study. Lancet 2023;401(10382):1091-1102, doi: 10.1016/S0140-6736(23)00085-5

[3] Johnson KA, Martin N, Nappi RE et al. Efficacy and safety of fezolinetant in moderate to severe vasomotor symptoms associated with menopause: a phase 3 RCT. J Clin Endocrinol Metab 2023;108(8):1981-1997, doi: 10.1210/clinem/dgad058

[4] EPAR summary for the public. Veoza® Fezolinetant. Informationen der Europäischen Arzneimittel-Agentur, EMA/482166/2023


Apothekerin Dr. Monika Neubeck


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