Geplante Änderung der AMVV

ABDA: Unklarheiten beim E-Rezept behindern Arzneimittelversorgung

Berlin - 03.04.2024, 12:15 Uhr

Aus Sicht der ABDA gilt es jetzt, die AMVV fit zu machen für das digitale Zeitalter. (Foto: IMAGO / MiS)

Aus Sicht der ABDA gilt es jetzt, die AMVV fit zu machen für das digitale Zeitalter. (Foto: IMAGO / MiS)


Das BMG will mit einer Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung unter anderem das Migränemittel Rizatriptan aus der Verschreibungspflicht entlassen. Die ABDA appelliert, in diesem Zuge die AMVV auch mit Blick auf das E-Rezept nachzubessern – sie sieht „erhebliches Streitpotential“ hinsichtlich der Umsetzung der Vorgaben in der digitalen Welt und damit einhergehend ein erhöhtes Retax-Risiko für Apotheken.

Die Sichtwahl könnte schon bald um ein Triptan reicher werden: Neben Nara-, Suma- und Almotriptan will das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) nun auch Rizatriptan aus der Verschreibungspflicht entlassen. Rezeptfrei erhältlich sein soll es künftig „zur akuten Behandlung der Kopfschmerzphase bei Migräneanfällen mit und ohne Aura, nach ärztlicher Erstdiagnose einer Migräne, in festen Zubereitungen zur oralen Anwendung in Konzentrationen von 5 mg je abgeteilter Form und in einer Gesamtmenge von 10 mg je Packung“. So sieht es der Regierungsentwurf einer Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) vor, den das BMG dem Bundesrat zur Zustimmung vorgelegt hat. Demnach soll auch etwa das Antihistaminikum Olopatadin zur Anwendung am Auge bei Erwachsenen künftig ohne Rezept erhältlich sein, sofern das Arzneimittel nicht von der Europäischen Kommission als verschreibungspflichtig zugelassen ist.

Doch mit der Änderungsverordnung will das Ministerium nicht nur die Empfehlungen des Sachverständigenausschusses für die Verschreibungspflicht vom Juli 2023 umsetzen. Eine geplante Anpassung des § 2 Absatz 1 Nr. 1 AMVV sieht vor, dass Human-, Tier- und Zahnärztinnen und -ärzte, die Arzneimittel verordnen wollen, künftig zwingend eine Adresse und eine Telefonnummer zur Kontaktaufnahme auf dem Rezept angeben müssen – auch wenn sie nicht in einer Klinik oder Praxis arbeiten. Demnach sind entweder die Daten der sonstigen Gesundheitseinrichtung aufzutragen, in der die verschreibende Person tätig ist, oder deren Privatadresse und -telefonnummer.

ABDA: Neuregelung brächte keine Verbesserung der AMTS

Die ABDA ist von diesem Vorhaben nicht überzeugt. „Unklar bleibt, welche Gesundheitseinrichtungen neben Praxen oder Kliniken der Verordnungsgeber hier im Blick hat“, schreibt sie in ihrer Stellungnahme zum Entwurf. Die Ergänzung des Begriffs berge daher rechtliche Risiken. „Dies gilt insbesondere auch für elektronische Rezepte, sofern die Angabe als Freitextfeld zu befüllen ist, das durch den Fachdienst bei der Gematik nicht überprüft werden kann.“ Aus Sicht der Bundesvereinigung würde dadurch der Prüfaufwand in den Apotheken steigen. Zudem drohe Streit bei der Abrechnung und das Retaxationsrisiko für Apotheken würde erhöht. „Es ist demgegenüber nicht ersichtlich, dass durch die Angabe die Arzneimittelsicherheit verbessert werden kann“, meint die ABDA und regt an, diese Formulierung zu streichen.

Darüber hinaus weist die apothekerliche Standesvertretung auf die Notwendigkeit hin, die AMVV fit zu machen für das digitale Zeitalter. Bereits seit dem 1. Januar 2024 sind Ärztinnen und Ärzte verpflichtet, bei Arzneimittelverordnungen statt des Muster-16-Formulars das E-Rezept zu nutzen. „Gleichwohl besteht nach wie vor in der Praxis erhebliches Streitpotential hinsichtlich der Umsetzung der Vorgaben der Arzneimittelverschreibungsverordnung in der digitalen Welt. Diese Auseinandersetzungen führen dazu, dass die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung durch Unklarheiten behindert wird, Apotheken zusätzlichen Retaxierungsrisiken ausgesetzt sind und darüber hinaus auch grundsätzlich der Erfolg der Einführung des elektronischen Rezepts in Frage gestellt wird.“

Braucht die AMVV ein Update?

Vor diesem Hintergrund hält die ABDA es für erforderlich, der AMVV ein Update zu verpassen. „Dies betrifft nicht die inhaltlichen Vorgaben, die eine Arzneimittelverschreibung aus Gründen der Arzneimittelsicherheit vorsehen muss“, stellt sie klar. „Sofern allerdings die formalen Anforderungen, die § 2 Absatz 1 AMVV an eine ärztliche Verschreibung aufstellt, durch die Rahmenbedingungen der Telematikinfrastruktur nach den §§ 334 ff SGB V gewährleistet werden, bedarf es hierzu keiner gesonderten Vorgaben in der AMVV mehr.“

Dies betreffe insbesondere § 2 Absatz 1 Nr. 1 AMVV, der die Qualifikation der verschreibenden Person und damit deren Verschreibungsbefugnis gewährleisten soll. „Nach geltender Rechtslage ist im Rahmen der Telematikinfrastruktur durch das Erfordernis eines elektronischen Heilberufsausweises gewährleistet, dass nur ein Arzt bzw. Zahnarzt eine ordnungsgemäße elektronische Verschreibung nach § 360 SGB V ausstellen kann.“ Daher sei es ausreichend, wenn die Vorgaben des § 2 AMVV künftig nur für Verschreibungen erforderlich bleiben, für die nicht nach § 360 Absatz 1 SGB V die Telematikinfrastruktur nach dem SGB V zu nutzen ist.

Gesundheitsausschuss berät sich am 10. April 

Am 10. April wird sich zunächst der Gesundheitsausschuss des Bundesrats mit der geplanten Anpassung der AMVV beschäftigen und eine Beschlussvorlage für das Plenum der Länderkammer ausarbeiten. Der nächstmögliche Termin, an dem dieses über die Änderungsverordnung abstimmen könnte, ist der 26. April. Die Verordnung ist zustimmungspflichtig.


Christina Grünberg (gbg), Apothekerin, Betriebswirtin (IWW), DAZ-Redakteurin
cgruenberg@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.