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Selbstmedikation: Absatz hängt von sofortiger Verfügbarkeit ab
Diese im Januar 1998 begonnene Untersuchung will die I + G Gesundheitsforschung mit der Nürnberger GPI Kommunikationsforschung kontinuierlich in den nächsten Jahren fortschreiben. Gerald Müller, Geschäftsführer der Marktforschungsgesellschaft I + G, verwies auf einige Trends, die sich günstig auf die Selbstmedikation auswirken könnten. Demnach sind die "neuen Alten" gesünder, wohlhabender, gebildeter, auch konsumorientierter, sie wünschen Vitalität im Alter, sagte Müller auf einer Veranstaltung des Unternehmens SmithKline Beecham am 14. Mai in Bühl. Wichtige Trendgruppen sieht er bei jungen Doppelverdienern ohne Kinder, qualifiziert ausgebildeten, berufstätigen Frauen, vermögenden Etablierten zwischen 40 und 50 Jahren sowie "jungen Alten" und Senioren mit überdurchschnittlichem Einkommen. Ihnen ist der hohe Anteil frei zu verfügender Kaufkraft gemeinsam, wobei Qualität nachgefragt wird. Insgesamt sei der individualisierte Konsument auf dem Vormarsch, der das Gesundheitsbewußtsein am ganzheitlichen Wohlbefinden ausrichtet. Die medicscope-Befragung ergab für die ersten drei Monate dieses Jahres, daß 60 Prozent der Teilnehmer mindestens ein Arzneimittel oder Gesundheitsprodukt erhielten oder kauften. 46 Prozent bekamen ein Arzneimittel verschrieben, was Müller auch mit der Jahreszeit in Verbindung brachte. Rund 40 Prozent derjenigen, die Selbstmedikation betrieben, hat demnach eine Apotheke aufgesucht, 20 Prozent andere Einkaufsstätten (Mehrfachnennungen waren möglich). Nach Packungen gemessen war die Apotheke in 86 Prozent der Fälle der Abgabeort für verordnete und selbst gekaufte Präparate, die übrigen 14 Prozent Selbstmedikationsprodukte wurden über den MassMarket abgegeben. Frauen dominieren in beiden Vertriebskanälen deutlich, sie stellen mit 52 Prozent mehr als die Hälfte der Bevölkerung, rund 59 Prozent beträgt ihr Anteil unter den Apothekenkunden, 60 Prozent ist ihr Anteil unter den Kunden des Lebensmitteleinzelhandels/ der Drogeriemärkte. Beim Nettoeinkommen der Haushalte gibt es lediglich geringe Unterschiede, bei beiden Vertriebsschienen (Apotheke / MassMarket) ist die Kategorie mit einem Netto-Einkommen von 3000 bis 3999 Mark die größte (26,8 / 27,2 Prozent), gefolgt von der Kategorie über 5000 Mark Netto-Einkommen (23,6 / 23,1 Prozent), und der Sektion zwischen 2000 und 2999 Mark Einkommen an dritter Stelle (22,1 / 21,5 Prozent).
Jeder zweite ist Stammkäufer Von der Typologie der Kunden her bezeichnen sich 50 Prozent als Stammkäufer im Lebensmitteleinzelhandel/Drogeriemarkt im Vergleich zu 55 Prozent in Apotheken. Wechselkäufer bilden mit sieben Prozent (MassMarket) oder 6,3 Prozent (Apotheke) die kleinere Gruppe, fast jeder Vierte ist Neukäufer in beiden Vertriebswegen, 15 Prozent sind Erstkäufer im MassMarket, 13 Prozent sind es in Apotheken. Käufer von Selbstmedikationsprodukten sind eher älter, bestätigte auch diese Untersuchung. Tendentiell gehen allerdings Bürger bis 40 Jahre demnach eher in die Apotheke, während Lebensmitteleinzelhandel/ Drogeriemärkte in den Altersschichten 40 bis 49 und 50 bis 59 leicht vorn liegen. In der Kategorie der 60- bis 69jährigen sind beide Vertriebswege gleich auf, bei den über 70jährigen ist die Apotheke führend.
Was sind die Kaufgründe? In beiden Vertriebsschienen war Zufriedenheit oder gute Erfahrung mit dem Produkt Hauptgrund (knapp 39 Prozent) für eine konkrete Präparatewahl. In der Apotheke spielt neben dem Bekanntheitsargument noch die Empfehlung des Apothekers oder des Arztes eine wichtige Rolle, während im Bereich Lebensmitteleinzelhandel/ Drogeriemärkte Spontankäufe häufiger sind. Daß Produkte in Apotheken gesehen und probehalber gekauft werden, ist hier seltener. Während jeder Fünfte im MassMarket Produkte ausprobiert, ist es in der Offizin nur jeder Zehnte. Bei beiden Vertriebswegen war bei jedem zweiten Kunden der Verbrauch des alten Produktes Anlaß, ein neues zu kaufen, wobei dieser Wert in der Apotheke etwas höher lag. Ein Viertel der Apothekenkunden kauft Präparate gegen akute Beschwerden, im MassMarket sind dies knapp 12 Prozent. Im Gegensatz dafür kaufen Besucher des Lebensmitteleinzelhandels/ Drogeriemarkts eher mal ein Produkt auf Vorrat (17 Prozent), dies tun nur wenige Apothekenkunden (8 Prozent). Drei Viertel der Offizinbesucher hat demnach ein konkretes Präparat verlangt, in elf Prozent war eine Beratung erwünscht, 5 Prozent verlangten eine Produktgruppe, knapp acht Prozent entnahmen die Präparate selbst aus dem Regal. Eine Herausforderung an das Sortiment bildet die Tatsache, daß viele bei Fehlen eines bestimmten Produkts die Apotheke wieder verlassen würden. Auf die entsprechende Frage antworteten zwar 34 Prozent, sie bestellen es in dieser Offizin, und 29 Prozent würden hier ein anderes Produkt kaufen. Aber mit 28 Prozent gibt ein hoher Anteil der Befragten an, er würde in eine andere Apotheke gehen; andere würden gar nichts kaufen (9 Prozent). Wie Müller sagte, sind damit rund 38 Prozent des Absatzes von der sofortigen Verfügbarkeit des Produkts abhängig.
Hauptwettbewerber nur in eigenen Reihen? Auf der Veranstaltung machten Harald C. Boström und Dr. Susanne Eichholz-Klein von der BBE Unternehmensberatung auf einen weiteren Punkt aufmerksam, der sich aus ihrer Befragung von 200 Apotheken sowie je 100 Lebensmitteleinzelhändlern oder Drogeriemärkten/ Reformhäusern ergab. Mit 70 Prozent sahen die meisten Pharmazeuten ihren Hauptwettbewerber im eigenen Berufsstand und übersahen das Heranwachsen neuer Konkurrenten bei nichtapothekenpflichtigen Produkten. Sie gaben vor allem Supermärkte und Discounter als Wettbewerber an, obwohl sich nach Ansicht der beiden Referenten die Drogeriemärkte zu den Hauptkonkurrenten der Offizinen entwickeln. Insgesamt gibt es mit Apotheken einerseits und freien Abgabestellen andererseits zwei getrennte Vertriebsschienen, welche sich gegenseitig fast nicht wahrnehmen, meinten die Marktforscher.
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