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Kommentar

Die Grauzone

Immer wieder einmal gibt es massiven Ärger in der Apothekenlandschaft. Der Grund: Apotheken haben ein Präparat oder besser gesagt ein Produkt verkauft, das nicht verkehrsfähig war. Eine Maschinerie von Abmahnvereinen, Kripobeamten, Staats- und Rechtsanwälten wird in Gang gesetzt, um dem Apotheker das Vergehen nachzuweisen und ihn gegebenenfalls zu bestrafen. Schlagzeilen machte 1996 beispielsweise eine dubiose Abmahnaktion, weil Apotheken das Mittel "Vita natura Diät" in Verkehr gebracht bzw. zum Teil nur am Telefon die Auskunft gegeben haben, es besorgen zu können.

Neuerdings sorgt das Produkt CH-7 für Furore und beschäftigt landauf, landab den Überwachungsstaat. Das sogenannte Nahrungsergänzungsmittel, dessen Zusammensetzung mittlerweile geändert wurde und nun als CH-7 N vertrieben wird, kam mit Indikationsansprüchen auf den Markt, die einem Arzneimittel gleichkamen - nur: CH-7 hatte keine Zulassung als Arzneimittel. Jetzt stöbern Kripobeamten die Apotheken auf, die dieses Produkt gesetzeswidrig verkauft haben. Waren es nur zehn Packungen, die seinerzeit über den HV-Tisch gingen, wird ein Auge zugedrückt, wie zu erfahren war, das Ermittlungsverfahren wird eingestellt. Alle anderen Apotheken aber, die das Produkt in größeren Mengen bezogen und verkauft haben, werden mit einem Verfahren überzogen mit entsprechenden Konsequenzen.

Eigentlich, so sollte man meinen, ist in Deutschland alles klipp und klar geregelt. Es gibt Arzneimittel, die nach dem Arzneimittelgesetz zugelassen oder zumindest registriert sein müssen, und es gibt Lebensmittel, die den Anforderungen des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes entsprechen müssen. Doch es gibt bekanntlich auch Mittel, die weder das eine noch das andere sind, sein wollen oder besser gesagt, sein können. Sie umgehen die aufwendige und teure Zulassung als Arzneimittel, sind aber auch keine Lebensmittel. Die Grauzone nennt sich "Nahrungsergänzungsmittel". Und da beginnen die Probleme. Denn unter diesen Präparaten gibt es einige besonders "graue", die sich gerne mit Indikationsangaben schmücken, die auf ein Arzneimittel hindeuten. Geschäftemacher nützen das Arzneimittelimage, um Produkte, die kaum halten, was sie versprechen, für teures Geld in den Markt zu drücken.

Die Gretchenfrage ist: Wie kann man entscheiden, ob ein Produkt verkehrsfähig ist und als "Nahrungsergänzungsmittel" durchgeht oder ob es ein zulassungspflichtiges Arzneimittel ist? Der Apotheker kann es in der Regel mit Sicherheit nicht. Selbst die dafür zuständigen Behörden schlagen sich monatelang mit diesem Problem herum, beauftragen Gutachter und streiten sich mit den Herstellerfirmen. Vor diesem Hintergrund zwei Wünsche: Es wäre schön, wenn die Überwachungsmaschinerie das einsehen würde. Und: Wann kommt das Nahrungsmittelergänzungsgesetz?
Peter Ditzel

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