Zwischenfazit zur Cannabis-Legalisierung

Mehrheit der Deutschen und Polizeigewerkschaft sehen legalen Konsum kritisch

Berlin - 11.10.2024, 13:45 Uhr

Wie die Mehrheit der Deutschen, sieht Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul die Cannabislegalisierung als falschen Weg. (Foto: IMAGO / Sven Simon)

Wie die Mehrheit der Deutschen, sieht Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul die Cannabislegalisierung als falschen Weg. (Foto: IMAGO / Sven Simon)


Die Entkriminalisierung von Cannabis sollte den Schwarzmarkt eindämmen und damit beim Kampf gegen die organisierte Kriminalität helfen. So zumindest hatte des Bundesgesundheitsministerium im Vorfeld die erhofften Folgen der Legalisierung beworben. Für die Sicherheitsbehörden sieht die Realität anders aus.

Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presseagentur (dpa) steht die Mehrheit der Deutschen der Teillegalisierung von Cannabis kritisch gegenüber. Rückblickend halten 55 Prozent der Befragten die Legalisierung des Besitzes von bis zu 50 Gramm Cannabis für einen Fehler. Nur 37 Prozent finden diesen Schritt richtig – acht Prozent der 2100 Befragten machten keine Angabe zu dieser Frage. Dass sich seit der Legalisierung der wahrgenommene Konsum im Alltagsumfeld erhöht hat, gaben 31 Prozent der Befragten an.

Polizeigewerkschaft: „Handwerklich schlecht gemacht“

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält die vom Bundesgesundheitsministerium auf den Weg gebrachte Entkriminalisierung von Cannabis zu Genusszwecken weiterhin für den falschen Schritt – insbesondere mit Blick auf die angestrebte Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Die neuen Regeln seien „handwerklich schlecht gemacht“, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende der GdP gegenüber der dpa. „Wir sehen mehr Feststellungen im öffentlichen Raum und im Verkehr.“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte im Vorfeld der Legalisierung argumentiert, durch die Neuregelung könne der Schwarzmarkt bekämpft werden. Daran hat Poitz erhebliche Zweifel: „Es war falsch, ein Gesetz zu beschließen, dass die Verantwortung für ein berauschendes Mittel ausschließlich in private Hände legt.“ Eine Eindämmung des Schwarzmarktes könnten er und seine Kollegen bisher nicht beobachten – ebenso wie die von Lauterbach versprochene bürokratische Entlastung der Ermittlungs- und Strafbehörden. Zudem hätten die Strukturen der organisierten Kriminalität jetzt einen viel größeren Markt, sagt Poitz. Der Schwarzmarkt werde eher angekurbelt.

Reul: Legalisierung fördert organisierte Kriminalität und Gewalt

Das sieht auch der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) so. Er vermutet gegenüber dem „Merkur“ einen Zusammenhang zwischen der Cannabis-Legalisierung im April und einer neuen Qualität der Gewalt zwischen rivalisierenden Gruppen der organisierten Kriminalität. In NRW erschüttern seit einigen Monaten Sprengstoffanschläge, Schusswechsel und Entführungen die Öffentlichkeit.

Dahinter steckt nach aktuellem Kenntnisstand eine Auseinandersetzung zwischen der sogenannten „Mocro-Mafia“ und einem arabischen Clan. Bei ersterer handelt es sich um eine ursprünglich in den Niederlanden aktive kriminelle Organisation, die im großen Stil in den internationalen Drogenhandel verwickelt ist und durch ihre enorme Gewaltbereitschaft bekannt wurde. Sie nutzt etwa Sprengstoffanschläge, ebenso wie die gezielte Tötung von Gegnern. Der bekannteste Fall ist die Ermordung des Journalisten Peter de Vries, der als Berater eines Kronzeugen im Prozess gegen den Anführer der Mocro-Mafia in den Niederlanden tätig war.

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In Folge der Legalisierung hätte die Mocro-Mafia ihr Einflussgebiet über die deutsche Grenze erweitert, da hier nun größere Absatzmärkte locken, sagt Reul. Daraus resultierten Konflikte mit den vor Ort etablierten kriminellen Strukturen. So sollen Mitglieder eines arabischstämmigen Clans 300 Kilogramm Cannabis von Mocro-Mafia gestohlen haben. Danach kam es als Vergeltung zu den Gewaltexzessen der letzten Monate.

Vor allem in NRW spielt sich dieser Konflikt bisher ab. Innenminister Reul sieht eine Verbindung zu der Legalisierung von Cannabis: „Die Niederlande haben seit den 1980er Jahren eine liberale Drogenpolitik betrieben, mit dem Ergebnis, dass es dort auf den Straßen und Plätzen lauter und gewalttätiger geworden ist. Das ist Fakt. Jetzt haben wir auch in Deutschland Cannabis legalisiert, und das ist eine Riesenchance für niederländische Drogenbanden, hier einen ganz neuen Markt zu erschließen. Insofern gibt es einen Zusammenhang zwischen der Legalisierung und der Gewalt.“


mz / dpa


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1 Kommentar

Der Vollständigkeit wegen…

von C.B. am 11.10.2024 um 21:55 Uhr

Bundesinnenministerium sieht kein Problem bei OK-Bekämpfung
Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums betont auf Anfrage, das Ministerium habe sich im Gesetzgebungsverfahren dafür eingesetzt, „dass vor allem Aspekten der Sicherheit, der wirksamen Kriminalitätsbekämpfung und des Jugendschutzes Rechnung getragen wurde“. Da die Rechtslage erst seit wenigen Monaten in Kraft sei, ließen sich derzeit noch keine grundsätzlichen Feststellungen zu Auswirkungen auf die Arbeit des Bundeskriminalamts (BKA) treffen, heißt es aus dem Bundesinnenministerium. Die Folgen des Gesetzes würden aber zeitnah unter Beteiligung des BKA, der Bundespolizei und der Polizeien der Länder untersucht. Ergebnisse seien in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres zu erwarten, sagt die Sprecherin - also womöglich erst nach der nächsten Bundestagswahl. Das rechtliche Instrumentarium zur Bekämpfung des international organisierten Cannabisschmuggels hätten sich durch die Novelle nicht geändert und gewährleiste weiterhin eine effektive Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, heißt es aus dem Ministerium.

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