Begründung des BfARM

Warum Rizatriptan 5 mg rezeptfrei werden soll

Stuttgart - 17.08.2023, 15:44 Uhr

Die Dosisstärke Rizatriptan 10 mg wird verschreibungspflichtig bleiben – warum eigentlich? (Foto: IMAGO / Pond5 Images)

Die Dosisstärke Rizatriptan 10 mg wird verschreibungspflichtig bleiben – warum eigentlich? (Foto: IMAGO / Pond5 Images)


Mit Almotriptan, Naratriptan und Sumatriptan gibt es bereits einige Wirkstoffe, die Migräne-Patient:innen im Rahmen der Selbstmedikation zur Verfügung stehen. Warum hat sich der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht nun kürzlich dafür entschieden, zusätzlich Rizatriptan für den OTC-Switch zu empfehlen?

Im Juli dieses Jahres empfahl der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht einstimmig, den Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht für Rizatriptan 5 mg zur oralen Anwendung anzunehmen. Das Ergebnisprotokoll, aus dem hervorgeht, wie der Ausschuss seine Entscheidung getroffen hat, wurde nun am 15. August veröffentlicht.

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Demnach gab es rund um Rizaptriptan – anders als bei Sildenafil und Tadalafil – offenbar nicht viel Diskussionsbedarf. Ein Ausschussmitglied fragte lediglich den Antragsteller, „ob der Mechanismus bezüglich der Interaktion mit Propranolol bekannt sei“. Dies wurde verneint, die Interaktion sei klinisch nicht relevant [1]. 

Bei Propranolol-Einnahme maximal 5 mg Rizatriptan

In der zuvor vorgetragenen Präsentation des Antragstellers wird auf die Interaktion zwischen Rizatriptan und Propranolol dennoch eingegangen. Demnach führt die gleichzeitige Einnahme beider Wirkstoffe zwar zu einer erhöhten Plasmakonzentration von Rizatriptan, jedoch ohne unerwünschte Ereignisse hervorzurufen. Der Effekt sei auf Propranolol beschränkt und nicht auf andere Betablocker übertragbar. 

Derzeit gilt in den verschiedenen Fachinformationen die Empfehlung, dass bei gleichzeitiger Einnahme von Propranolol maximal 5 mg (statt 10 mg) Rizatriptan eingenommen werden sollten. „Zwischen der Einnahme von Rizatriptan und Propranolol sollten mindestens zwei Stunden liegen“, heißt es zudem in der Fachinformation von beispielsweise Maxalt® (Stand Februar 2021). 

Da der Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht lediglich die 5 mg vorsah, gab es offenbar keinen Grund, diesem zu widersprechen. So heißt es auch schließlich in der Präsentation des BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte), dass Rizatriptan zur „akuten Behandlung der Kopfschmerzphase bei Migräneanfällen mit und ohne Aura, nach der Erstdiagnose einer Migräne durch einen Arzt, in festen Zubereitungen zur oralen Anwendung in Konzentrationen von 5 mg je abgeteilter Form und in einer Gesamtmenge von 10 mg je Packung“ aus der Verschreibungspflicht entlassen werden sollte. Der Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht für die 10-mg-Dosierung von Rizatriptan war 2011 abgelehnt worden. 

Ansprechen auf Triptane individuell unterschiedlich

Die Behandlung in der Selbstmedikation darf allerdings nur bei Erwachsenen erfolgen. Außerdem ist bei Triptanen die Datenlage im Alter über 65 Jahren begrenzt.Patient:innen mit leicht oder mäßig eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion sollen die niedrigere Dosis von 5 mg erhalten. 

Rizatriptan ist bekanntermaßen nicht der erste OTC-Switch in dieser Wirkstoffgruppe: Naratriptan 2,5 mg ist im Jahr 2006, Almotriptan 12,5 mg im Jahr 2009 und Sumatriptan 50 mg im Jahr 2020 aus der Rezeptpflicht entlassen worden. Warum braucht es also ein weiteres Triptan im OTC-Bereich? 

Das wird vom BfArM damit begründet, dass das Ansprechen von Patient:innen auf einzelne Triptane individuell unterschiedlich sein kann. Entsprechend wird die „Verfügbarkeit unterschiedlicher Triptane im OTC-Bereich“ als sinnvoll erachtet. Zudem unterstütze der OTC-Status die Empfehlung, Triptane möglichst früh in einer Migräne-Attacke einzunehmen, heißt es. Das Nebenwirkungsspektrum von Rizatriptan ist mit den anderen Triptanen im OTC-Bereich vergleichbar und umfasst „milde/nicht-schwerwiegende sowie vorübergehende unerwünschte Ereignisse“. 

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Die OTC-Packungsgröße soll schließlich dennoch beschränkt werden, um einem OTC-Langzeitgebrauch entgegenzuwirken. Somit dürfen Apotheker:innen damit rechnen, bald auch Rizatriptan 5 mg in der Selbstmedikation abzugeben. Die Dosisstärke Rizatriptan 10 mg wird hingegen verschreibungspflichtig bleiben [2,3].

Literatur

[1] Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht nach § 53 Absatz 2 AMG. 87. Sitzung (11. Juli 2023) – Ergebnisprotokoll. Veröffentlicht 15.08.2023. www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Pharmakovigilanz/Ausschuesse-und-Gremien/Verschreibungspflicht/Protokolle/87Sitzung/protokoll_87.html

[2] Präsentation des Antragstellers zu Rizatriptan 5 mg, Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht 11. Juli 2023, www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Arzneimittel/Pharmakovigilanz/Gremien/Verschreibungspflicht/87Sitzung/anlage4.pdf?__blob=publicationFile

[3] BfArM-Präsentation zu Rizatriptan 5 mg, Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht 11. Juli 2023, www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Arzneimittel/Pharmakovigilanz/Gremien/Verschreibungspflicht/87Sitzung/anlage5.pdf?__blob=publicationFile


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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