Bessere Früherkennung und Vorsorge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Kabinett ebnet Weg für Gesundes-Herz-Gesetz

Berlin - 28.08.2024, 14:30 Uhr

Karl Lauterbach hat sein Gesundes-Herz-Gesetz durchs Kabinett gebracht. (Foto: IMAGO / Future Image)

Karl Lauterbach hat sein Gesundes-Herz-Gesetz durchs Kabinett gebracht. (Foto: IMAGO / Future Image)


Das Bundeskabinett hat den Regierungsentwurf zum „Gesundes-Herz-Gesetz“ beschlossen. Zuvor wurde an einigen Stellen nachjustiert. Insbesondere ist nun der G-BA stärker in die Ausgestaltung der Maßnahmen einbezogen. Bei den geplanten neuen pharmazeutischen Dienstleistungen gibt es hingegen keine wesentlichen Änderungen.

Das Apotheken-Reformgesetz hat es auch diesen Mittwoch nicht auf die Agenda des Bundeskabinetts geschafft. Der Gesetzentwurf für das Gesundes-Herz-Gesetz (GHG) war der einzige Tagesordnungspunkt, der mit einer Aussprache beschlossen wurde. Zuvor war angedacht, beide Entwürfe zusammen durchs Kabinett zu bringen – für die Apotheken haben sie auch einen unmittelbaren Zusammenhang: Beide Vorhaben hatte Minister Karl Lauterbach (SPD) im vergangenen Herbst beim Deutschen Apothekertag angekündigt.

Während die Nacharbeiten am Apotheken-Reformgesetz offenbar nicht so leicht von der Hand gehen, lief die Ressortabstimmung am ebenfalls umstrittenen GHG-Referentenentwurf besser. Zwar hat das Bundesgesundheitsministerium nachfeilen müssen, doch Lauterbach scheint nach wie vor höchst zufrieden. Er ist überzeugt, dass sein Gesetz viel Leid und frühzeitige Todesfälle verhindern und dabei die Kosten der Gesundheitsversorgung senken kann.

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Im Moment sei die Situation in Deutschland beklagenswert, erklärte Lauterbach in einer Pressekonferenz nach der Kabinettssitzung: Die Lebenserwartung sei im internationalen Vergleich gering, doch die Pro-Kopf-Ausgaben für die Gesundheitsversorgung hoch. Das liege nicht zuletzt daran, dass Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erst spät erkannt und behandelt würden. Und genau das soll sich nun ändern. Dafür sieht das GHG den Ausbau von Früherkennungsuntersuchungen, neue strukturierte Behandlungsprogramme und verbesserte Therapiemöglichkeiten vor. Zudem sollen Apotheken verstärkt in die Beratung und Prävention einbezogen werden. All das soll zu weniger Herzinfarkten und Schlaganfällen führen – und damit letztlich auch das Demenzrisiko senken.

Sport und gute Ernährung reichen nicht in allen Fällen

Lauterbach, dem immer wieder vorgehalten wird, er setze mit dem GHG auf „Pillen“ statt Bewegung und gesunde Ernährung, betonte, dass ein positiver Lebenswandel für alle das Beste sei, um Herztode zu vermeiden. „Genauso wichtig ist aber auch, dass wir vererbte Risikofaktoren früher erkennen und besser bekämpfen“. Bei familiärer Hypercholesterinämie, möglichst schon im Kindesalter entdeckt, helfen eine gute Ernährung und Sport allein nicht, es müssten auch Lipidsenker zum Einsatz kommen. Der Minister betonte, dass in anderen Ländern – etwa Großbritannien – bereits gute Erfahrungen gemacht wurden. An diesen internationalen Vorbildern orientiere sich das GHG.

Was sind die wichtigsten Punkte des GHG?

  • Kinder und Jugendliche haben künftig einen Anspruch auf erweiterte Leistungen zur Früherkennung einer Fettstoffwechselerkrankung. Damit sollen insbesondere Kinder mit familiärer Hypercholesterinämie frühzeitig erkannt und behandelt werden. Diese Erkrankung bringt ein hohes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bereits im jungen Erwachsenenalter mit sich. Als geeigneten Zeitpunkt nennt der Gesetzentwurf die in der Regel noch gut frequentierte Gesundheitsuntersuchung U9 für Kinder im Alter von etwa 5 Jahren oder aber die J1 (12 bis 14 Jahre). Zu letzter laden Krankenkassen individuell ein, damit mit den Kindern und Jugendlichen gezielt zum Thema Herz-Kreislauf-Erkrankungen und möglichem Risikoverhalten gesprochen werden kann.
  • Für Erwachsene wird die bereits bestehende Gesundheitsuntersuchung durch die Einführung von Check-ups für Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Alter von 25, 40 und 50 Jahren erweitert. Vorgaben macht der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA).
  • Gesetzlich Versicherte werden von ihren Krankenkassen zu den Check-ups eingeladen und erhalten außerdem Gutscheine für eine erweiterte Beratung mit Messungen zu Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Apotheken. Entsprechend gibt es eine neue pharmazeutische Dienstleistung (pDL) für Apotheken
  • Es sind zudem zwei weitere neue pDL geplant: Eine etwas schmaler angesetzte Beratung mit Messung zu Risikofaktoren, die auch pharmazeutisches Personal durchführen darf. Zudem eine Beratung in Form einer Kurzintervention zur Prävention tabakassoziierter Erkrankungen, die ebenfalls PTA erbringen dürfen. Was der Gesetzentwurf allerdings nicht enthält, sind Aussagen zur Finanzierung. Die Vergütung soll die Selbstverwaltung (DAV und GKV im Benehmen mit der PKV) zwar regeln – ein höherer Zuschlag für die pDL ist jedoch nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Im Zuge der Apothekenreform soll dieser sogar gesenkt werden.
  • Zudem soll ein klarstellender gesetzlicher Anspruch auf Versorgung mit Lipidsenkern geregelt werden, der es ermöglicht, diese Medikamente frühzeitiger als zuvor und entsprechend dem individuellen Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verordnen. Der G-BA soll noch vor Inkrafttreten des GHG seine Arzneimittel-Richtlinie entsprechend anpassen. Das Verfahren läuft bereits.
  • Der Anspruch auf eine medikamentöse Therapie zur Tabakentwöhnung wird ausgeweitet. Er ist künftig nicht nur auf eine „schwere Tabakabhängigkeit“ beschränkt und wird häufiger als alle drei Jahre finanziert.
  • Die Erteilung einer ärztlichen Präventionsempfehlung zur Tabakentwöhnung und zum Ernährungsverhalten außerhalb der Gesundheitsuntersuchungen wird regelmäßig extrabudgetär vergütet.
  • Disease-Management-Programme (DMP) werden inhaltlich weiterentwickelt und die Umsetzung in der Versorgung gefördert und beschleunigt. Unter anderem wird der G-BA gesetzlich beauftragt, Anforderungen an ein neues strukturiertes Behandlungsprogramm für behandlungsbedürftige Versicherte mit einem hohen Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu beschließen.

KBV blickt skeptisch auf neue pDL

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) nimmt positiv zur Kenntnis, dass der G-BA nun in die Pläne einbezogen ist – offenbar habe die berechtigte Kritik Wirkung gezeigt, heißt es in einer Pressemitteilung. Es fehle aber weiterhin eine konsequente Umsetzung des Präventionsgedankens, um bestimmten Risikofaktoren, wie zum Beispiel Rauchen, Bluthochdruck, Adipositas oder Bewegungsarmut, durch eine veränderte Lebensführung, Sport oder eine andere Ernährung zu begegnen. Unverständlich ist es für die KBV zudem, dass es bei den Beratungsangeboten in Apotheken bleiben soll. „Medizinische Beratungen gehören eindeutig zur Heilkunde – und diese ist Ärztinnen und Ärzten vorbehalten. Hier muss das parlamentarische Verfahren korrigierend eingreifen“.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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