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Ein Apothekertag im Tief. Lauterbachs Wille: Ohne PTA-Filialen keine Honorarreform. Lauterbachs Credo: „Es ist eigentlich die Reform, die Sie sich immer gewünscht haben!" Lauterbachs Apobild: „Die Digitalisierung wird auch in den Apotheken ankommen“. Und im Apothekenwesen sieht er „ein nicht funktionierendes System“, deswegen gibt’s nicht mehr Honorar. Die Reaktionen aus der ABDA-Spitze: „Dieses Spiel spielen wir nicht mit!“ (DAV-Chef Hubmann), „statt weniger, mehr Apotheke wagen!“ (ABDA-Präsidentin Overwiening) und bei der apothekerlosen Apotheke gebe es juristische Widersprüche (ABDA-Hauptgeschäftsführer Schmitz). Alles gut gedacht. Aber wie kann’s da weiter gehen? Warten auf die nächste Regierung ohne KL? Oder Kopf hoch und einfach an die Zukunft glauben? Endlich gemeinsam mit der Ärzteschaft mehr Prävention aus der Apotheke? Vielleicht, aber ohne Honorarerhöhung geht’s Apothekensterben weiter, die Apothekerstimmung im Land ist im Tief. Dazu noch das Hausgemachte der ABDA: die Entmachtung des Apothekerparlaments und keine Lust auf mehr Transparenz, z. B. bei den Ausschussberatungen zu den Anträgen. Warten auf die Götterdämmerung?
KL: Die Apotheke, ein nicht funktionierendes System
Es gab Erwartungen: Lenkt Karl Lauterbach (KL) ein und verzichtet er auf apothekerlose Scheinapotheken? Sucht er endlich den Dialog mit der Apothekerschaft? Mein liebes Tagebuch, Lauterbachs Videostream war das mit großer Spannung erwartete Ereignis beim Deutschen Apothekertag (DAT). Nach rund 50 Minuten war’s vorbei: Er hatte alle Erwartungen erfüllt – es war der Hit oder besser der Flop des DAT. Mit eiserner Überzeugung hält der Minister an seiner geliebten Apothekenreform fest. Er ist sogar überzeugt (oder tut zumindest so), dass „es eigentlich die Reform wäre, die Sie sich immer gewünscht haben“. Mein liebes Tagebuch, wie kann ein Minister derart daneben liegen, was sein Volk gern hätte! Lauterbachs Ideologie: Er wundere sich, dass die Apotheken immer an ihrem Honorarsystem festhalten wollen, dabei sei der Apothekenbereich der letzte, der sich angesichts der starren Pauschale „selbst eingefroren“ habe. Mit der Möglichkeit, dass die Apothekerschaft ab 2027 ihr Honorar direkt mit den Krankenkassen verhandelt, erleben die Apothekers quasi den Himmel auf Erden, honorartechnisch gesehen. In den Verhandlungen könnten z. B. Inflation und Tariferhöhungen berücksichtigt werden. Oh wie schön, mein liebes Tagebuch, das klingt nach einem Apothekenwesen, wo Milch und Honig fließen. In der Realität wäre dies die Hölle: Da träfen dann ausgebuffte GKV-Profis auf die Laienspielgruppe der ehrenamtlichen ABDA-Verhandler. Wie das ausgeht, wissen wir schon heute: Unser Honorar wird von einer Schiedsstelle festgesetzt. Was soll daran besser sein? Die Macht, wie sie der Ärzteschaft innewohnt, kann die Apothekerschaft leider nicht reklamieren. Weiß das Lauterbach? Vermutlich nicht oder er will’s nicht wissen.
Genauso unkundig ist er beim Thema Digitalisierung, auf die er so setzt. Er erklärt dazu: Diese werde „auch in den Apotheken ankommen“ – mein liebes Tagebuch, hat er eigentlich mitbekommen, dass die Apotheken zu den ersten im Gesundheitswesen gehören, bei denen die Digitalisierung, das E-Rezept und vieles mehr läuft? Und dann schiebt er sein Lieblingskind, die apothekerliche Beratung per Telepharmazie nach – wobei deutlich wird, dass er etwas anderes darunter versteht als die Apothekerschaft. Er verknüpft Telepharmazie mit der PTA, die auch schon mal alleine eine Apotheke führt, und erst wenn sie nicht mehr weiter weiß, eine Apothekerin, einen Apotheker telepharmazeutisch hinzuziehen kann. Lauterbach will es uns liebevoll so verkaufen: Es gehe doch gar nicht um eine Apotheke ohne Apotheker, sondern darum, dass Approbierte eben nur nicht immer in Präsenz da sein müssten. Wie nett gedacht ist das denn? Dass dies in der Praxis für die Versicherten eine schlechtere Versorgung bedeutet, da eine PTA bei weitem nicht alle pharmazeutischen Aufgaben eines Apothekers erledigen darf, und dass diese Art der Telepharmazie letztlich den Einstieg in die Automaten-Pharmazie nach sich ziehen könnte, nimmt der Minister wohl bewusst in Kauf. Er hält seinen Ansatz für das Beste: „Besser eine Telepharmazie-Apotheke als gar keine.“ Aber bei alledem gibt sich der Minister entspannt: Niemand werde gezwungen, die von ihm geplanten neuen Möglichkeiten zu nutzen. Man müsse ja keine Apotheke mit PTA und Telepharmazie betreiben.
Mein liebes Tagebuch, all diese putzigen Vorstellungen zeigen, wie weit der Minister von der Realität entfernt ist. Und er wiederholte sein eisernes Credo: Von einer Honorarreform ohne Strukturreform hält er rein gar nichts, das wird es mit ihm nicht geben. Denn, so Lauterbach, „wir haben keine gute Erfahrung damit gemacht, ein nicht funktionierendes System dadurch zu stabilisieren, dass wir noch mehr Geld in die Hand nehmen“. Mein liebes Tagebuch, das deutsche Apothekensystem mit einem nicht funktionierendem System gleichzusetzen, gehört zu den größten Unverschämtheiten, die sich Lauterbach erlaubt hat. Wie soll man da mit einem solchen Minister noch in einen Dialog kommen? Der Deutsche Apothekertag hat auf Initiative von Apotheker Dr. Christian Fehske und weiteren Kolleginnen und Kollegen aus Westfalen-Lippe einen Ad-hoc-Antrag verabschiedet: Solche Äußerungen Lauterbachs könne man nicht so stehen lassen. Mit dem Antrag fordern sie den Bundesgesundheitsminister dazu auf, „zu benennen, welche Aspekte des Apothekenwesens so wenig funktionieren, dass eine Strukturreform zwingend erforderlich sein könnte“.
Aber wie geht’s weiter mit der Reform? Mit der Brechstange wolle Lauterbach nichts durchsetzen (danke!), er werde im Kabinett und im Parlament diskutieren, letztlich müsse er sich „an der Kraft der Argumente abarbeiten“. Derzeit würden in der Koalition noch die Details beraten, er hoffe, dass er dann in den nächsten Wochen mit einem Vorschlag auf die Apothekerschaft zukommen könne. Am Schluss dann noch ein Joke: Er hoffe, im kommenden Jahr in Präsenz beim DAT zu sein. Mein liebes Tagebuch, das ist ein echter Lauterbach, oder? Fernab jeder Realität.
Resolution gegen die Apotheken-Reform
Nach Lauterbachs Rede war es für die Delegierten im Saal klar: Solche Ausführungen des Ministers kann man nicht so stehen lassen. Sie verabschiedeten unter der Überschrift „Mehr Apotheke wagen“ eine Resolution, mit der sie die Bundesregierung auffordern, das von Lauterbach eingebrachte Apothekenreform-Gesetz abzulehnen und schnell finanzielle Hilfe für die Apotheken bereitzustellen, um „die akute Schließungswelle zu stoppen“. Und um es deutlich zu machen, so die ABDA-Präsidentin, sei damit keine milde Gabe wie nach einer Naturkatastrophe gemeint.
Bayerischer Beton ins Kreuz: Apotheken funktionieren!
Während Lauterbach die Apothekers maximal enttäuschte, goß sie der Pharmazeutenschaft Beton ins Kreuz: Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU). „Reformen schaffen wir nur im Schulterschluss“, so ihre Überzeugung, aber Lauterbach spreche nicht mit den Betroffenen, „da ist kein Miteinander und kein Zuhören“. Es fehle das Gefühl der Wertschätzung, stellte sie fest. Es sei keine Lösung, „ein existierendes System austrocknen zu lassen", wie es Lauterbachs Reformpläne vorsehen. Auch sie sei für Reformen, aber die Ausgangslage bei den Apotheken sei eine völlig andere als z. B. bei den Kliniken: „Apotheken funktionieren – das ist nicht das Problem.“ Im Gegenteil, „die Apothekerschaft macht sich ohnehin extrem viele Gedanken“. Und wenn Apotheken schließen, macht dies etwas mit den Menschen, so Gerlach: „Es macht etwas mit dem Gefühl und dem Grundvertrauen von Menschen in Politik. Und da müssen wir in Zukunft verdammt aufpassen.“ Mein liebes Tagebuch, unser Vorschlag: Gerlach, die nächste Bundesgesundheitsministerin!
Hubmann: „Man muss nur mit uns reden“
Er zeigte sich kämpferisch: Hans-Peter Hubmann, Chef des Deutschen Apothekerverbands. Für ihn sind die mit dem Apothekenreformgesetz genannten Maßnahmen ein „toxischer Mix“, der die wirtschaftliche Lage der Apotheken noch weiter verschlimmern und die Personalknappheit verschärfen würde. Lauterbachs Reformkatalog beschleunige das Apothekensterben und gefährde die Versorgung der Menschen akut. Und für Hubmann ist es klar: Lauterbach versuche, die Zustimmung der Apothekerschaft zu diesem Gesetz zu erpressen, indem er verkündet: keine Honorarreform ohne Strukturreform. Für Hubmann steht fest: „Herr Professor Lauterbach, nehmen Sie zu Kenntnis: Dieses Spiel spielen wir nicht mit!“ Mein liebes Tagebuch, schon richtig, aber ob sich Lauterbach davon beeindrucken lässt? Der DAV-Chef fordert dagegen eine sofortige und spürbare Honorarerhöhung. Die von Lauterbach ins Spiel gebrachten Honorarverhandlungen zwischen GKV-Spitzenverband und Deutschem Apothekerverband seien keine Option. Ganz abgeneigt zeigt sich der DAV-Chef allerdings nicht: Gäbe es eine Soforthilfe für Apotheken und würden die Verhandlungen auf verlässlichen und klar fixierten Parametern basieren, könnte so eine Lösung sinnvoll sein. Durchaus, mein liebes Tagebuch, dazu dürfte es allerdings kaum kommen. Deutlich machte Hubmann allerdings, dass durchaus Geld im System sei: Wenn die Krankenkassen von versicherungsfremden Leistungen entlastet würden und z. B. nicht mehr die Krankenkassenbeiträge für Bürgergeldempfänger zahlen müssten, wäre locker ein höheres Apothekerhonorar drin. Er ließ Lauterbach wissen: „Die Apotheken leisten gern ihren Beitrag, „man muss nur mit uns reden“.
Volle Unterstützung durch Pharma
Volle Unterstützung für die Apotheke kommt unisono von der Pharmaindustrie: Apotheke light geht gar nicht, es braucht verlässliche Rahmenbedingungen, Pharma steht an der Seite der Apotheken. Selbstverständlich steht auch der Großhandel zur Apotheke, so der Phagro-Vorsitzende Marcus Freitag. Aber man dürfe sich von der Politik angesichts der Skonto-Regelung nicht auseinandertreiben lassen. Jörg Wieczorek, Vorsitzender des Herstellerverbands Pharma Deutschland, fragte, wofür eigentlich das R im ApoRG (Apotheken-Reformgesetz) stehe: für Reduzierung oder Restrukturierung? R sollte für Respekt gegenüber Apotheken stehen. Oliver Kirst vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie (BPI) betonte die enge, vertrauensvolle und wertschätzende Zusammenarbeit zwischen Industrie und Apothekern. Apotheke light sei inakzeptabel. Und Han Steufel, Vorsitzender des Verbandes der forschenden Pharmahersteller (vfa) fragte sich, wie die Regierung die Apotheken sieht – als Verteilstelle für Arzneimittel oder mehr? Er sehe in der Apotheke auch eine wichtige Säule der präventiven Medizin.
Vertraut der ABDA, es gibt auch Chancen!
Optimismus zu verbreiten ist ihr Ding: ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening weiß, wie man durch die Apothekenreformkrise kommt, wie man die Schließungswelle, die Lieferengpass-Maloche und all die anderen Widrigkeiten des Apothekerlebens übersteht: Die Apothekerinnen und Apotheker kämpfen mit- und füreinander. „Wir sind eine starke, engagierte und unersetzliche Berufsgruppe, wir sind nicht nur eine Einrichtung des Gesundheitswesens, wir sind eine soziale Instanz! Lauterbachs Vorhaben, nämlich Apotheken ohne Apotheker zuzulassen, ist für sie eine „schräge Reform“. Für sie wäre dagegen dies eine echte Reform: „Statt weniger, mehr Apotheke wagen! Gesundheit braucht mehr Apothekerinnen und Apotheker!“ Sie weiß auch: „Die Menschen wollen keine Scheinapotheken ohne Apothekerinnen und Apotheker, die Bevölkerung will und braucht uns!“ Overwiening warnte davor, den Narrativen des Bundesgesundheitsministeriums auf den Leim zugehen, die ABDA mache keine Vorschläge zur Apothekenzukunft. Von wegen! Der Wille zur Veränderung sei in der Apothekerschaft vorhanden. So habe die Standesvertretung einen 10-Punkte-Plan mit einem Vorschlag zur Honoraranpassung erarbeitet, außerdem ein Update des Perspektivpapiers erarbeitet, man sei dabei, zukunftsweisende Versorgungsideen zu entwerfen. Aber die Apotheken brauchen auch mehr Geld. Und darauf reagiere das Ministerium nicht: kein Interesse. Das Ministerium versuche, die ABDA zu diffamieren. Overwienings Hoffnung: Die Apothekerschaft möge der ABDA ihr Vertrauen schenken: ,„Zwischen uns Apothekerinnen und Apotheker, liebe Kolleginnen und Kollegen, passt kein Blatt.“ Und sie behält ihre Zuversicht: „Inmitten von Schwierigkeiten liegen auch die Chancen“ – zitierte sie Albert Einstein. Sie wolle daher weiterkämpfen und im Rennen bleiben: Sie werde erneut für das Amt der ABDA-Präsidentin kandidieren.
„Mehr Apotheke wagen“, für die ABDA-Präsidentin läge hier der Ansatz zu einer echten Reform. Lauterbach dagegen halte die Apotheken für reformbedürftig und sehe ihre Leistungen nicht. Mein liebes Tagebuch, was für ein Widerspruch! Ja, aber dieser Widerspruch lässt sich auflösen, „mehr Apotheke wagen“ kann gelingen, so DAZ-Redakteur Dr. Thomas Müller-Bohn. Seine Gedanken dazu finden Sie hier.
KLs Scheinapotheken – da gibt’s juristische Widersprüche
Kein Apothekertag ohne Geschäftsbericht: ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz konnte zum Thema der geplanten Apothekenreform einen wichtigen juristischen Aspekt vortragen, der Lauterbachs Idee von temporären apothekerlosen Apotheken ad absurdum führt. Staatliche Eingriffe müssen einem widerspruchsfreien Konzept folgen und dürfen nicht willkürlich mal in die eine und mal in die andere Richtung ausschlagen. Das geschehe aber, wenn Apothekerinnen und Apotheker im gleichen Kontext mal für unverzichtbar erklärt werden und das andere Mal ihre Präsenz verzichtbar sein soll, erklärte Schmitz. Im Klartext: Man könne nicht den Betrieb von Apotheken an die qualifizierte Leitung und die Abgabe von Arzneimitteln an die Apotheke binden, wenn man zeitweise auf die Anwesenheit von Apothekerinnen und Apothekern verzichte. Das sind nicht erklärbare Widersprüche, so Schmitz, sie würden schrittweise zur Erosion der Stützpfeiler führen, die für die Ausübung eines freien Berufes notwendig seien. Die ABDA werde darauf vor allem in Gesprächen mit Parlamentariern hinweisen. Mein liebes Tagebuch, klingt schlüssig.
Die Frage bleibt, ob auch für Juristen eine – nennen wir sie mal – „telepharmazeutische Präsenz“, wie Lauterbach sie zwischen den Zeilen wohl für ausreichend hält, als Widerspruch gilt.
Mehr Prävention: „Lasst es uns machen“
Ein Ansatz zur Zukunft der Apotheke: mehr interprofessionelle Zusammenarbeit in der Prävention! Im Themenforum des Apothekertags diskutierten hierüber Ärzte und Apotheker. Mein liebes Tagebuch, Arzt und Apotheker arbeiten eng bei der Krankheitsvorbeugung zusammen – ja es wär’ so schön. Neu ist dieser Gedanke nicht, er geistert schon seit Jahren durchs Gesundheitswesen, aber so richtig auf fruchtbaren Boden ist er noch nicht gefallen. Futterneid der beiden Heilberufe hat in der Vergangenheit so manches verhindert. Dabei könnte mehr Prävention so ungeheuer viel bewirken. Aktueller Anlass: das geplante Gesundes-Herz-Gesetz. Kardiologen wissen, dass sich kardiovaskuläre Risikofaktoren nicht addieren, sondern multiplizieren. Jeder Faktor weniger senke das Risiko deutlich. Und von Apothekerseite ist klar, dass Prävention in den Apotheken wirkt, es gibt eindeutige Belege dafür. Also: „Leute, lasst es uns machen“, so das Plädoyer von Martin Schulz, Apotheker und ABDA-Geschäftsführer des Bereichs Arzneimittel. Die Apotheke sei der richtige Ort für niedrigschwellige präventive Leistungen. Wenn dann Präventionsmaßnahmen zu honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen werden, Apotheken hier in großer Zahl einsteigen, lassen sich letztlich Kosten im Gesundheitswesen einsparen. Mein liebes Tagebuch, das Gesundes-Herz-Gesetz könnte ein guter Ansatz sein – wenn der Schulterschluss zwischen Arzt und Apotheker klappt.
Gegen die Entmachtung des Apothekertags
Dem Deutschen Apothekertag droht der von der ABDA gewollte Entzug seines Status als ABDA-Gremium: Damit werden Beschlüsse des Apothekerparlaments künftig nicht mehr bindend sein, sondern müssen nur noch von den ABDA-Gremien berücksichtigt werden. Das sieht eine Strukturreform vor, die sich die ABDA selbst verordnet hat. Im Klartext: Der Aufwand an geistiger Arbeit, Zeit und Geld der über 300 Delegierten beim Apothekertag ist l’art pour l’art, die Beschlüsse sind für die ABDA-Gremien nicht mehr bindend, sie müssen nur noch „berücksichtigt“ werden. Mein liebes Tagebuch, das wäre der Freibrief für den ABDA-Olymp, mit den Beschlüssen nach eigenem Gutdünken umzugehen. Die ABDA-Spitze widerspricht da zwar heftig, die Beschlüsse der Hauptversammlung seien selbstverständlich bindend, aber mit dem Vorbehalt, dass sie finanziell umsetzbar seien oder die Rahmenbedingungen noch stimmten. Kein Gremium der ABDA werde die Beschlüsse übergehen, tönte es von oben. Sicher, sicher, mein liebes Tagebuch, aber das ist wohl alles eine Frage der Definition. Zahlreiche Apothekerinnen und Apotheker trauten den Beschwichtigungen der ABDA nicht, sie brachten einen Ad-hoc-Antrag ein, die Satzungsänderung, die letztlich zu einer Entmachtung der Hauptversammlung führen würde, zurückzunehmen. Der Antrag überzeugte die Delegierten, er wurde mit großer Mehrheit angenommen. Wie es nun weitergeht, bleibt offen, denn witzigerweise sind Beschlüsse der Hauptversammlung u Satzungänderungen, so die ABDA-Rechtsabteilung, schon auf Grundlage der jetzigen Satzung nicht bindend: Satzungsänderungen fallen nämlich in die alleinige Zuständigkeit der Mitgliederversammlung. Ach, wie passend. Man darf gespannt sein, ob der ABDA-Mitgliederversammlung ein Rest an Demokratieverständnis innewohnt. Nun ja, vielleicht bleibt es auch so, wie es früher war: Unliebsame Anträge und solche die aus irgendwelchen mehr oder weniger triftigen Gründen nicht passten, wanderten in einen Ausschuss – um sie dann endgültig zu beerdigen.
Auch der Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP) zeigt sich empört über die geplante Satzungsänderung, die den Deutschen Apothekertag entmachten soll. Er fragt: „Warum werden Veränderungen von grundsätzlicher berufspolitischer Bedeutung nicht vom Apothekertag entschieden? Warum wurde die gewohnte Praxis der Meinungsbildung nicht transparent und nachvollziehbar im Berufsstand organisiert?“ Daher fordert auch der VdPP die ABDA auf, diese Satzungsänderung zurückzunehmen. Und er hat noch einen Vorschlag: Analog zur Bundesärztekammer sollte die Bundesapothekerkammer als Arbeitsgemeinschaft der Landesapothekerkammern die künftigen Deutschen Apothekertage ausrichten, das wäre „eine wirkliche Strukturreform“, so der VdPP. Mein liebes Tagebuch, bingo, es wäre in der Tat eine echte Strukturreform, wenn sich die ABDA mal am Deutschen Ärztetag zumindest orientieren würde: Er ist die Hauptversammlung der Bundesärztekammer, das „Parlament der Ärzteschaft“, das z. B. sogar verbindliche Regelungen zum Berufsrecht erarbeitet und verabschiedet. Übrigens, der Vorstand der Bundesärztekammer wird auf dem Deutschen Ärztetag gewählt. Das wäre doch mal eine echte Strukturänderung bei der ABDA. Aber allein schon bei diesem frivolen Gedanken fällt uns das Konstrukt der ABDA (Apothekerkammern und Apothekerverbänden unter einem Dach) auf die Füße. Und so werden wir Apothekers vorerst wohl nur davon träumen können, einen ABDA-Vorstand auf einem Deutschen Apothekertag zu wählen.
Wunschliste des Apothekerparlaments
Es sind die Anträge, mit denen bei Apothekertagen die Delegierten der Kammern und Verbände die Wünsche der Apothekerschaft artikulieren. Und sie fordern mit diesen Anträgen in der Regel den Gesetz- und Verordnungsgeber oder die Berufsvertretung auf, ihre Wünsche doch bitteschön umzusetzen. So auch in diesem Jahr mit rund 50 Anträgen (die digitale Antragsmappe findet sich hier). Neben Selbstverständlichkeits- und Allgemeinplatz-Anträgen, z. B. dass der Gesetzgeber doch die öffentliche Apotheke stärken, das Honorar und die Botendienstvergütung erhöhen, die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel senken, die Notdienstgebühr anheben und Retaxationen endlich ausschließen solle, gab’s auch Anträge, die deutlichen Diskussionsbedarf hatten, zum Beispiel zur geplanten assistierten Telemedizin. Interessant ist auch ein Antrag, der den Gesetzgeber dazu auffordert, Effizienzreserven bei den Krankenkassen zu heben – um ein höheres Apothekenhonorar zu finanzieren. Ist auch mal eine Idee. Und dann gab’s wie jedes Jahr Anträge, bei denen sich das Plenum nicht einigen konnte, ob Zustimmung oder Ablehnung – solche Anträge landen dann in der Regel in Ausschüssen: z. B. die Frage, ob pharmazeutische Dienstleistungen, PoC-Testungen oder assistierte Telemedizin in nahegelegene Räumlichkeiten ausgelagert werden dürften. Oder ob auch PTA und PhiP „unter Aufsicht“ impfen dürfen. Gesprächsbedarf gibt’s auch bei der Frage, wie weit die Zusammenarbeit von Arzt und Apotheker gehen darf, Stichwort Zuweisungsverbot von Patienten, oder der Weg von Rezepten bei der Heimversorgung.
Mein liebes Tagebuch, wichtige, zukunftsweisende Themen – aber was passiert in den Ausschüssen? Die Berliner Kammer stellte den famosen Antrag, dass die Beratungen der in die Ausschüsse verwiesenen Anträge künftig allen interessierten Delegierten in hybrider Form zugänglich sein sollen. Die Reaktion der ABDA dazu kam prompt und wie erwartet: wenig Verständnis für diesen Antrag. Klar, mit so viel Transparenz hat unsere Berufsvertretung leider noch immer Probleme. Dabei wäre es ein Leichtes, solche Sitzungen z. B. hybrid zugänglich zu machen. Schade, dass die Berliner Kammer den Antrag letztlich zurückzog. Man sollte ihn im nächsten Jahr erneut stellen! Erst recht, wenn die neue Satzung und die Entmachtung des Apothekerparlaments greifen sollte.
Apothekers Stimmung im Land
Wie die ökonomische Lage, wie die Stimmung unter den Apothekeninhaberinnen und -inhabern ist, lässt die ABDA jährlich mit einer repräsentativen Umfrage messen und stellt die Ergebnisse, den Apothekenklima-Index, auf der Eröffnungspressekonferenz zum Apothekertag vor. In diesem Jahr fällt das Ergebnis der Umfrage wie erwartet unterirdisch aus: Zwei Drittel der Apothekeninhaberinnen und -inhaber gehen von einer deutlich schlechteren Entwicklung ihrer eigenen Apotheke in den nächsten zwei bis drei Jahren aus. Die Zahl der Apotheken ist in der aktuellen Legislaturperiode der Ampel massiv zurückgegangen, derzeit gibt es nur noch 17.288 Apotheken, rund 1200 weniger als vor drei Jahren. Im vergangenen Jahr haben es nur noch 62 Apothekerinnen, Apotheker gewagt, eine neue Apotheke zu gründen. Kein Wunder, dass die Investitionsbereitschaft stark sinkt, ebenso die Bereitschaft, Personal neu einzustellen: Etwa nur noch 50 Prozent der Befragten wollen investieren oder Neueinstellungen vornehmen. Pessimismus auch bei der Nachfolgesuche. Ein Drittel der Befragten glaubt, keinen einzigen Interessenten oder keine einzige Interessentin im Falle eines Apothekenverkaufs zu finden. Mein liebes Tagebuch, eine Politik, die die Arbeit der Apotheken und ihrer Teams so wenig wertschätzt, dass sie für Apotheken seit mehr als zehn Jahren keine Honoraranpassung übrig hat, drückt auf Stimmung, Gemüt und auf die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse. Und dazu noch die angekündigte Apothekenreform von Lauterbach, der glaubt, Apotheken ohne Apotheker seien die Lösung aller Probleme. Die ABDA-Präsidentin wiederholte ihren Appell: Die Apothekenreform in der vorliegenden Form dürfe keinesfalls vom Bundestag verabschiedet werden, „koste es, was es wolle.“ Mein liebes Tagebuch, wir werden sehen.
12 Kommentare
Resolution gegen die Apotheken-Reform
von Bernd Haase am 13.10.2024 um 12:17 Uhr
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AW: Resolution gegen die Apotheken-Reform
von Stefan Haydn am 14.10.2024 um 16:13 Uhr
Funktion der Apotheke in einer krisenfesten Infrastruktur
von Carola Schmidt am 13.10.2024 um 11:11 Uhr
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von Anita Peter am 13.10.2024 um 9:20 Uhr
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AW: .
von Dr. Radman am 13.10.2024 um 9:59 Uhr
Neue Formate wagen !
von Ulrich Ströh am 13.10.2024 um 9:08 Uhr
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ABDA
von Beldowitz am 13.10.2024 um 8:39 Uhr
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Ein Satz sagt alles . . .
von Uwe Hansmann am 13.10.2024 um 8:15 Uhr
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AW: Ein Satz sagt alles
von Dr.Diefenbach am 13.10.2024 um 15:30 Uhr
Kittelklau auf dem Apotherkertag
von Elisabeth Thesing-Bleck am 13.10.2024 um 8:13 Uhr
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AW: Kittelklau auf dem Apotherkertag
von Conny am 13.10.2024 um 13:27 Uhr
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