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Editorial

Ein Vorgeschmack

Die Politikerstatements auf dem diesjährigen Bayerischen Apothekertag gaben einen Vorgeschmack auf das, was die Apotheker nach der Bundestagswahl erwartet. Der Beifall während und nach den Reden zeigte seismographisch auf, ob und inwieweit die Pharmazeuten mit den Ankündigungen aus der Politik einverstanden sein können. Immerhin, in einem waren sich die vier Parteien, die CSU, die SPD, die FDP und die Bündnis 90/Grünen einig: Die Apotheke sollte in der heutigen Form erhalten bleiben. Man wolle nicht am Fremd- und Mehrbesitzverbot, am Versandhandelsverbot und an der Arzneimittelpreisverordnung rütteln. Und einig war man sich auch darin, daß der Apotheker seine Beratungsleistung ausbauen müsse in Richtung Pharmaceutical Care, nur damit könne er sich in Zukunft unverzichtbar im Gesundheitswesen machen. Auseinander gingen dagegen die Ansichten zu gesundheitspolitischen Fragen. Während CSU und FDP mehr an die Eigenverantwortung der Bürger appellierten, wollten SPD und die Grünen mehr staatliche Gesamtsteuerung im Gesundheitswesen, zum Teil mit planwirtschaftlichen Elementen, verwirklicht sehen. Auf einen Punkt des SPD-Programms wies Bayerns Kammerpräsident, Dr. Hermann Vogel, besonders hin: Diese Partei wolle den Bestand freiberuflicher Versorgungswerke beeinträchtigen, indem sie den angestellt tätigen Kollegen das Befreiungsrecht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zugunsten der Apothekerversorgung nehmen wolle. Dies werde, so prognostizierte Vogel, auf entschiedenen Widerstand aller betroffenen Freiberuflergruppen stoßen.

Daß neben der großen Gesundheitspolitik noch zahlreiche andere Sorgen und Nöte auf die Herzen der bayerischen Apotheker - und nicht nur auf die der bayerischen - drücken, wurde in der Ansprache von Gerhard Reichert, Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbands, deutlich. Möglicherweise ist, so konnte er berichten, noch Ende dieses Jahres mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Thema Festbeträge zu rechnen. In Bayern habe man jedenfalls erreicht, daß die Kassen ab sofort und bis auf weiteres keine Festbeträge mehr für Inkontinenz- und Vliesstoffprodukte mehr festsetzen dürfen. Wenig zufrieden zeigte man sich mit der Novellierung der Arzneimittelpreisverordnung. Die marginale Erhöhung der Notdienstgebühr um 1 DM kompensiert nicht einmal den Inflationsausgleich. Eher gelassen sieht man in Bayern dagegen das Problem Aldi und Co.: Der Verbraucher wird - da war sich Reichert sicher - den Weg wieder in die Apotheke finden, wenn er von den Wirkungen der Arzneimittel aus dem Supermarkt und der fehlenden Beratung enttäuscht sei. Hoffentlich, so meine ich, behält hier Reichert recht, denn die bisherigen Aktivitäten der Discounter könnte nur ein Anfang sein. Der Gesundheitsmarkt ist ein Wachstumsmarkt - ob sich die Discountketten diesen Markt entgehen lassen?

Deutlich haben alle Statements und Diskussionsrunden auf dem Bayerischen Apothekertag gezeigt, daß die Zukunft des Apothekerberufs in der Beratung, in der pharmazeutischen Betreuung liegt, auch die im Bereich der Selbstmedikation, wie der bayerische Kammerpräsident Vogel betonte. Man wolle sogar Abgabemonographien für die Selbstmedikation entwickeln, die explizit Hinweise geben, welche Information dem Kunden bei bestimmten Präparaten als Mindest-Info mit auf den Weg gegeben werden sollten - andernfalls wäre es ein Kunstfehler des Apothekers. Ich denke, das klingt vernünftig. Wenn wir die Beratung hier ernst nehmen, müssen wir uns hier dieser Herausforderung stellen.

Lesen Sie in unserem Bericht vom Bayerischen Apothekertag, was den Bayern (nicht) schmeckte - ich denke, auch die Baden-Württemberger, die Nordrhein-Westfalen, die Sachsen, die Hamburger und alle anderen sollten mal kosten.
Ihr Peter Ditzel

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