Kommentar

Gegen die Interessen der Apothekerschaft

17.10.2024, 13:00 Uhr

Die Bundesregierung möchte die Heimversorgung erleichtern, die ABDA stellt sich dagegen. (Foto: Printemps / AdobeStock)

Die Bundesregierung möchte die Heimversorgung erleichtern, die ABDA stellt sich dagegen. (Foto: Printemps / AdobeStock)


In der Heimversorgung ist die direkte Weiterleitung von Papierrezepten im Rahmen eines Heimversorgungsvertrags erlaubt, bei E-Rezepten ist das hingegen nicht möglich. Per Änderungsantrag könnte jetzt nachgebessert werden. Die ABDA stellt sich allerdings dagegen und damit auch gegen die Interessen der heimversorgenden Apotheken. Ein Kommentar von DAZ-Chefredakteurin Julia Borsch. 

Die direkte Zuweisung von Rezepten von Arztpraxen an eine Apotheke ist bekanntermaßen im Regelfall nicht erlaubt – dies gilt sowohl für herkömmliche als auch für elektronische Verordnungen. Eine Ausnahme stellt allerdings die Heimversorgung dar. Wenn ein Heimversorgungsvertrag nach § 12a Apothekengesetz abgeschlossen wurde und sich der betreffende Patient beziehungsweise die Patientin für die Teilnahme an der zentralen Versorgung entschieden haben, dürfen Arztpraxen die Rezepte direkt an die versorgende Apotheke weitergeben. Der Bundesverband der Versorgungsapotheken hatte sich seinerzeit für eine entsprechende Klarstellung im Gesetz eingesetzt.

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Mit dem E-Rezept kam die Rolle rückwärts. Hier ist laut Bundesgesundheitsministerium die direkte Weitergabe von der Arztpraxis an die Apotheke sogar via KIM nicht zulässig. Die Verordnungen müssen stets erst ins Heim und dann in die Apotheke.

Der Gesetzgeber hat verstanden, dass das die Versorgung erschwert und ist willens nachzubessern. Bei den fachfremden Änderungsanträgen zum Gesetz zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit findet sich ein entsprechender Vorschlag. 

Die ABDA sieht offenbar diese Notwendigkeit nicht und lehnt den Vorschlag in ihrer Stellungnahme ab. Schließlich sei zu erwarten, dass auch Heime bald an die Telematikinfrastruktur angebunden sind. Und dann können die E-Rezepte wie vorgesehen über KIM vom Arzt übers Heim in die Apotheke fließen.

Damit stellt sich die ABDA klar gegen die Interessen der heimversorgenden Apotheker. Zum einen hat sich die direkte Weiterleitung in der Praxis bewährt und es gibt eigentlich keine Gründe, davon abzuweichen. Zum anderen geben die Erfahrungen mit dem E-Rezept keinen Anlass zum Optimismus, dass Heime zeitnah an KIM angeschlossen sind.

Außerdem ist davon auszugehen, dass die direkte Weiterleitung von E-Rezepten in der Praxis stattfindet und weiter stattfinden wird, auch wenn die gesetzliche Klarstellung nicht kommen sollte. Die ABDA nimmt mit ihrer praxisfernen Auffassung billigend in Kauf, dass Kolleg*innen gegen geltendes Recht verstoßen. Man kann nur hoffen, dass die ABDA in diesem Fall, wie so oft, kein Gehör findet.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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2 Kommentare

Heimversorgung

von Friedrich Böckle am 18.10.2024 um 17:28 Uhr

Wenn die ABDA den Vorschlag einer Direktübertragung von
Rezepten an die Versorgungsapotheken ablehnt, so zeigt dies
wieder einmal, daß dort Personen sitzen, die offensichtlich
von der täglichen Apothekenpraxis keine Ahnung haben !

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Heimversorgung vor dem Umbruch

von Tobias Kast am 18.10.2024 um 7:45 Uhr

Warum 'muss' das Ganze über das Heim laufen?
- Weil Ärzte nicht tagesaktuell Vertragsstrukturen der Heime kennen (müssen) und sich darum auch nicht kümmern sollen.

Warum wird das die Heimversorgung komplett auf den Kopf stellen?
- Nirgendwo steht, dass ein Heim nur einen Versorgungsvertrag haben darf (das kennt man heute z.B. schon, wenn Verbandsstoffe, Nahrung, Teststreifen, Nadeln und Lanzetten an den Apotheken vorbei laufen und die Rezepte nur als 'Irrläufer' mal in den Apotheken landen und dann zurückgefordert werden...).

Dann wird die Dauermedikation eben über eine Schwerpunkt-Apotheke laufen und alles was "akut" gebraucht wird (/nicht Verblisterbar ist) über die vor Ort.
Vollautomatisch.

Kann man sicher einen Work-Mode für finden.
Muss aber eine Neujustierung vom Service-Level, Preisen, Verantwortungsbereichen und nicht zuletzt des Selbstverständnisses in der Heimversorgung nach sich ziehen.

Und eventuell (mit ein wenig Hoffnung und gutem Willen) fangen Teams an 'gemeinsam' an der bestmöglichen Versorgung der Patienten vor Ort (sei es ambulant oder im Heim) zu arbeiten.
Und wer es ganz utopisch mag; Sie werden dafür sogar so bezahlt, so dass auf allen Seiten Gewinne hängen bleiben.

Wer es eher dystopisch mag;
Real-Time-Bidding (Echtzeitversteigerung) der Versorgung von Tag_Start bis Tag_Ende der Medikation für Patient 123 [BMP anonymisiert anbei], Blisterrolle muss am Folgetag um 09:00 vorliegen in XYZ, sonst keine Bezahlung. Wer bietet die günstigste Versorgung, Frist zur Abgabe des Gebotes: t+1ms.

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