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Was wann wo
Erfahrungsaustausch mit Apothekern aus Kroatien
Private und staatliche Apotheken
Bei einem standespolitischen Gespräch stellte Kammerpräsident Dr. Jürgen Kögel die Gegebenheiten in Brandenburg und in Deutschland vor, während die kroatischen Gäste die Situation in ihrem Land schilderten. Kroatien ist flächenmäßig etwa doppelt so groß wie das Land Brandenburg, mit der Einwohnerzahl verhält es sich ähnlich, so daß in beiden Ländern etwa 85 Einwohner/km2 leben. Während es in Brandenburg etwa 500 Apotheken gibt, sind es in Kroatien 367 private und in jeder Stadt zusätzlich noch eine staatliche Apotheke - insgesamt rund 700.
Trotz des Versorgungsauftrages mit Arzneimitteln für die Bevölkerung ist diese Aufgabe für die privaten Apotheken Kroatiens nicht immer vorrangig, was in den finanziellen Verhältnissen begründet ist. Da es in Kroatien nur eine Krankenkasse gibt, diktiert diese auch die Verhandlungen. Es gibt keinen Vertrag zur Bezahlung der Arzneimittel in einer bestimmten Zeitspanne und auch keinen Kassenrabatt, der die Einhaltung solcher Bestimmungen erzwingen könnte. Wenn die Krankenkasse kein Geld hat, erhalten auch die Apotheker sehr spät ihr Geld für verordnete Arzneimittel. Daraus resultiert einerseits der geringe GKV-Umsatz, andererseits der überproportionale OTC-Verkauf.
Auf Grund des Krankenkassenmonopols ist die Liquidität der kroatischen Apotheken oft sehr kritisch, so daß sie die Abgabe von Arzneimitteln auf Rezept verweigern können. Zum Ausgleich schreibt der Staat in jeder Stadt die Existenz einer staatlichen Apotheke vor, die die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichert.
Standesorganisation
In Kroatien gibt es derzeit 1500 Apotheker, in Brandenburg etwa 1000. Angestellte und selbständige Apotheker zahlen in Kroatien umgerechnet einen Kammerbeitrag von 100 DM.
Aufgaben und Struktur der kroatischen Kammer sind denen der deutschen Apothekerkammern nicht adäquat. Die Fortbildung liegt beispielsweise vollständig in den Händen der Pharmazeutischen Gesellschaft. Die Kammer beurteilt diese Fortbildungen nach einem Punktesystem. Die Apotheker sind zur Fortbildung verpflichtet und haben innerhalb eines Zeitraumes eine bestimmte Anzahl von Punkten nachzuweisen.
Für die Zulassung von Apotheken ist das Ministerium zuständig. Voraussetzung für eine Neueröffnung ist die Versorgung von mindestens 5000 Einwohnern.
Das Studium der Pharmazie dauert in Kroatien derzeit acht Semester, es wird aber erwogen, dieses um zwei Semester zu erweitern.
Wettbewerbsverzerrung
durch staatliche Apotheken
Nach einer Führung durch das Apothekerhaus besuchten die Gäste zwei Potsdamer Apotheken, eine größere, nach 1989 privatisierte Apotheke und eine kleinere, völlig neue Apotheke.
Ein Gedankenaustausch mit Vertretern des Apothekerverbandes Brandenburg gestattete den Vergleich der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Betrieb öffentlicher Apotheken in Kroatien und in der Bundesrepublik. Die zur privatwirtschaftlich geführten Apotheke parallel existierende staatseigene, nicht zu Gewinn verpflichtete Apotheke bewerteten die kroatischen Gäste als das "wettbewerbsverzerrende Element" in ihrem System der Arzneimittelversorgung. Bei einem effektiven Aufschlagsatz von nur fünf Prozent bei der Versorgung von Kassenpatienten und einer laschen Zahlungsmoral der staatlichen Einheitskasse gerieten die Privatapotheken "sehr schnell in Liquiditätsprobleme".
Mit Interesse hörten die Gäste von den differenzierten Arzneilieferungsverträgen mit Krankenkassen und anderen Kostenträgern, die den brandenburgischen Apothekerinnen und Apothekern sehr sichere Bedingungen bieten. Der brandenburgische Verbandsvorsitzende Dr. Hans Dobbert sicherte dem kroatischen Partnerverband ideelle, bei Bedarf auch materielle Unterstützung zu.
Besuch beim Großhandel
Die kroatische Delegation fand auch die Möglichkeit zum Besuch eines pharmazeutischen Großhandels. Bärbel Bullert, Betriebsleiterin der Sanacorp-Niederlassung Potsdam, führte durch das Verwaltungsgebäude und die Lagerhalle, zeigte die Auftragsannahme und -bearbeitung.
Interessant für die kroatischen Kollegen waren die Nachtlieferungen, weil es diese in Kroatien bisher nicht gibt. Aber die Vorteile, die beide Partner von dieser Lieferung haben, waren überzeugend, so daß sie diese Möglichkeit als Anregung mit nach Hause nehmen wollen.
Die Gäste besuchten das Schloß Cecilienhof und das Schloß Sanssouci mit einer entsprechenden historischen Führung. Ein Abendessen im Kaminzimmer des Schlosses Cecilienhof rundete den Abend ab. Es war für beide Seiten ein wertvoller Gedankenaustausch.
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