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In Gudensberg / Nordhessen
Preview für die Apothekenreform
Nachdem Karl Lauterbach im vorigen Jahr seine Ideen für eine Apothekenreform als Stichpunkte vorgestellt hatte, wurde es eher ruhig um das Vorhaben. Nun kam gestern im beschaulichen Gudensberg in Nordhessen im Rahmen einer Bürgerveranstaltung Bewegung in die kommende Apothekenreform. Doch wie kam es dazu?
Protest wirkt! Engagierte Apothekerinnen und Apotheker aus dem Schwalm-Eder-Kreis in Nordhessen haben 10.000 Unterschriften gesammelt, um der Forderung zur Stärkung der Apotheke vor Ort Nachdruck zu verleihen. Dies entging dem direkt gewählten Bundestagsabgeordneten, Professor Edgar Franke, der zugleich der parlamentarische Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium ist, natürlich nicht. Deshalb lud er gemeinsam mit dem Evangelischen Forum Schwalm-Eder zur Bürgerveranstaltung „Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum – Herausforderungen und Lösungen zur Versorgung mit Landarztpraxen, Apotheken und Krankenhäusern“ ein. Hierfür kam niemand geringerer als der zuständige Abteilungsleiter aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG), Thomas Müller, extra aus Berlin angereist, um den aktuellen Stand zur Apothekerreform vorzustellen.
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Thomas Müller, selbst Apotheker und Arzt, stellte den in der Ressortabstimmung befindlichen Gesetzentwurf vor. Dabei betonte er: „Die hier erwähnten Aussagen sind als Eckpunkte zu betrachten und können sich vom bald erscheinenden Referentenentwurf unterscheiden“.
Ausgangspunkt für das Gesetzgebungsvorhaben seien die allgemeinen Trends, wie der Strukturwandel, die Verteilung von Arztpraxen im ländlichen Raum, die vermehrte MVZ-Bildung, die telemedizinische Versorgung sowie die Digitalisierung im Gesundheitssystem – alles Faktoren, die aus Sicht des BMG auch Auswirkung auf die Zukunft der Apotheken haben. Zudem sei nicht nur in Deutschland zu beobachten, dass die Apothekendichte zurückging: Ähnliche Entwicklungen gäbe es auch in anderen Ländern, wie Großbritannien.
Um der Ausgangslage und den Trends, die heute im Einzelhandel schon zu massiven Veränderungen führen, entgegenzuwirken, sollen vier Kernfelder mit der Apothekenreform adressiert werden, so Müller. Geplant ist eine moderate Erhöhung beziehungsweise eine Umverteilung von Vergütungsbestandteilen, eine Hebung wirtschaftlicher Reserven, Fachkräftesicherung und eine Aufwertung des Arbeitsplatzes Apotheke durch neue Aufgaben.
Eine moderate Honorarerhöhung?
„Im Reformgesetz ist eine Erhöhung der Vergütung der Notdienste um 30 bis 50 Prozent vorgesehen. Jedoch wird das noch mit dem Bundesfinanzministerium diskutiert, welches allen Vorhaben kritisch gegenübersteht, die zu einer Beitragssatzerhöhung bzw. zu einer Belastung der GKV-Finanzen führen könnten“, so Müller. Zudem soll die packungsbezogene Honorierung umgestaltetet werden. Der prozentuale Anteil soll schrittweise von 3 auf 2 Prozent bis Ende 2026 gesenkt und im Gegenzug das Fixum um das gleiche Volumen erhöht werden. Des Weiteren wird die Rückanpassung des Kassenabschlags von 2 Euro auf 1,77 Euro Anfang 2025 durch das Ministerium als Honorarerhöhung gewertet, auch wenn dieser in der vorherigen Legislaturperiode erhöht wurde und die Anpassung im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz bereits verankert ist.
Die Forderung der ABDA kommentierte Müller mit folgenden Worten, „Die Apotheker und die ABDA fordern eine pauschale Vergütungserhöhung, wofür es jedoch aktuell keine politische Mehrheit gibt, da die Haushaltssituationen und die Situation der GKV das nicht erlauben.“ Jedoch soll mit dem Gesetzentwurf die Dynamisierung des Apothekenhonorars ab 2027 ermöglicht werden, um der Versorgungssituation und der Kostenentwicklung Rechenschaft zu tragen, wie es auf bei den Ärzten der Fall ist.
Telepharmazie im Fokus
Einen Baustein gegen den stattfindenden Strukturwandel sieht das Ministerium beim Ausbau der Telepharmazie. Mit der digitalen Beratungsmöglichkeit soll es Apotheken ermöglicht werden, ohne Apotheker/in und nur in Anwesenheit einer erfahrenen PTA zu öffnen. Somit soll die Abgabe von Arzneimitteln mit optionaler Videoberatung durch einen Apotheker gestattet sein. Hiervon verspricht man sich Apothekenneugründungen, die aus heutiger Sicht nicht möglich sind. Die Leitung der Apotheke sowie bestimmte Aufgaben sind jedoch auch zukünftig nur der Apothekerin bzw. dem Apotheker vorbehalten.
Apotheke als attraktiver Arbeitsplatz
„Es ist schwierig neue Apothekerinnen und Apotheker für die öffentliche Apotheke zu gewinnen“ - ein Fokus neben der Apothekenreform im Gesundes-Herz-Gesetz soll deshalb die Attraktivitätssteigerung des Arbeitsplatzes Apotheke sein. Zukünftig sollen Apotheken auch Präventionsaufgaben übernehmen. Besonders im Fokus stehen hierbei Herzkreislauferkrankungen, Diabetes und die Raucherentwöhnung. Die pharmazeutischen Dienstleistungen, auch wenn diese nur zögerlich angenommen werden, sieht Müller als wichtige Brücke. Impfungen in der Apotheke werden von Grippe und COVID auf weitere Totimpfstoffe, wie FSME und Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten ausgeweitet.
Was ist nicht Teil der Reform
Nicht Teil der Reform sind demnach Änderungen bei der Eigentümerstruktur, d.h. beim Fremdbesitzverbot, sowie kein weiteres Aufweichen beim Mehrbesitzverbot. Die Anzahl der möglichen Filialapotheken soll nicht wie ursprünglich diskutiert erhöht werden. Auch ein genereller Wegfall von Rezeptur, Labor und Notdienstzimmer ist Müller zufolge nicht vorgesehen. Eine Zentralisierung im Filialverbund soll jedoch möglich sein. Auch das Skonto-Urteil ist bereits Thema im BMG und wird sich auf das Gesetzgebungsverfahren auswirken - wie genau, konnte Müller jedoch am gestrigen Abend nicht im Detail ausführen.
Ausblick in eine ungewisse Zukunft?
In seinen Schlussworten sieht Müller den Apothekerberuf im Wandel und die ABDA in der Pflicht diesen zu moderieren. Von „Herstellen, Lagern, Abgeben“ wird sich der Beruf hin zu „Versorgen, Informieren und Abrechnen“ entwickeln. Eine Bedarfsplanung bei Apotheken sieht Müller noch nicht als Thema, möchte aber nicht ausschließen, dass diese irgendwann auf die Agenda kommt. Immer wieder betonte Müller die Rolle der stationären Apotheke in der digitalen Welt. Er sieht die Verknüpfung beider Welten für die Zukunft mit ePatientenakte, eBeipackzettel und virtuellen Gesundheitsavataren als unabdingbar. „Die traditionelle Form der Apotheke als Lager und Informationsüberbringer muss sich entwickeln, es sollen positive Aspekte erhalten bleiben, es soll aber auch nicht zu einem Subventionsgeschäft werden“.
3 Kommentare
DAZ-Artikel vom 22.05.
von GuHo am 24.05.2024 um 9:51 Uhr
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AW: DAZ-Artikel vom 22.05
von DAZ-Redaktion am 24.05.2024 um 10:21 Uhr
Intelligenz?
von Stefan Haydn am 24.05.2024 um 9:46 Uhr
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