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- DAZ 15/1998
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Bericht
Medizinprodukte: Was muß in der Apotheke beachtet werden
Auch für viele Experten im Arzneimittelrecht ist es nicht leicht, sich im Medizinprodukterecht zurechtzufinden. Schon bei der Produktabgrenzung gibt es einen gravierenden Unterschied. Diese wird nicht, wie bei Arzneimitteln, über die stofflichen Eigenschaften, sondern über die Zweckbestimmung vorgenommen. So sind zum Beispiel Latexhandschuhe für den medizinischen Anwendungsbereich Medizinprodukte, solche, die zum Putzen getragen werden, dagegen Schutzausrüstung. Aus dieser Einstufung wie auch aus den verschiedenen Klassifizierungen im Medizinproduktebereich, die sich aus deren Gefährdungspotential für den Patienten ableiten, ergeben sich sehr differenzierte rechtliche Konsequenzen.
Vorschriften für die Anwender und den Handel
Mit der Durchführung eines Konformitätsbewertungsverfahrens - entspricht dem Zulassungsverfahren bei Arzneimitteln - wird eine öffentliche Apotheke kaum konfrontiert werden, wohl aber mit den Vorschriften für den Handel und die Abgabe. Bedeutsam für die öffentliche Apotheke ist vor diesem Hintergrund eine neue Betriebsverordnung für den Handel, die in Kürze im Entwurf vorgelegt werden soll. Die Betrieberverordnung für Medizinprodukte, die bereits kurz vor dem Abschluß steht, ist für öffentliche Apotheken relevant im Hinblick den Einsatz von Blutdruckmeßgeräten oder auch auf den Verleih von Milchpumpen.
Produkte aus dem Ausland sehr aufmerksam begutachten
Unter dem Strich sollte in der Apotheke darauf geachtet werden, möglichst nur noch CE-gekennzeichnete Medizinprodukte in die Hand zu bekommen und abzugeben. Das Kennzeichen impliziert übrigens auch die Überprüfung der Meßfunktion. Eine zusätzliche Eichung ist damit überflüssig. Medizinprodukte mit einem CE-Kennzeichen sind prinzipiell ohne Einschränkungen überall im europäischen Wirtschaftsraum verkehrsfähig. Bei Produkten, die aus dem Ausland bezogen werden, ist jedoch darauf zu achten, daß die Gebrauchsanweisung ordnungsgemäß erstellt, d.h. übersetzt wurde. Eine holprige Ausdrucksweise etwa oder unverständliche bzw. unlogische Anweisungen sollten unbedingt beim Lieferanten beanstandet werden. Besondere Vorsicht ist bei Importen aus Drittstaaten angebracht. Kann bei Beanstandungen innerhalb von vier Wochen kein Hersteller ausfindig gemacht werden, was bei Importen aus Fernost oder Übersee gar nicht so unrealistisch sein dürfte, so kann die Apotheke als Importeur in die Haftung kommen.
Defektur gibt es bei Medizinprodukten nicht
Die Rezeptur bei Arzneimitteln heißt bei Medizinprodukten Sonderanfertigung. Für den Defekturmaßstab gibt es im Medizinprodukterecht keine Entsprechung. Die Herstellung eines Medizinproduktes im Defekturmaßstab macht die Apotheke demzufolge zum Hersteller im Sinne des MPG, mit allen Verpflichtungen, die ihm danach zugewiesen sind.
Sicherheitsbeauftragter und Meldepflichten
Auch die Apotheke ist in das Beobachtungs- und Meldesystem über Risiken bei Medizinprodukten einbezogen. Sie braucht ebenfalls einen sog. Sicherheitsbeauftragten für Medizinprodukte, nämlich für den Fall, daß eine Rezeptur angefertigt und abgegeben wird, die als Medizinprodukt einzustufen ist. Dies dürfte allerdings kein Problem sein, weil die geforderte Qualifikation einer solchen verantwortlichen Person durch einen Apotheker auf jeden Fall erfüllt wird. Einwandfrei einer Person zugewiesen werden müßte die Funktion allerdings schon.
Das Medizinproduktegesetz enthält verschiedene Meldepflichten, so zum Beispiel im Rahmen des Beobachtungs- und Meldesystems von Risikofällen oder auch in bezug auf den Sicherheitsbeauftragten. Formblätter hierzu und die zu benutzende Nomenklatur nach DIMDI können dort entgeltfrei abgerufen (Homepage: http://www.dimdi.de) oder direkt beim DIMDI angefordert werden.
Da die Industrie und die Handelskanäle sich nach wie vor nicht ausreichend auf das Medizinprodukterecht eingestellt haben, wurde eine Gesetzesänderung auf den Weg gebracht, damit diejenigen Medizinprodukte, die vor Ablauf der Übergangsfrist noch nach der alten Rechtslage erstmalig vom Hersteller in den Verkehr gebracht werden, noch bis zum 30. Juni 2001 abverkauft werden können.
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