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Teure Zugaben

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat Zeichen gesetzt. Er verurteilte einen nordhessischen Apotheker zu einer Geldbuße von 60000 Mark, weil er seine Berufspflichten verletzt hatte. Über Jahre hinweg hatte der Kollege seine Kunden mit Zugaben "beglückt". Er begnügte sich dabei nicht mit Kugelschreibern, Papiertaschentüchern oder Gummitierchen für Kinder, nein, bei ihm erhielt die werte Kundschaft Stoffpuppen, Holznussknacker und Spieluhren. Seine Marketingstrategie baute er sichtlich nicht auf Dienstleistungen und pharmazeutischer Kompetenz auf, er schien sich für das Zugaben-Marketing entschieden zu haben: "Kleine" Geschenke erhalten die Freundschaft. Wobei, wie erwähnt, die kleinen Give-aways meist schon etwas größer sein durften. Mit den teuren Zugaben versuchte er die Kundenströme der Kleinstadt in seine Apotheke zu locken. Bei dem einen oder anderen Kunden ist der verschenkte Ramsch wohl angekommen.

Eine solches Gebaren eines Apothekenleiters ist allerdings unlauterer Wettbewerb und verletzt die Berufspflichten, urteilte das Gericht - endlich. Die Berufsordnungen verbieten bekanntlich einem Apotheker, seinen Kunden beim Kauf von Arzneimitteln oder beim Einlösen von Rezepten Zugaben auszuhändigen. Jedenfalls sollten sie nicht teurer als 80 Pfennige sein. Mit dieser Einschränkung soll dem Apotheker erlaubt sein, kleine Erinnerungswerbegeschenke zu verteilen, z. B. Papiertaschentücher oder einen Kugelschreiber.

Der nordhessische Apotheker ist kein Einzelfall - was da in deutschen Landen so alles an Zugaben übern Tresen geschoben wird, schmerzt. Und eigentlich ist dieser Ramsch, mit dem Kunde geködert werden sollen, ein Armutszeugnis für uns Pharmazeuten. Kitsch statt Kompetenz, Plunder statt Beratung.

Spricht man Apotheker auf ihr Verhalten an, dann heißt es immer wieder, "ja, der Kollege nebenan gibt auch Zugaben..." oder "Die Leute erwarten das...". Wirklich? Haben Sie es schon mal versucht, die Kundschaft von den Zugaben zu entziehen? Und statt dessen Freundlichkeit, kompetente Beratung und Service zu bieten? Ich bin überzeugt, dass man damit letztendlich weit mehr Kunden anlockt und zu Stammkunden macht als mit Holznussknackern. Peter Ditzel

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