Lynparza®

Olaparib

01.06.2015


Hemmt DNA-Reparaturmechanismen
Rezidive des serösen epithelialen Ovarialkarzinoms, des Eileiterkarzinoms oder des primären Peritonealkarzinoms mit nachweislich mutiertem Brustkrebs-Suszeptibilitäts-Gen (breast cancer susceptibility gene, BRCA) können zukünftig mit Olaparib (Lynparza®) als Monotherapeutikum behandelt werden. Die Therapie mit diesem Inhibitor der humanen Poly(ADP-ribose)-Polymerase-Enzyme (PARP) ist für Patientinnen geeignet, die auf eine Platin-basierte Chemotherapie vollständig oder partiell ansprechen.

Olaparib 

ATC-Code

L: Antineoplastische und immunmodulierende Mittel


L01: Antineoplastische Mittel


L01X: Andere antineoplastische Mittel


L01XX: Andere antineoplastische Mittel


Wirkungsmechanismus

Die humanen Poly(ADP-ribose)-Polymerase-Enzyme PARP-1, PARP-2 und PARP-3 dienen zur Reparatur von DNA-Einzelstrangbrüchen. Im Verlauf dieses komplexen Vorgangs muss sich das PARP-Enzym von der DNA lösen, um den Zugang für die Basenexzisionsreparatur-Enzyme zu ermöglichen. Der potente PARP-Inhibitor Olaparib bindet an das aktive Zentrum des DNA-assoziierten PARP und hält es an der DNA fest. Sobald die Replikationsgabeln bei replizierenden Zellen auf das PARP-DNA-Addukt treffen, kommt es zu DNA-Doppelstrangbrüchen. Bei normalen Zellen werden diese durch homologe Rekombinationsreparatur (HRR) repariert, für die funktionelle Brustkrebs-Suszeptibilitäts-1- oder -2-Gene (breast cancer susceptibility genes, BRCA-1- und -2-Gene) erforderlich sind. Wenn diese funktionellen BRCA-1- oder -2-Tumorsuppressorgene aufgrund von Mutationen fehlen, können DNA-Doppelstrangbrüche nicht durch HRR repariert werden. Stattdessen werden alternative, fehleranfällige Wege aktiviert und es kommt zu erhöhter genomischer Instabilität. Nach mehreren Replikationszyklen wird die Instabilität so groß, dass der programmierte Zelltod eingeleitet wird. Tumorzellen sind hiervon wesentlich stärker betroffen als gesunde Körperzellen, da sie ein höheres Vorkommen von DNA-Schäden aufweisen. Zellen mit funktionierendem BRCA-Gen sind nicht betroffen.

Pharmakokinetik

Resorption: Nach peroraler Gabe werden innerhalb von ein bis drei Stunden maximale Plasmaspiegel gemessen.


Proteinbindung, Verteilung: Die Plasmaproteinbindung von Olaparib beträgt etwa 82%, das Verteilungsvolumen 2,4 l/kg.


Metabolismus: Die Substanz wird vorwiegend über CYP3A4/5 oxidativ biotransformiert. Im Anschluss kommt es häufig zur Konjugation mit Glucuron- und Schwefelsäure.


Exkretion: Die Ausscheidung erfolgt zu etwa gleichen Teilen renal und mit den Fäzes (44 vs. 42%). Die jeweils gefundene Hauptkomponente ist mit etwa 6 bzw. 15% die Muttersubstanz. Die Eliminationshalbwertszeit liegt bei 11,9 Stunden.

Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

Die übliche Dosis für eine Monotherapie beträgt zweimal täglich 400 mg Olaparib. Die Einnahme sollte mindestens eine Stunde nach einer Mahlzeit erfolgen, danach sollte über weitere zwei Stunden nichts gegessen werden. Optimaler Behandlungsbeginn ist innerhalb von acht Wochen nach der letzten Applikation einer Platin-basierten Therapie. Beim Auftreten schwerer Nebenwirkungen kann die Dosis halbiert oder gegebenenfalls sogar geviertelt werden. Bei leichter Niereninsuffizienz ist keine Dosisanpassung erforderlich. Bei Leber- oder mäßiger bis schwerer Niereninsuffizienz wird die Behandlung wegen fehlender Erfahrungen nicht empfohlen, allenfalls unter engmaschiger Überwachung.

Kontraindikationen

Bei Überempfindlichkeit gegen Olaparib besteht eine Kontraindikation, ebenso für das Stillen während der Behandlung und bis zu einem Monat nach Einnahme der letzten Dosis.

Unerwünschte Wirkungen

Während der Einnahme von Olaparib kam es sehr häufig zu vermindertem Appetit, Kopfschmerzen, Schwindel, Dysgeusie, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Dyspepsie, Erschöpfung (einschließlich Asthenie), Anämie, Neutropenie, Lymphopenie, Anstieg des Kreatinin-Wertes im Blut und zur Erhöhung des mittleren korpuskulären (Erythrozyten-)Volumens. Häufig traten Schmerzen im Oberbauch, Stomatitis und Thrombozytopenie aller Schweregrade auf.

Wechselwirkungen

Zusammen mit anderen Chemotherapeutika kann Olaparib zu einer Potenzierung und Verlängerung einer Myelosuppression führen. Impfstoffe oder Immunsuppressiva sollten in Kombination mit Olaparib wegen fehlender Erfahrungen allenfalls unter sorgfältiger Überwachung eingesetzt werden. Trotz bislang fehlender Untersuchungen muss davon ausgegangen werden, dass CYP3A4/5- Inhibitoren wie Itraconazol, Telithromycin, Clarithromycin oder Saquinavir die Biotransformation von Olaparib hemmen und zu verstärkten Wirkungen und Toxizität des PARP-Inhibitors führen. Dagegen könnten CYP3A4/5- Induktoren wie Phenytoin, Rifampicin, Carbamazepin oder Johanniskraut die Metabolisierung von Olaparib beschleunigen und somit dessen Wirkung relevant beeinträchtigen. Klinische Studien zu möglichen Auswirkung von P-Glycoprotein(P-gp)-Inhibitoren und -Induktoren auf das P-gp-Substrat Olaparib wurden bisher ebenfalls nicht durchgeführt. Wegen der potenziell CYP3A4-hemmenden Wirkung von Olaparib ist weiterhin nicht auszuschließen, dass die Exposition gegen entsprechende Substrate erhöht wird. Vorsicht ist vor allem bei Arzneistoffen mit geringer therapeutischer Breite wie Ciclosporin, Fentanyl, Sirolimus oder Quetiapin geboten.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

In Zusammenhang mit Olaparib kann es zu hämatologischer Toxizität mit Anämie, Neutropenie, Thrombozytopenie und Lymphopenie kommen. Eine regelmäßige Überwachung ist daher angeraten. Bei einer kleinen Anzahl von Patientinnen wurde über myelodysplastische Syndrome, akute myeloische Leukämie oder Pneumonitis berichtet, die teilweise auch tödlich verliefen. Eine Abgrenzung zu anderen prädisponierenden Faktoren oder Behandlungen ist allerdings derzeit schwierig. Für eine Weiterbehandlung mit Olaparib nach einem erneut aufgetretenen Rezidiv liegen keine Daten vor. Ebenso sind die klinischen Daten für die Therapie von Patientinnen über 75 Jahre, von nicht kaukasischer Abstammung oder mit Performance-Status 2 bis 4 (das heißt mäßig bis stark eingeschränktem physischem Zustand bis zur völligen Pflegebedürftigkeit) begrenzt.

Schwangerschaft und Stillzeit

Wegen möglicher schwerwiegender teratogener Wirkungen sollte Olaparib nicht bei Schwangeren angewendet werden. Frauen im gebärfähigen Alter müssen während und bis zu einem Monat nach der letzten Einnahme eine sichere Verhütungsmethode anwenden. Wegen möglicher Interaktionen von Olaparib mit hormonellen Kontrazeptiva sind nicht-hormonelle Verhütungsmethoden und die regelmäßige Durchführung von Schwangerschaftstests empfohlen. Es ist nicht bekannt, ob Olaparib oder seine Metaboliten beim Menschen in die Muttermilch übergehen. Daher darf während einer Behandlung und bis zu einem Monat nach deren Ende nicht gestillt werden.

Handelspräparat Lynparza® 

Hersteller

AstraZeneca GmbH, Wedel

Einführungsdatum

01. Juni 2015

Zusammensetzung

50 mg Olaparib

Sonstige Bestandteile

Macrogolglycerollaurat (Ph. Eur.), Hypromellose, Titandioxid (E 171), Gellan Gummi (E 418), Kaliumacetat, Schellack, Eisen(II,III)-oxid (E 172)

Packungsgrößen, Preise, PZN

4 Flaschen mit jeweils 112 Hartkapseln à 50 mg, 8637,22 Euro, PZN 10941666

Indikation

Monotherapie für die Erhaltungstherapie von erwachsenen Patientinnen mit einem Platin-sensitiven Rezidiv eines Brustkrebs-Suszeptibilitäts-Gen(breast cancer susceptibility gene, BRCA)-mutierten high-grade serösen epithelialen Ovarialkarzinoms, Eileiterkarzinoms oder primären Peritonealkarzinoms

Dosierung

Die empfohlene Dosis beträgt 400 mg zweimal täglich, entsprechend einer Tagesgesamtdosis von 800 mg. Die Patientinnen sollten die Behandlung spätestens acht Wochen nach ihrer letzten Dosis der Platin-basierten Therapie beginnen.

Kontraindikationen

Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff, Stillen während der Behandlung und bis zu einem Monat nach Einnahme der letzten Dosis

Unerwünschte Wirkungen

Bei Patientinnen, die Olaparib als Monotherapie erhielten, waren die am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen (≥ 10%) über alle klinischen Studien hinweg: Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Dyspepsie, Erschöpfung, Kopfschmerzen, Dysgeusie, verminderter Appetit, Schwindel, Anämie, Neutropenie, Lymphopenie, erhöhtes mittleres korpuskuläres Volumen und erhöhte Kreatinin-Werte.

Wechselwirkungen

Zusammen mit anderen onkologischen Arzneimitteln, einschließlich DNA-schädigender Wirkstoffe, kommt es zur Potenzierung und Verlängerung der myelosuppressiven Toxizität. Die Anwendung starker CYP3A4/5-Inhibitoren (z. B. Itraconazol, Clarithromycin oder Saquinavir) oder -Induktoren (z. B. Phenytoin, Rifampicin oder Johanniskraut) zusammen mit Olaparib ist zu vermeiden. Olaparib kann seinerseits CYP3A4 in vitro hemmen. Daher ist es nicht auszuschließen, dass die Exposition von Substraten dieses Enzyms erhöht wird.

Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme

Vor Behandlungsbeginn mit Olaparib muss bei den Patientinnen der Nachweis über eine BRCA-Mutation (in Keimbahn oder Tumor) erbracht werden. Bei Patientinnen, die Olaparib allein oder in Kombination mit anderen Arzneimitteln gegen Krebserkrankungen erhielten, wurde über hämatologische Toxizität, myelodysplastisches Syndrom, akute myeloische Leukämie und über Fälle von Pneumonitis, einige mit tödlichem Verlauf, berichtet.

Literatur

[1] Fachinformation zu Lynparza®, Stand Dezember 2014


[2] Ledermann J, Harter P, Gourley C, Friedlander M et al. Olaparib maintenance therapy in patients with platinum-sensitive relapsed serous ovarian cancer: a preplanned retrospective analysis of outcomes by BRCA status in a randomised phase 2 trial. Lancet Oncol 2014;15(8):852-861


[3] EPAR summary for the public. Lynparza® Olaparib. EMA/662514/2014; European Medicines Agency; www.ema.europe.eu

Copyright

©2015-2022 Deutscher Apotheker Verlag, Neue Arzneimittel, Beilage der Deutschen Apotheker Zeitung

Datenstand

07/2015

Apothekerin Dr. Monika Neubeck