Tezepelumab als neue Therapieoption

Aktualisierte NVL Asthma: Sicherheitsprofil der Glucocorticoide im Fokus

30.08.2024, 14:59 Uhr

Eine Fixkombination aus inhalativem Glucocorticoid und Formoterol kann bei Asthma als Bedarfstherapie eingesetzt werden. (Foto: Mumtaaz D/peopleimages.com / AdobeStock)

Eine Fixkombination aus inhalativem Glucocorticoid und Formoterol kann bei Asthma als Bedarfstherapie eingesetzt werden. (Foto: Mumtaaz D/peopleimages.com / AdobeStock)


Die gerade veröffentlichte fünfte Version der Nationalen Versorgungsleitlinie (NVL) Asthma enthält leicht modifizierte Empfehlungen zur medikamentösen Therapie. Gestrichen wurde das Votum für Vitamin-D-Supplementation.  

Im Hinblick auf die Bedarfstherapie betonen die Leitlinienautoren die positive Evidenz für eine Fixkombination eines niedrig dosierten inhalativen Glucocorticoids (ICS) mit dem langwirkenden Beta-2-Sympathomimetikum Formoterol. Noch ist kein entsprechendes Arzneimittel für die Anfallstherapie zugelassen. Dennoch wird die Fixkombination als Alternative zu den kurzwirkenden Beta-2-Sympathomimetika (SABA)  in Stufe 1 und 2 des Stufenschemas als ausschließliche Therapie bei Bedarf empfohlen. Auch in Stufen 3 und 4 kann die Fixkombination als zusätzliche Bedarfstherapie für die Patienten, die auch in der Langzeittherapie ICS plus Formoterol erhalten, eingesetzt werden (s. Abb). 

ICS + Formoterol im Asthmaanfall 

Bei diesem neuen Therapiekonzept zur Anfallstherapie muss darauf geachtet werden, die Tageshöchstdosen des Glucocorticoids und von Formoterol nicht zu überschreiten. Er wird trotz Off-Label-Anwendung von den Leitlinienautoren bevorzugt, da in Studien gezeigt wurde, dass eine zu häufige Anwendung von SABA das Exazerbationsrisiko bei Asthmapatienten erhöht. 

Abb: Medikamentöses Stufenschema der Asthmatherapie für Erwachsene nach der 5. Auflage der NVL  Asthma. ICS: inhalative Glucocorticoide, IgE: Immunglobulin E, IL: Interleukin, LABA: langwirkende Beta-2-Sympathomimetika, LAMA: langwirkende Anticholinergika, LTRA: Leukotrien-Rezeptorantagonisten, OCS: orale Glucocorticoide, R: Rezeptor, SABA: kurzwirkende Beta-2-Sympathomimetika

Neu bei schwerem Asthma: Tezepelumab

Neu ins Stufenschema aufgenommen wurde auf Stufe 5, der Therapie des schweren Asthmas, ein sechster monoklonaler Antikörper. Nach Omalizumab (Anti-IgE), Mepolizumab und Reslizumab (beide Anti-IL-5), Benralizumab (Anti-IL-5-R), und Dupilumab (Anti-IL-4R) steht nun auch der gegen das thymische stromale Lymphopoietin (TSLP) gerichtete Antikörper Tezepelumab zur Auswahl. Das First-in-Class-Therapeutikum wurde erst im November 2022 auf dem deutschen Markt eingeführt, alles zu Wirkmechanismus und Anwendung erfahren Sie, wenn Sie auf DAZ.online den Webcode M2CD7 eingeben. Die Verordnung eines Biologikums sollte erste erfolgen, wenn durch die Standardtherapie auf Stufe 5, ICS + LABA + LAMA, über drei Monate keine ausreichende Asthmakontrolle erreicht wird. Die Autoren der Leitlinie sprechen an, dass in der Versorgungspraxis diese Kombination in der Therapie häufig nicht ausreichend ausgeschöpft wird. 

Eine starke Negativ-Empfehlung spricht die Leitliniengruppe hinsichtlich der systemischen Glucocorticoide aus. Sie sollen generell nicht mehr zur Langzeittherapie empfohlen werden. Ausnahmen stellen Patienten dar, deren Asthma unter Kombination der verschiedenen inhalativen Therapieoptionen und zusätzlicher Therapie mit einem monoklonalen Antikörper nicht kontrollierbar ist. Grund sind die erheblichen unerwünschten Langzeitwirkungen wie Blutdrucksteigerung, die Entwicklung von Diabetes mellitus oder Osteoporose.  
Doch auch das Sicherheitsprofil der inhalativen Glucocorticoide ist in den Fokus der Leitlinie gerückt, obwohl sie nach wie vor die Basistherapie darstellen. Wird schweres Asthma mit einem Biologikum gut kontrolliert, soll das ICS nicht komplett abgesetzt, aber unter engmaschiger ärztlicher Kontrolle langsam reduziert werden.  

Neu: TIX-Werte inhalativer Glucocorticoide

Auch die Dosierungsempfehlungen für die einzelnen inhalativen Glucocorticoide wurden überarbeitet. Weiter betonen die Leitlinienautoren das unterschiedliche Sicherheitsprofil der einzelnen Glucocorticoide. Neu aufgenommen wurde eine Tabelle, in der neben den Tageshöchstdosen für Erwachsene der Therapeutische Index (TIX) aufgeführt wird, errechnet aus der ICS-Dosis für eine 20%ige Nebennierenrinden-Suppression geteilt durch die Tageshöchstdosis des ICS (s. Tab.). Je höher der Zahlenwert des TIX, desto besser lassen sich die therapeutischen antientzündlichen Effekte von den systemischen UAW trennen. Bei einem Wechsel des ICS ist also auch der TIX als Maß für die zu erwartenden Nebenwirkungen zu berücksichtigen.  
Für Beclometason-Diproprionat-haltige Formulierungen werden zwei verschiedene TIX-Werte in Abhängigkeit von der Partikelgröße angegeben. Feinere Partikel führen zu einer höheren Lungendeposition des Arzneistoffs, sodass hier andere Höchstdosen gelten.  
 

Tab.: Therapeutischer Index und Höchstdosen der inhalativen Glucocorticoide für Erwachsene nach NVL Asthma, 5. Version

WirkstoffHöchstdosis Erwachsene / TagTherapeutischer Index

Beclometason-Dipropionat

(Standardpartikelgröße)

2000 µg0,195

Beclometason-Dipropionat

(feine Partikelgröße)

800 µg0,488
Budesonid1600 µg0,375
Ciclesonid640 µg1,875
Fluticason-Furoat200 µg2,9
Fluticason-Propionat1000 µg0,9
Mometason-Furoat800 µg0,825

Eine weitere Änderung findet sich schließlich im Kapitel zu komplementären und alternativen Therapien: Die frühere Empfehlung, den Vitamin-D-Blutspiegel des Patienten zu bestimmen und das Vitamin gegebenenfalls zu substituieren, wurde aufgrund mangelnder Evidenz zurückgenommen. Auch gegen Akupunktur, Homöopathie und Hypnose sprechen sich die Leitlinienautoren aus. 

Literatur 
S3-Leitlinie nvl-002 „Nationale VersorgungsLeitlinie Asthma“ der Bundesärztekammer (BÄK) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), AWMF-Reg. Nr. nvl – 002, Stand 23. August 2024


Dr. Sabine Werner, Apothekerin und Redakteurin
readktion@daz.online


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