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Podiumsdiskussion
Von Führungsschwäche und mangelnder Glaubwürdigkeit
Hat die ABDA das Verhältnis mit der Politik an die Wand gefahren? Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion beim INTERPHARM-Satelliten Apotheke & Wirtschaft geizten jedenfalls nicht mit Kritik an der apothekerlichen Standesvertretung. Der Konfrontationskurs, den die ABDA derzeit fährt, führt aus Sicht der Diskutanten in eine Sackgasse – es sei jetzt an der Zeit für einen Strategiewechsel.
Die ABDA hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Das meint zumindest AWA-Chefredakteur Hubert Ortner. Bei der Podiumsdiskussion im Zuge des INTERPHARM-Satelliten Apotheke & Wirtschaft kritisierte er, dass die Standesvertretung die wirtschaftliche Lage der Branche künstlich kleinrede. In der öffentlichen Debatte rücke sie den Fokus ausschließlich auf das finanzschwächste Drittel der Betriebe, verschweige aber gern, dass es vielen Apotheken noch immer sehr gut gehe. „Da entsteht ein Zerrbild“, sagte Ortner. „Die Zahlen geben nicht her, dass die Apotheken kollektiv Not leiden.“ Die Folge sei, dass die ABDA zur Politik nicht mehr durchdringe und auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kaum noch zu Gesprächen bereit sei.
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Aus seiner Sicht ist die Zukunft der Apotheken und der Arzneimittelversorgung in Deutschland längst nicht so düster, wie die Bundesvereinigung sie skizziert. Vor dem Hintergrund, dass es hierzulande noch etwa 17.500 Offizinen gibt, sei er „nicht so sicher, ob wir tatsächlich in einen Versorgungsnotstand hineinlaufen“. Er verwies auf Berechnungen des AWA-Herausgebers Reinhard Herzog, wonach die Versorgung auch mit 13.000 Apotheken noch gewährleistet wäre. Die Forderung nach einem Inflationsausgleich sei gerechtfertigt, ein Fixum in Höhe von 12 Euro zu verlangen aber nicht.
ABDA verspielt Chancen auf Dialog
Auch Apotheker Fabio Nobre aus Bad Kreuznach ist alles andere als zufrieden damit, wie seine Standesorganisation derzeit auftritt. „Was die ABDA macht, ist schlichtweg peinlich“, fasste er zusammen. Kritisch sieht er unter anderem die Blockadehaltung der ABDA, wenn es um die Eckpunkte der Apothekenreform aus dem Bundesministerium für Gesundheit geht. „Es ist nicht alles schlecht, was von Lauterbach kommt.“ Mit ihrer Abwehrhaltung habe die ABDA sämtliche Chancen vertan, doch noch mit dem Minister in den Dialog zu kommen.
Rechtsanwalt Morton Douglas von der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen aus Freiburg bemängelte insbesondere, dass die Bundesvereinigung die wirtschaftliche Notwendigkeit speziell der Drei-Prozent-Marge nicht ausreichend erkläre. „Ich glaube, der Politik ist nicht klar, was es bedeutet, einen Arzneimittelbedarf für eine Woche vorfinanzieren zu müssen“, sagte er. „Dafür brauchen wir die Marge, denn die Apotheken müssen auch hochpreisige Arzneimittel in voller Höhe bezahlen.“ Hintergrund ist die geplante Umschichtung der Apothekenvergütung: In den Eckpunkten aus dem Hause Lauterbach ist vorgesehen, die Marge schrittweise von 3 auf 2 Prozent zu senken und die dadurch frei werdenden finanziellen Mittel für eine Erhöhung des Fixums zu verwenden. So soll das Gesamthonorar gleichmäßiger als bisher unter den Apotheken verteilt werden.
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Problematische Hochpreiser
Ortner zählt zu den Branchenkennern, die einer Umverteilung durchaus etwas Positives abgewinnen können, hält den vorgeschlagenen Weg aber nicht für zielführend. „Das ist nicht der richtige Hebel“, glaubt er. Denn so würden die Apotheken noch stärker als ohnehin schon von der Marktentwicklung entkoppelt. Nobre gab zu bedenken, dass dieses Vorhaben insbesondere große, spezialisierte Apothekengruppen treffen würde, die viele Hochpreiser abgeben. Das, erwartet er, könnte sich letztlich negativ auf die Investitionsbereitschaft der Apotheker auswirken.
Dass Lauterbach ab dem Jahr 2027 die Apothekerschaft und den GKV-Spitzenverband damit beauftragen will, die Höhe des Fixums auszuhandeln, kam in der Runde ebenfalls nicht gut an. Ortner äußerte Zweifel, ob dieser Plan für den Berufsstand tatsächlich vorteilhaft ist. „Bei ergebnisoffenen Verhandlungen kann man auch schlechter rausgehen, als man reingegangen ist“, merkte er an. Und in den vergangenen Jahren habe die Standesvertretung nicht unbedingt mit Verhandlungsgeschick geglänzt. Douglas hält von diesem Ansatz ebenfalls nichts. „Hier schiebt der Gesetzgeber die Verantwortung ab“, betonte er. „Das zeugt von Führungsschwäche.“
„Die Apotheker müssen ihre Komfortzone verlassen“
Dennoch waren sich die Diskutanten einig, dass ein pauschales Nein der ABDA zu den Eckpunkten keine gute Basis ist, um den anstehenden Gesetzgebungsprozess doch noch zugunsten der Apothekerschaft zu beeinflussen. Statt des eingeschlagenen Konfrontationskurses gelte es, mit den Ideen des Ministers zu arbeiten. Positiv sei zum Beispiel, dass er die Apotheken stärker als bisher in die Prävention von Krankheiten einbinden möchte. Der Berufsstand sei jetzt gefragt, sich für neue Konzepte zu öffnen. „Die Apotheker müssen ihre Komfortzone verlassen und sich neu erfinden“, meint Douglas. „Dann glaube ich sehr stark an die Zukunft der deutschen Apotheken.“
5 Kommentare
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