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Arzneimittel und Therapie
Vitamine: Mit Folsäure und Pyridoxin gegen den Herzinfarkt
Homocystein steht seit einiger Zeit im berechtigten Verdacht, arteriosklerotischen Gefäßveränderungen Vorschub zu leisten. Die Substanz kann Endothelzellen zerstören und das Wachstum von Gefäßmuskelzellen ankurbeln. Auch Thromben werden bei erhöhten Homocysteinspiegeln im Blut vermehrt gebildet. Umgekehrt konnte inzwischen in einer Reihe von klinischen Studien gezeigt werden, daß bei Patienten mit kardiovaskulären, zerebrovaskulären und peripheren Gefäßerkrankungen die Homocysteinspiegel im Blut erhöht sind. Dieser Homocysteinanstieg läßt sich auf einen Mangel abbauender Enzyme zurückführen. Im Mittelpunkt stehen die pyridoxalphosphatabhängige Cystathion-Synthetase und die folatabhängige Methylen-Tetrahydrofolat-Reduktase. Letztlich können demnach genetische Defekte, aber auch ein Mangel an Kofaktoren wie Folsäure und Vitamin B6, die Homocysteinspiegel in die Höhe treiben und möglicherweise auch die Bildung arteriosklerotischer Plaques begünstigen.
Starke Schwankungen bei der Vitaminzufuhr Wie groß der Einfluß von Folsäure und Vitamin B6 auf nicht tödliche Herzinfarkte und tödliche kardiovaskuläre Erkrankungen tatsächlich ist, wurde in einer prospektiven Kohortenstudie untersucht. Sie stützt sich auf Daten der Nurses' Health Study, in die 1980 80082 Krankenschwestern einbezogen und kontinuierlich überwacht wurden. Die tägliche Aufnahme von Folsäure und Vitamin B6 wurde anhand eines Fragebogens über die individuellen Ernährungsgewohnheiten ermittelt. Die Aufnahme von Folsäure schwankte zwischen Werten von weniger als 150 mg bis zu mehr als 700 mg pro Tag; an Vitamin B6 wurden täglich zwischen etwa 1 und 5 mg zugeführt. 26% der Frauen schluckten Multivitamintabletten. Der Bedarf über Nahrungsmittel wurde vor allem durch Müsli, Orangensaft, Milchprodukte, Eier und grünes Gemüse gedeckt.
Günstiger Einfluß von Folsäure und Pyridoxin
Innerhalb des 14jährigen Beobachtungszeitraums (zwischen 1980 und 1994) erlitten 658 Frauen einen nicht tödlich verlaufenden Herzinfarkt, 281 starben an einer kardiovaskulären Erkrankung. Der Blick auf den Zusammenhang zwischen Herzerkrankungen und der Aufnahme von Folsäure und Pyridoxalphosphat zeigte deutlich, daß sich eine hohe Vitaminzufuhr günstig auf das kardiovaskuläre Risiko auswirkt. Ein deutlicher Profit konnte
allerdings nur dann erreicht werden, wenn die zugeführte Menge deutlich über den in den USA empfohlenen Mengen von 180 mg Folsäure und 1,6mg Vitamin B6 lagen. Die wichtigsten Ergebnisse im einzelnen:
• Frauen, die mehr als 545 mg Folsäure (im Mittel 696 mg) zu sich nahmen, hatten im Vergleich zu Frauen, die weniger als 190 mg Folsäure (im Mittel 158 mg), erhielten, ein relatives Risiko für eine kardiovaskuläre Erkrankung von 0,69.
• Frauen, die im Durchschnitt 4,6 mg Vitamin B6 zu sich nahmen, hatten im Vergleich zu Frauen, die weniger als 1,1 mg Vitamin B6 schluckten, ein relatives Risiko für eine kardiovaskuläre Erkrankung von 0,67.
• Frauen, die sich beide Vitamine in hoher Menge zuführten, hatten im Vergleich zu Frauen, die bei beiden Vitaminen im niedrigsten Bereich lagen, nur noch ein relatives Risiko von 0,55.
Generell ist es jedoch schwierig, die Wirkung von Folsäure und Vitamin B6 getrennt zu beurteilen, da bei den meisten Probandinnen Folsäure- und Pyridoxinzufuhr wegen der gleichen Nahrungsquelle eng aneinander gekoppelt waren.
Bisherige Empfehlungen sind zu niedrig Das Fazit der Studie: Je mehr Folsäure und Vitamin B6 der Körper erhält, um so besser ist er vor kardiovaskulären Erkrankungen geschützt. Dabei scheint es weitestgehend unerheblich zu sein, ob die Vitamine aus Nahrungsmitteln oder Multivitamintabletten stammen. Die Studienergebnisse machen aber vor allem eines deutlich: Die bisherigen Empfehlungen zur Aufnahme von Folsäure und Vitamin B6 sind zumindest im Hinblick auf die Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen zu niedrig. Immerhin hatten die Frauen das geringste Risiko, die täglich über 400 mg Folsäure und über 3 mg Vitamin B6 zu sich nahmen. Die tägliche Zufuhr von 400 mg Folsäure wird hierzulande jedoch bislang zur Vermeidung von Neuralrohrdefekten bei Föten nur Frauen empfohlen, die schwanger werden möchten oder sich in den ersten Schwangerschaftswochen befinden. Hier ist möglicherweise ein Umdenken erforderlich. Darüber hinaus unterstützt die Studie die Theorie, daß erhöhte Homocysteinspiegel das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen erhöhen.
Literatur Rimm, E. B., et al.: Folate and vitamin B6 from diet and supplements in relation to risk of coronary heart disease among women. J. Am. Med. Assoc. 279, 359-364 (1998). McCully, K. S.: Homocysteine, folate, vitamin B6 and cardiovascular disease. J. Am. Med. Assoc. 279, 392-393 (1998). Dr. Beate Fessler, München
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