Kommentar

Der Schrei nach aut idem

Wenn man als "Schreibtisch-Apotheker" ab und an das "Vergnügen" hat, wieder einmal einem Apothekenalltag mitzuerleben, spürt man hautnah, welche Auswirkungen die Situation hat, die sichmit dem abgegriffenen Schlagwort der "Generikaflut" umschreiben lässt. Selbst bei einem gut sortierten Warenlager sinkt die Lieferfähigkeit drastisch ab. Die Patienten müssen auf später vertröstet werden, die Nachlieferungen stapeln sich. Ein unhaltbarer Zustand, der so nicht sein müsste. Denn es wäre so einfach, eine hervorragende und prompte Arzneimittelbelieferung sicherzustellen - wenn uns Apothekerinnen und Apotheker endlich die Aut-idem-Abgabe erlaubt würde.

Die geltende Vorschrift aber, genau das abgeben zu müssen, was der Arzt verordnet, missachtet unsere Kompetenz und die Qualitätsarbeit der Pharmaindustrie - und schikaniert den Patienten. Er muss nämlich auf sein Arzneimittel warten, er kann seine Arzneitherapie erst später beginnen, er muss noch einmal den Weg in die Apotheke antreten oder er versucht in einer anderen Apotheke sein Glück.

Und wenn man sich zudem noch vor Augen hält, dass die Arzthelferin aus einer Liste irgendein Generikum des gewünschten Wirkstoffs aufs Rezept überträgt oder gar die Computersoftware der AOK auf Befehl ein preisgünstiges Präparat im untersten Drittel heraussucht und der Arzt dabei nur nach Preiskriterien vorgeht, Entschuldigung, dann komm ich mir als Apotheker wie der letzte ... vor. Was kann die Arzthelferin oder das PharmPro-System besser als ich?

Tatsächlich steht das Preiskriterium bei der Generikaauswahl im Vordergrund, die Qualität der Generika hat sich in den letzten Jahren dank Blume, ZL und Co. und den Anstrengungen der Pharmaindustrie so verbessert, dass Bioverfügbarkeitsunterschiede weiß Gott nicht mehr das Thema sind. Allenfalls das Vertrauen, das man zu einem Hersteller hat oder nicht, schwingt noch bei der Qualitätsbeurteilung mit.

Also, die generelle Erlaubnis zur Substitution ist längst überfällig, auch im Hinblick auf die gesundheitspolitischen Bemühungen, Einsparpotenziale bei Arzneimitteln zu realisieren. Globalbudgets und Notprogramme zwingen die Ärzte dazu, streng auf den Preis zu achten, mit Generika wird nur so jongliert. Auf dem diesjährigen Apothekertag forderte die Hauptversammlung erneut den Gesetzgeber dazu auf, dem Apotheker den Austausch identischer Präparate zu gestatten. Aber in Berlin ist dazu Funkstille, in der Gesundheitsreform steht nichts davon drin.

Warum soll nicht auch tagsüber funktionieren, was wir bereits im Nachtdienst dürfen? Peter Ditzel

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