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Die Nullzinspolitik bewirkt, dass die Versorgungswerke ihre Leistungsberechnung neu definieren müssen. Ein Paradigmenwechsel steht nun beim Versorgungswerk der Apothekerkammer Nordrhein an, schreibt Community-Mitglied Veit Eck. Was als Umstellung der Rentenberechnung nach Kapitaldeckungsverfahren auf das offene Deckungsplanverfahren daherkommt, bedeute für zukünftige Generationen schlichtweg weniger Rente.
Wer heute Pharmazie studieren möchte, findet veränderte Rahmenbedingungen vor: Einerseits ist es ein radikaler Marktumbruch, den ein Versandhandel mit Rx-Arzneimitteln bringen würde, und auf der anderen Seite der andauernde Umbau der Rahmenbedingungen in unserem Gesundheitssystem. Niemand kennt natürlich die Zukunft – aber mit Sicherheit kann man heute schon voraussagen, wer mit Ende Zwanzig in den Beruf einsteigen möchte, sollte sich darauf einstellen, sich mit permanenten Veränderungen in seinem Arbeitsleben beschäftigen zu müssen.
Und mit Ende Zwanzig machen sich nur die wenigsten Gedanken über ihre Altersversorgung. Eines ist allerdings jetzt schon klar: Bis zum 67. Lebensjahr wird die „Maloche“ auf jeden Fall dauern. Viele Apothekerinnen und Apotheker sind von der Mitgliedschaft in der Deutschen Rentenversicherung befreit und Mitglied in einem berufsständischen Versorgungswerk geworden. Das war bisher auch immer eine gute Entscheidung: Bei gleichen Beiträgen wie in der DRV sind dort bessere Leistungen zu erwarten.
Das Kapital wurde gut angelegt, denn in den vergangenen Jahren wurde fast immer ein Rechnungszins von 2 bis 4 Prozent erzielt. Die behördliche Aufsicht hat sichergestellt, dass die Versorgungswerke nicht auf den Finanzmärkten zocken durften. So blieb denn die Lehman Bankenkrise auch ohne irgendwelche Auswirkungen auf die Rentenanwartschaften. Hier galt es noch, Norbert Blüms geflügeltes Wort: „Die Renten sind sicher“.
Ein gewisser Herr Draghi und seine EZB haben das aber alles radikal verändert. Die Nullzinspolitik bewirkt, dass die Versorgungswerke ihre Leistungsberechnung neu definieren müssen. Das Prinzip, dass das vom Mitglied eingezahlte Kapital, verzinst mit dem jeweiligen Rechnungszins, in den Versorgungswerken sicher und nachvollziehbar für nur dieses Mitglied zur Rentenzahlung später herangezogen wird, soll nun zugunsten eines „Solidarprinzips“, das nur eine vage Prognose der zu erwartenden Rente zulässt, aufgegeben werden.
Dieser Paradigmenwechsel steht nun beim Versorgungswerk der Apothekerkammer Nordrhein an, einem der großen Player in diesem Geschäft.
Was als Umstellung der Rentenberechnung nach dem Kapital-Deckungsverfahren auf das offene Deckungsplanverfahren daherkommt, bedeutet für zukünftige Generationen schlichtweg weniger Rente. Denn die Einführung von Regelbeitrag und Bewertungsfaktor bedeutet, dass nicht jeder eingezahlte Euro mit Zins wieder im Alter zurückkommt, sondern Reserven angelegt werden, mit denen zukünftige Niedrigzinsphasen überlebt werden können.
Welche Risiken hat eine Abwendung vom alten „Kapitaldeckungsprinzip“?
Es ist zu erwarten, dass ein großer Teil der Apothekerinnen und Apotheker in der nächsten Generation nicht mehr den Höchstbetrag als Beitrag einzahlen kann. Oder aber immer mehr Mitglieder haben Anwartschaften in der DRV erworben und werden nur in einem Teil ihres Berufslebens die Chance haben, in einem Versorgungswerk Beiträge einzuzahlen. Außerdem darf man nicht vergessen: Es gibt immer mehr Rentner, die statistisch gesehen immer länger Leistungen beziehen werden und zukünftig immer mit ansteigenden Zahlen auf der Ausgabenseite in den Bilanzen ausgewiesen werden.
Dieses neue System ist also langfristig darauf angewiesen, dass viele neue, junge Beitragszahler gefunden werden. Die Unsicherheit dabei ist möglicherweise die sinkende Attraktivität des Apothekerberufes. Wenn das alles nicht funktioniert, sind Zusammenlegungen der Versorgungswerke unabwendbar. Die Vermutung liegt nahe: Die wenigen Gewinner im neuen Rentenberechnungssystem sind selbstständig, die Verlierer sind angestellt, vermutlich vorwiegend weiblich, mit mehreren Kindern.
Noch ein Satz zum Versorgungswerk der Apothekerkammer Nordrhein: Dort will man schon am 8. März 2017 in der Kammerversammlung Nägel mit Köpfen machen. Nur, die einfachen Mitglieder im Versorgungswerk sind bisher völlig uninformiert. Wer möchte schon, dass an der Rentenformel gedreht wird, und in Jahrzehnten, wenn die Leistung beantragt wird, das Ausmaß der Neudefinition der Rentenformel individuell in Euro und Cent spürbar ist. Das kann so nicht funktionieren. Ich bin der Meinung, dass man seine Mitglieder vor einer Grundsatzentscheidung gründlich informieren muss, alles andere ist nicht fair.
Wir Apothekerinnen und Apotheker tun uns zurzeit mit Europa ziemlich schwer: Zunächst das EuGH-Urteil, und jetzt die Konsequenzen der langanhaltenden Negativzinspolitik der EZB. Es dämmert uns so langsam, dass wir in unserem Beruf auf verschiedenen Ebenen für europapolitische Entscheidungen einen hohen Preis bezahlen müssen. Nur die Belastungsfähigkeit und die Solidarität eines ganzen Berufsstandes sind eben keine Einbahnstraße. Es wird Zeit, dass der Apothekerberuf von der Politik positive Zusagen für seine Leistungsfähigkeit in den kommenden Jahrzehnten erhält.
5 Kommentare
Qualität die man lesen kann ...
von Christian Timme am 01.03.2017 um 10:10 Uhr
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...alles andere ist nicht fair.
von Christian Giese am 28.02.2017 um 19:57 Uhr
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Artikel Versorgungswerk NRW
von Dr. Mathias Keil am 28.02.2017 um 9:22 Uhr
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Die Eck-Analyse
von Dr.DIEFENBACH am 28.02.2017 um 8:06 Uhr
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Versorgungswerkrente 2035
von Ulrich Ströh am 27.02.2017 um 19:40 Uhr
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