Stellungnahme zu Änderungsanträgen

ABDA lehnt favorisierte Apotheken ab

Berlin - 16.10.2024, 13:45 Uhr

Dass Apotheken mehr Schutzimpfungen durchführen sollen, findet die ABDA gut. Die Pläne für „favorisierte Apotheken“ lehnt sie jedoch ab.  (Foto: ABDA)

Dass Apotheken mehr Schutzimpfungen durchführen sollen, findet die ABDA gut. Die Pläne für „favorisierte Apotheken“ lehnt sie jedoch ab.  (Foto: ABDA)


Das Gesetz zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit betrifft dank einiger Änderungsanträge jetzt auch unmittelbar die Apotheken. Die ABDA findet es zwar gut, dass Impfungen in Apotheken ausgeweitet werden sollen – von dem Plan für „favorisierte Apotheken“ hält sie jedoch gar nichts.  

Diesen Mittwoch ab 17:30 Uhr steht im Gesundheitsausschuss des Bundestages die öffentliche Anhörung zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit an. Es geht in dem Vorhaben in erster Linie darum, ein neues Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung aufzubauen. Es soll als selbstständige Bundesoberbehörde die Aufgaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und teilweise des Robert Koch-Instituts (RKI) übernehmen.

Doch die Ampelfraktionen haben sich noch vor der Anhörung auf erste Änderungsanträge verständigt. Und in denen geht es auch um Apotheken. Daher wurde kurzfristig die ABDA zum heutigen Termin im Bundestag geladen. Ihre schriftliche Stellungnahme hat die Standesvertretung noch am Dienstag abgegeben.

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Diese beginnt noch positiv: „Wir begrüßen die vorgesehene Erweiterung des Spektrums an Impfungen und Testungen, die in Apotheken erbracht und abgerechnet werden dürfen. Damit kann in Ergänzung der in den Arztpraxen durchgeführten Impfungen ein weiterer Beitrag zur Erhöhung der Impfquoten geleistet werden.“ Diese Regelungen waren auch schon im Referentenentwurf für das Apotheken-Reformgesetz vorgesehen. Nun sollen sie vorab herausgelöst werden.

Favorisierte Apotheken

Ganz anders sieht die ABDA jedoch die Pläne der Ampel für „favorisierte Apotheken“. Hier soll ein ganz neuer Paragraf im Sozialgesetzbuch V geschaffen werden. Bezweckt ist, dass Apotheken, die pflegebedürftige Versicherte zuvor explizit ausgewählt und zudem konkret zur Einlösung einer elektronischen Verordnung beauftragt haben, auch ohne eGK oder Token auf das E-Rezept zugreifen dürfen. Ein vorheriger Anruf oder eine Mail des oder der Versicherten genügt. Dies mag etwa praktisch sein, wenn immobile Patienten, die zudem nicht digital affin sind, per Botendienst mit Arzneimitteln versorgt werden sollen.

Gefahr für Apotheken mit Heimversorgungsvertrag...

Doch die ABDA sieht hier Gefahren und schreibt klipp und klar, dass sie diese Idee ablehnt. Ihre Befürchtung: „Da eine Vielzahl pflegebedürftiger Patienten Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sind, kann die Regelung die Grundgedanken der apothekenrechtlichen Vorgaben aushebeln, wonach eine Versorgung dieses Personenkreises regelhaft auf der Basis eines Versorgungsvertrags nach § 12a ApoG erfolgen soll.“ Die ABDA sieht hier ein Einfallstor für Apotheken ohne Versorgungsvertrag, die als favorisierte Apotheke benannt werden und auf dieser Basis große Teile der Versorgung übernehmen.

... aber auch darüber hinaus

Aber auch außerhalb der Heimversorgung bestünden erhebliche Bedenken gegen die Regelung. So sollen Versicherte selbst oder durch Beauftragte formlos den E-Rezept-Abruf im Einzelfall auslösen können. Dabei, so die ABDA, sei aber keine sichere Identifizierung und Autorisierung möglich. Es sei auch gar nicht ersichtlich, wie die vorgesehene nachträgliche Identifizierung technisch in einer praktikablen Art und Weise gewährleistet werden könne. Die ABDA bezweifelt „nachdrücklich, dass geeignete technische Vorkehrungen getroffen werden können, um systematische Abfragen durch Favorisierte Apotheken, die ohne vorherigen Einzelauftrag durchgeführt werden, zu verhindern“. Für sie liegt daher auf der Hand, dass die freie Apothekenwahl der Versicherten unterlaufen werde.

EU-Versender können Sanktionsandrohungen nicht abschrecken

Da helfe auch nicht die vorgesehene Sanktionsmöglichkeit für den Fall eines E-Rezept-Abrufs durch eine Apotheke ohne ausdrückliche Beauftragung des Patienten. Der Nachweis solcher Verstöße sei außerordentlich schwierig, gibt die ABDA zu bedenken. Sie ist überzeugt: Auf die großen EU-Arzneimittelversender, für die das Sozialgesetzbuch V nicht gilt, wird die Bußgeldandrohung keine abschreckende Wirkung haben.

Nicht zuletzt sieht die ABDA schlicht keinen Bedarf für die neuen Regelungen. Die Weiterleitung von E-Rezepten, ohne eine Apotheke aufsuchen zu müssen, stehe Versicherten schon jetzt via Gematik-App und CardLink-Verfahren offen, erklärt sie. Sofern sie aus individuellen Gründen diese Technik nicht nutzen könnten, könnten sie auch heute schon einen Vertreter bestimmen, der dieses Recht für sie ausübt. Damit werde auch vermieden, dass eine gezielte Steuerung durch Dritte stattfinde.

Das Fazit der ABDA: „Vor diesem Hintergrund besteht keine Veranlassung, die oben beschriebenen rechtlichen Risiken einzugehen. Die Apotheken vor Ort können hierdurch erhebliche wirtschaftliche Nachteile und die Heimbewohner Nachteile in Bezug auf die Qualität der Arzneimittelversorgung erleiden.“

Keinen Zuspruch findet bei der ABDA auch der Änderungsantrag, der heimversorgenden Apotheken und Ärztinnen und Ärzten eine Absprache zur Arzneimittelversorgung von Heimbewohner:innen ermöglichen soll. „Nach geltender Rechtslage ist allein der einzelne Heimbewohner oder – sofern er die Wahl der Apotheke nicht selber ausüben kann – das Heim berechtigt, ärztliche Verschreibungen der versorgenden Apotheke zuzuleiten“, heißt es in der Stellungnahme. Diese Möglichkeit im Einzelfall dürfe nicht in eine regelhafte Zuweisung an eine bestimmte Apotheke überführt werden. Auch hier sieht die ABDA schlicht keinen Regelungsbedarf – schließlich sei zu erwarten, dass auch Heime bald an die Telematikinfrastruktur angebunden sind. Und dann können die E-Rezepte über KIM vom Arzt übers Heim in die Apotheke fließen. 

Zuletzt begrüßt die ABDA die Änderungen beim Apotheken-Ident-Verfahren, die dessen Einführung beschleunigen sollen. Sie weist aber darauf hin, dass nach wie vor eine Rechtsverordnung durch das Bundesministerium für Gesundheit nötig sei, in der die Apothekenvergütung geregelt wird.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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